Nach Europawahl: Kreisvorsitzender der Europa-Union sieht Gemeinschaft der EU gefährdet
Europakritische Stimmen werden immer lauter. Der Kreisvorsitzende der Europa-Union, Michael Fuug, spricht im Interview über die Wahl und die Zukunft in Europa.
Landkreis – Bei der Europawahl haben mit der AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zwei europakritische Parteien Stimmen gewonnen. Was das für die Zukunft in Europa bedeutet und ob er die EU dadurch gefährdet sieht, haben wir Michael Fuug gefragt. Als Kreisvorsitzender der Europa-Union in Miesbach organisiert der 69-Jährige regelmäßig Info-Veranstaltungen zur EU. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt der pensionierte Gymnasiallehrer, wie sich Europa gegen Populismus wehren kann.
Herr Fuug, waren Sie vom Wahlergebnis überrascht?
Was mich von den Socken gehauen hat, war, dass die AfD in den neuen Bundesländern stärkste Partei wurde. Es hat mich erstaunt, dass bei den jüngeren Wählern viele Männer die Partei wählen – das scheint ein männlicher Fehler zu sein. Dass viele jetzt Oppositionsparteien wählen, weil sie mit der Regierung nicht zufrieden sind, war hingegen früher auch schon so. Sehr erstaunlich ist aber, dass das BSW aus dem Stand so viele Stimmen bekommen hat. Außer Sahra Wagenknecht kennt man die Partei ja kaum – da haben die Wähler ja blind gewählt.
Im Vergleich zur Europawahl 2019 hat sich die Wahlbeteiligung gesteigert. Ein positives Zeichen für die EU?
Dass die Wahlbeteiligung so hoch war, hat mich etwas gewundert. Die EU gibt viel zu wenig Informationen weiter, was da in Brüssel und Straßburg passiert. Hier wird eigentlich immer nur über das Negative gesprochen – Stichwort Gurkenkrümmung. Europa müsste noch viel präsenter werden. Für viele ist das, was in der EU passiert, viel zu weit weg. Daher hat es mich sehr gefreut, dass so viele Bürger gewählt haben.
„Wir dürfen Gemeinschaft nicht aufs Spiel setzen“
Viele Wähler haben aber auch europakritisch gewählt. Sehen Sie die EU dadurch gefährdet?
Insgesamt haben die Parteien, die für Europa stehen, doch die große Mehrheit. Aber wir müssen uns anstrengen, um die Vorteile der EU zu bewahren. Wir dürfen diese Gemeinschaft nicht aufs Spiel setzen. Wirtschaftsorganisationen in Deutschland warnen immer wieder vor den Nachteilen für die Wirtschaft, wenn europakritische Parteien mehr Stimmen bekommen. Für die jüngere Generation sind diese Vorteile selbstverständlich. Aber wenn der Schengenraum wegen der Migration wieder eingegrenzt wird, dann gibt es auch wieder Grenzkontrollen.
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Wie kann die EU ihre Vorteile erhalten?
Wir müssen Reformen durchführen, die nicht ganz leicht sind. Ich als begeisterter Europäer sage: Das EU-Parlament braucht mehr Kompetenzen. Der Wille der Wähler muss umgesetzt werden. Die Notwendigkeit der Einstimmigkeit im Europäischen Rat blockiert vieles. Das sollten wir beseitigen, sonst kann sich die EU nicht locker erweitern.
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Wie stellt sich die Europa-Union in Zukunft auf, um für Europa einzustehen?
Die Gemeinschaft der EU ist gefährdet. Unser Auftrag als Europa-Union ist es deshalb, umfassend zu informieren, was diese Gefährdung bedeutet. Wir müssen die Leute darüber aufklären, was die EU bringt und zeigen, dass die anderen platte Vorurteile verbreiten. Die AfD ist zum Beispiel viel auf TikTok unterwegs. Wir müssen auf derselben Ebene versuchen, die jüngere Generation anzusprechen.
Das Gespräch führte Stefanie Fischhaber.
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