„Wirtschaft bricht zusammen“: Putin führt Russland in die Sowjetfalle

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Auch dank steigender Militärausgaben wächst das russische BIP. Von Nachhaltigkeit kann hier nicht gesprochen werden. © Mikhail Metzel/imago/Symbolbild

Das russische Bruttoinlandsprodukt wächst – auch dank steigender Militärausgaben. Nachhaltig ist das nicht. Ein Ende des Krieges würde auch einen Zusammenbruch der Wirtschaft Russlands bedeuten.

Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin bereitet sein Land auf einen langen Krieg in der Ukraine vor – und stellte Russland bereits auf Kriegswirtschaft um. Zuletzt ordnete der Kremlchef eine Steigerung der russischen Militärausgaben um 70 Prozent an, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Sonntag (11. Februar) bestätigte. Auf dem Schlachtfeld trägt dies Früchte: Während Kiew unter Munitionsmangel leidet, hat Moskau die Dominanz in der Artillerie zurückerlangt. Doch für die russische Wirtschaft wird die Abhängigkeit von militärischen Investitionen zum Problem. Ein Experte sieht Moskau damit die Fehler der Vergangenheit wiederholen.

Ukraine-Krieg trägt durch höhere Militärausgaben zu russischem Wirtschaftswachstum bei

Rund 40 Prozent der russischen Staatseinnahmen kommen aus Öl- und Gasverkäufen. Zuletzt musste der Kreml hier ein empfindliches Minus hinnehmen. Der Preis für russisches Rohöl sank 2023 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 40 Prozent. Zudem plant die Europäische Union (EU) aktuell ihr 13. Sanktionspaket gegen Moskau und zielt dabei besonders auf Unternehmen ab, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen, hieß es.

Noch immer sind westliche Firmen aber in Russland aktiv und spülen damit reichlich Geld in Putins Staatskassen. Zudem hat der Kremlchef offenbar Wege gefunden, die EU-Sanktionen zu umgehen. Etwa durch spezielle Handelsrouten für russische Rohdiamanten oder durch den Import von sanktionierten Halbleitern aus Haushaltsgeräten aus verbündeten Ländern.

Der russischen Wirtschaft geht es derzeit nicht schlecht, im Gegenteil: Nach einem Rückgang im ersten Kriegsjahr kletterte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zuletzt wieder: 3,6 Prozent betrug das Wachstum im Jahr 2023, wie die russische Statistikbehörde Rosstat am vergangenen Mittwoch mitteilte. Experten führen dies vor allem auf gestiegene Staatsausgaben für Rüstung und Militär zurück. 40 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes gibt Russland mittlerweile laut der US-Denkfabrik Institut for the Study of War für den Krieg in der Ukraine aus. Nachhaltig ist das allerdings nicht.

Trotz Wachstum im Jahr 2023: Diese Probleme hat die russische Wirtschaft

Der russische Arbeitsmarkt hat ein Problem: Es herrscht Personalmangel. In den vergangenen fünf Jahren hatten sich die Löhne im Median verdoppelt. Das Defizit an Arbeitskräften werde bis 2030 zwischen zwei und vier Millionen Menschen liegen, errechnete die Moskauer Unternehmensberatung Yakov und Partners jüngst. Ein Arbeitskräftemangel dieser Größenordnung berge Risiken für die Wirtschaft, die Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt, warnen die Autoren der Studie. So könnte der Mangel an Personal das potenzielle BIP-Wachstum um ein bis zwei Prozent pro Jahr verringern und die Inflationsrate auf 10 Prozent ansteigen lassen, hieß es im Yakov-Bericht weiter.

Die Inflation in Russland lag bereits im Jahr 2023 bei 7,4 Prozent und damit vergleichsweise hoch. Für die Bevölkerung bedeutet der Preisanstieg eine Verringerung der Kaufkraft. Die russische Zentralbank setzte daher den Leitzins im Dezember vergangenen Jahres auf 16 Prozent, die zeitweise drastische Abwertung des Rubels ließ sich damit abschwächen. Maxim Oreschkin, der Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin, hatte im vergangenen Jahr betont, der Kreml wolle einen starken Rubel sehen. Durch die Talfahrt der Landeswährung im Jahr 2023 waren Importe teurer geworden.

Warum das russische Wirtschaftswachstum nicht nachhaltig ist

Trotz der aktuell vergleichsweise positiven Situation sieht die russische Wirtschaft sich langfristigen Herausforderungen gegenüber. Beobachter sprechen von einem „Überhitzungskreislauf“. Demnach wird sich die Abhängigkeit der Wirtschaft von Militärinvestitionen in diesem Jahr noch verschärfen. Moskau wiederhole damit die Fehler der Vergangenheit, glaubt der Professor für die Volkswirtschaft Russlands an der Universität Oxford, Michael Rochlitz. Die Sowjetunion habe Ministerien aufgebläht und tausende administrative Jobs geschaffen. „Es gab viele Menschen, die davon abhingen, dass die Kriegsindustrie weiterläuft“, so der Experte zu n-tv.

Diese Lobbygruppen würden auch jetzt wieder aufgebaut, durch die massive Förderung der Kriegsindustrie. In der Angst arbeitslos zu werden würden sich diese Menschen dann gegen ein Kriegsende sträuben. Deswegen sei ein Wirtschaftswachstum, das auf Krieg aufbaut, nicht nachhaltig. „Die Sowjetunion ist zum Schluss genau daran gescheitert“, so Rochlitz weiter. Die russische Wirtschaft „bricht zusammen, wenn der Krieg beendet wird“, sagte der Experte im Gespräch mit n-tv. Indes gehen russische Behörden davon aus, dass die Wirtschaft im Jahr 2024 weiter wachsen wird – wenn auch langsamer als im Vorjahr.

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