Stabwechsel bei der Irschenberger Feuerwehr: Niggl gibt Fackel weiter - Neues Ziel
Tom Niggl erklärt seinen Abschied als Kommandant der Irschenberger Feuerwehr – und formuliert im Interview gleichzeitig ein neues Ziel: Kreisbrandrat.
Irschenberg – Bei der Irschenberger Feuerwehr endet eine Ära. Nach 18 Jahren im Amt gibt Kommandant Tom Niggl den Stab weiter. Sein Nachfolger ist sein bisheriger Stellvertreter Josef Erhart (wir berichteten). Amtsübergabe ist am 8. Januar. Wie Niggl zur Feuerwehr und zu seiner Führungsposition kam, wie sich die Anforderungen in zwei Jahrzehnten geändert haben und welche Ambitionen er nun hat, verrät der 49-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.
Herr Niggl, Sie sind nach 18 Jahren im Amt heuer nicht mehr angetreten. Warum?
Tom Niggl: Weil ich festgestellt habe, dass es mir insgesamt zu viel wird. Kommandant, Schiedsrichter. Dritter Bürgermeister, Gemeinderatsmitglied, dazu Personalratsvorsitzender im Job bei den Bayerischen Staatsforsten – da kommt einiges zusammen. Und ich habe festgestellt: Das Privatleben hat gelitten. Und irgendwann muss man seine Schwerpunkte setzen.
Beim Blick zurück: Wie lautet Ihr Fazit?
Niggl: Es war eine schöne Zeit. Ich bin Feuerwehrler mit Leib und Seele. Es war anstrengend, die Anforderungen sind größer geworden, einiges wurde komplizierter. Aber ich möchte eigentlich nichts missen.
„Nur Kommandos geben - das ist passé“
Was konkret ist denn anders geworden?
Niggl: Einiges. Gerade in der Führung der Mannschaft hat sich einiges getan. Der raue Ton von früher ist heute nicht mehr möglich. Heute wird von der Mannschaft viel mehr hinterfragt. Gerade die jungen Leute wollen wissen, warum etwas so und so gemacht wird. Gerade beim Üben, aber es geht letztlich um Wiederholung und Perfektion, denn beim Einsatz muss jeder Griff sitzen. Aber nur Kommandos geben wie einst – das ist passé. Sonst hat man keine Mannschaft mehr.
Der Aufwand drumherum wurde auch mehr, oder?
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Niggl: Mit Sicherheit. Verwaltung, Büroarbeit, Statistiken – der Aufwand hat sich nahezu verzehnfacht in den 18 Jahren. Der Vorteil dieser langen Zeit ist: Je länger man dabei ist, desto besser ist das Netzwerk.
Technisch dürfte sich auch einiges getan haben.
Niggl: Auf jeden Fall. Für mich war immer wichtig, dass alle auf dem neuesten Stand qualifiziert sind. Und dass wir eine gute, vernünftige Ausrüstung haben. Dann ist auch die Mannschaft zufrieden. Die Arbeit muss Spaß machen. Ausrüstung und Technik müssen da stimmen. In Irschenberg stehen wir gut da. In den vergangenen 18 Jahren habe ich mit meiner Führungsmannschaft einmal den kompletten Fuhrpark erneuert. Es wäre fatal, wenn man im Einsatz ist und die Geräte lassen einen im Stich – oder man kann Fahrzeuge der neueren Generation nicht mehr öffnen.
22 Jugendliche im Nachwuchs
Wie sieht es beim Nachwuchs aus?
Niggl: Aktuell haben wir 22 junge Leute unter 18 Jahren. Wir haben eine gute Jugendarbeit, wie ich finde. Was vor allem unserem Jugendwart und neuen stellvertretenden Kommandanten Thomas Steinberger zu verdanken ist.
Stichwort Nachwuchs: Wie sind Sie eigentlich zur Feuerwehr gekommen?
Niggl: Durch Zufall, denn eigentlich wollte ich nie zur Feuerwehr, da ich bei Kolping engagiert war. Unser damaliger Kommandant Erich Schmotz wollte mich 1992 aber unbedingt holen, weil ein Mann für das Leistungsabzeichen fehlte. Er hat keine Ruhe gegeben, schaute mehrfach bei mir vorbei. Also habe ich zugesagt, wollte aber nach dem Abzeichen wieder aufhören – so war der Plan. Und man sieht, was daraus geworden ist: Von 1996 bis 2002 war ich Jugendwart, dann drei Jahre stellvertretender Kommandant und ab 2005 Kommandant. Schrittweise ist es immer mehr geworden.
Das dürfte auch für die Einsätze auf der Autobahn gelten, oder?
Niggl: Die Anzahl der Alarmierungen hat deutlich zugenommen – gerade seit Einführung der Integrierten Leitstelle. Wir fahren relativ oft umsonst raus, weil das Meldebild des Anrufers nicht mit der tatsächlich vorgefundenen Lage übereinstimmt. Dafür sind Lkw-Unfälle und schwere Unfälle weniger geworden. Anfangs waren wir alle paar Wochen mehrere Stunden draußen.
Notfallseelsorger „sehr, sehr wichtig“
Und dabei sicher einige schockierende Einsätze erlebt, oder?
Niggl: Ja. Das kriegt man nicht mehr aus dem Gedächtnis, auch wenn diese Bilder bei mir nicht hochkommen. Deshalb ist es sehr, sehr wichtig, dass wir die Notfallseelsorger für die Einsatzkräfte haben. Dazu gehört, sich von Opfern zu verabschieden, ebenso ein Nachgespräch im Feuerwehrhaus und bei Bedarf persönliche Gespräche. Es gehört zur Fürsorgepflicht einer Führungskraft, die individuelle Situation eines einzelnen zu berücksichtigen. Und man merkt, wenn jemand ein Problem hat. Lieber einmal zu viel als zu wenig reden.
Verabschieden Sie sich generell von der Feuerwehr?
Niggl: Nein, ich bleibe einfacher Feuerwehrmann und rücke weiterhin aus. Meine Erfahrung geht somit nicht verloren. Da helfe ich gerne. Wie gesagt, ich bin Feuerwehrler mit Leib und Seele. Deshalb möchte ich mich auch bewerben, wenn Ende 2024 ein neuer Kreisbrandrat gewählt wird. Mit Toni Riblinger habe ich immer gut zusammengearbeitet – ich weiß, was von einem Kreisbrandrat erwartet wird. Und die Feuerwehr ist für mich immer noch eine Herzensangelegenheit.
Das Gespräch führte Dieter Dorby.
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