Mit über 120 km/h durch die Stadt: Raser wegen verbotenen Kfz-Rennens angeklagt – „Hatte Wettbewerbscharakter“
Vor dem Amtsgericht Wolfratshausen muss sich ein 21-Jähriger aus Schlehdorf verantworten. Er soll mit über 120 km/h durch München gerast sein.
Schlehdorf/München – Sie sollen im Münchner Stadtteil Moosach ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen veranstaltet haben: Deshalb müssen sich ein 21-Jähriger aus Schlehdorf und ein Verwandter aus München (33) vor dem Jugendgericht am Amtsgericht Wolfratshausen verantworten. Während das Gericht durchblicken ließ, nach der bisherigen Beweislage von der Schuld der Angeklagten überzeugt zu sein, blieben für die Verteidiger am ersten Verhandlungstag viele Fragen offen. Deshalb sollen weitere Zeugen gehört und Überwachungsvideos gesichtet werden.
Junger Schlehdorfer rast mit BMW durch München: Tacho zeigt 123 km/h an
Eine Polizeistreife war am 9. November vorigen Jahres gegen 1.40 Uhr auf eine BMW-Limousine und einen SUV desselben bayerischen Autobauers aufmerksam geworden. Die Fahrzeuge waren mit Vollgas vom Gelände einer Tankstelle losgefahren. „Ich habe erst gedacht, es sind Kollegen, die einen dringenden Einsatz haben – so schnell sind die von dem Gelände runter“, schilderte eine Polizistin ihre Wahrnehmung in jener Nacht.
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Dennoch folgte sie mit ihrem Kollegen den zwei BMW, die auf der zweispurigen Triebstraße und später auf der Max-Born-Straße permanent mit hoher Geschwindigkeit durch die Nacht rasten. 123 km/h habe der Tacho im Polizeifahrzeug angezeigt, berichtete die Beamtin. Erlaubt gewesen seien auf der gesamten Strecke lediglich 60 km/h. „Der Start an der Tankstelle hatte Wettbewerbscharakter“, sagte die Zeugin.
Verteidiger plädiert für Geldstrafe: „Das ist kein Rennen“
Die Einschätzung mochte die Verteidigung nicht teilen. „Wenn die Polizei beim Anfahren eines 300-PS-Fahrzeugs kein Quietschen gehört hat, dann ist das kein Rennen“, sagte Rechtsanwalt Florian Schmidtke. Deshalb regten er und sein Kollege Leonardo Cicco (Verteidiger des Schlehdorfers) an, das Verfahren nach Paragraf 153a Strafgesetzbuch gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen. Schließlich seien die Führerscheine der Angeklagten bereits vor zehn Monaten eingezogen worden.
Das reiche im Falle einer Verurteilung aber nicht aus, gab Richterin Friederike Kirschstein-Freund zu bedenken. Für sie wie auch für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft kam eine Einstellung nicht in Betracht – auch wegen der Vorstrafen der beiden Angeklagten. Nun sollen die Überwachungsvideos der Tankstelle, an der die Autos der Polizei aufgefallen waren, Klarheit darüber bringen, in welchem Tempo die zwei BMW die Anlage verlassen hatten. Keines der drei dem Gericht vorliegenden Videos zeigt den Vorfall – in allen dreien fehlen die Minuten zwischen 1.37 und 1.41 Uhr, also exakt der Zeitraum, der laut Anklageschrift als Tatzeit angenommen wird. (rst)