„Wir sind keine Insel“: Stadt steht vor finanziellen Herausforderungen
Trübe Aussichten für den Tölzer Finanzausschuss: Einnahmenüberschüsse wie in den vergangenen Jahren sind nicht mehr zu erwarten.
Bad Tölz – Nach der Sommerpause ist es üblich, dass der Tölzer Stadtrat einen Kontrollblick auf den laufenden Haushalt wirft und auch nach vorne schaut. Vor allem die Zukunftsaussichten fallen bei Kämmerin Silke Furmanek trübe aus. Die Zeit, in der Mehrausgaben von Bund, Ländern und Kommunen mit den sprudelnden Mehreinnahmen bei den Steuern ausgeglichen werden konnten, scheint vorbei zu sein.
Sinkende Steuereinnahmen: Bayernweiter Negativtrend auch in Bad Tölz
Furmanek verdeutlichte den negativen Trend mit aktuellen Zahlen in Bayern. Schon 2023 habe es auf kommunaler Ebene ein Finanzierungsdefizit von etwa 2,5 Milliarden Euro gegeben. 2022 landete man noch bei einem Überschuss von 500 Millionen. Das Finanzierungsdefizit 2024 beträgt allein im ersten Halbjahr 5 Milliarden Euro. Das Gewerbesteueraufkommen stagniert hingegen. Ursache der Ausgabenexplosion: Vor allem die stark gestiegenen Personal- (+ 11,4 Prozent), Sozial- (+ 15 Prozent) und Bauausgaben (+ 8,3 Prozent). Hinzu kämen schlechte Rahmenbedingungen: die schwächelnde Wirtschaft, der Ukrainekrieg, die Inflation und die Langzeitauswirkungen der Flüchtlingskrise.
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Das alles spiegelt sich auch in den Tölzer Zahlen. Furmanek: „Wir sind keine Insel.“ Die Gewerbesteuer nähere sich nach den Höhenflügen von 2022 (13,9 Millionen) und 2023 (13,4 Millionen) einem Niveau von 11 bis 11,5 Millionen Euro. Vielleicht noch wichtiger: Der Einkommensteuer-Anteil war für 2024 mit 14 Millionen Euro angesetzt. Nach dem ersten Halbjahr könne man sagen, dass dieses Ziel „nur knapp erreicht wird“, sagte Furmanek. Überschüsse wie in den vergangenen Jahren werde es aber nicht mehr geben. Auch bei den Schlüsselzuweisungen werde der Staat künftig weniger zu verteilen haben und mehr an bedürftige Kommunen ausschütten müssen.
Bad Tölz: Breit gefächerte Unternehmungsstruktur als Stärke
Gibt es positive Momente? Ja. Bürgermeister Ingo Mehner freute sich über die breit gefächerte Unternehmensstruktur von Tölz. Andere Kommunen seien von wenigen großen Firmen abhängig. „Die Vielzahl unserer Betriebe ist unsere Stärke.“ Gleichwohl mahnte Furmanek zur gesunden Balance zwischen zukunftsträchtigen Investitionen (Beispiel Kurhauserweiterung), Ergreifung von Chancen (Beispiel Erwerb Maxlweiher) und tragbarer Verschuldung.
Ein Blick aufs laufende Jahr 2024: Es sei kein Nachtragshaushalt nötig, sagte die Kämmerin. Die außerplanmäßigen Mehrausgaben (fast 1,4 Millionen Euro) und Mindereinnahmen (373 000 Euro) können vor allem dank Grundstücksverkäufen (2 Millionen) ausgeglichen werden. Johanna Pfund (Grüne) wollte Näheres dazu wissen, wurde aber von Bürgermeister Mehner in die Schranken gewiesen. Das sei nicht öffentlich. Es handelt sich – ganz unspektakulär – zum Teil um Grundstücksverkäufe im Zusammenhang mit dem Bau der Umgehungsstraße.
Ungeplante Mehrausgaben für Kabelverlegung und Dacherneuerung
Was sind die großen Ausgabeposten, die so nicht vorhergesehen waren? Beispiel Stadtmuseum: Dort sind 80 000 Euro zusätzlich für den Ausbau des EDV-Netzwerks und den Ersatz für einen defekten Heizkessel zu bezahlen. Diese Zahl hinterfragte Peter von der Wippel (FWG), weil sie ihm sehr hoch erschien. Es hätten im ganzen Haus Kabel gezogen werden müssen für die Feuchtigkeitsmessstationen, erklärte Furmanek. „Das war sehr aufwändig.“ Bei der Madlschule musste nach dem Hagelunwetter nicht nur das Blechdach, sondern auch das statisch mangelhafte Dachtragewerk erneuert werden. Das summierte sich auf zusätzliche 155 000 Euro. Warum, wollte von der Wippel wissen, sei beim Kolber-Parkplatz ein Pachtnachschlag von 21 000 Euro fällig? „Das muss doch vorher planbar sein.“ Silke Furmanek antwortete, dass sich die Pacht der ehemaligen Kolber-Wiese an der Höhe der eingenommenen Parkgebühren orientiert. Und 2023 habe die Stadt erhöhte Einnahmen gehabt, deshalb sei die Pacht gestiegen.
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Interessanter Punkt bei den Mehreinnahmen: Der Fremdenverkehrsbeitrag, den Tölzer Betriebe bezahlen müssen, die einen wirtschaftlichen Vorteil vom Tourismus haben, steigt 2024 nicht unerheblich. Die Schätzung der Kämmerei geht davon aus, dass zu den veranschlagten 850 000 Euro weitere 125 000 Euro hinzukommen. (cs)