Vor der russischen Küste: Luftwaffe schickt Eurofighter zu heiklem Militärmanöver

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Kurz nach dem Deutschland-Besuch von Japans Premier Kishida starteten beide Länder gemeinsame Militärübungen. Mit Blick auf China wollen Berlin und Tokio aber auch in anderen Bereichen kooperieren.

Es ist eine Übung in einer sensiblen Region, nur ein paar Hundert Kilometer entfernt von russischem Staatsgebiet: Am Montag beginnt im hohen Norden von Japan eine Übung der deutschen Luftwaffe und der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte, es ist das erste gemeinsame Manöver im japanischen Luftraum. Am Militärflughafen von Chitose, nahe der Millionenstadt Sapporo auf der Insel Hokkaido, werden drei Eurofighter und ein Transportflugzeug vom Typ A400M erwartet. Japan nimmt mit sechs F-15-Kampfjets an der Übung mit dem Namen „Nippon Skies“ teil, wie die Luftwaffe mitteilte.

Die Übung ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Deutschland und Japan immer enger zusammenrücken. Seit seinem Amtsantritt war Bundeskanzler Olaf Scholz bereits dreimal in Japan, im vergangenen Jahr sogar in Begleitung mehrerer Ministerinnen und Minister zu den ersten japanisch-deutschen Regierungskonsultationen. Am Freitag vergangener Woche empfing Scholz dann seinen japanischen Amtskollegen Fumio Kishida in Berlin, es war der erste bilaterale Besuch eines japanischen Premierministers in Deutschland seit sieben Jahren.

Japan in Sorge: „Die Ukraine von heute ist möglicherweise das Ostasien von morgen“

Hinter dieser neuen Nähe steht vor allem die Überzeugung, dass Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine längst Asien erreicht hat. „Die europäisch-atlantische und die indopazifische Sicherheit sind jetzt eng miteinander verknüpft“, sagte Kishida in Berlin. Der Ukraine-Krieg hat in Ostasien zu einer Neubewertung der Sicherheitslage geführt: Dass ein Land ein anderes angreift, gilt nun als mögliches Szenario. Immer wieder betont Kishida: „Die Ukraine von heute ist möglicherweise das Ostasien von morgen.“

Er sagt das mit Blick auf Taiwan, den demokratisch regierten Inselstaat im Süden Japans, den China beansprucht und sich notfalls mit Gewalt einverleiben möchte. Auch die Lage im Südchinesischen Meer macht den Japanern Sorge. Sie fürchten, der Konflikt zwischen China und den Philippinen um Inseln und Atolle könne zu einem Krieg eskalieren. Anfang Juli unterzeichneten die Regierungen in Tokio und Manila deshalb erstmals ein Verteidigungsabkommen, sehr zum Ärger Pekings.

Scholz kritisiert „wachsende Zusammenarbeit von Russland und Nordkorea“

Zudem ist Nordkorea für Tokio eine unmittelbare Bedrohung, Diktator Kim Jong-un lässt seine Testraketen immer wieder auch in Richtung Japan abfeuern. Zuletzt ist Nordkorea zu einem der engsten Verbündeten der Russen aufgestiegen. Das Regime versorgt den Kreml mit Waffen und Munition, die auch auf den Schlachtfeldern der Ukraine zum Einsatz kommen. „Angesichts der Kooperation zwischen Russland und Nordkorea sowie Russlands Aggression gegen die Ukraine und dem, wie sich China dem stellt“, wolle Japan enger mit Deutschland zusammenarbeiten, so Kishida. 

In der Bundesregierung sieht man das ähnlich. „Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel bereiten uns Sorgen“, sagte Scholz beim Kishida-Besuch. „Die wachsende Zusammenarbeit von Russland und Nordkorea“ berge die „Gefahr einer weiteren Destabilisierung dieser Region“. Um enger mit Japan militärisch zusammenarbeiten zu können, war vor Kurzem das sogenannte ACSA-Abkommen in Kraft getreten. Das Anfang des Jahres beschlossene Abkommen ermöglicht es den japanischen und den deutschen Streitkräften, sich gegenseitig mit Munition, Treibstoff und Nahrung zu unterstützen.


Ein Eurofighter der Luftwaffe bei einer Übung im vergangenen Jahr.
Ein Eurofighter der Luftwaffe bei einer Übung im vergangenen Jahr. © Ronny Harmann/AFP

Nato bindet Japan enger an sich

Auch die Nato bindet Japan – neben anderen Partnern in der Region wie Südkorea, Australien und Neuseeland – enger an sich. Zum Jubiläumsgipfel in Washington Anfang Juli war auch Kishida geladen; man beschloss eine engere Zusammenarbeit, beispielsweise im Bereich der Cybersicherheit. Ein eigenes Nato-Büro in Tokio scheint nach Widerstand aus Frankreich indes weiterhin vom Tisch. Protest gegen das geplante deutsch-japanische Militärmanöver kam am Montag aus Pjöngjang. „Es ist eine ernste Entwicklung, dass die besiegten Kriegsverbrechernationen unter einer Decke stecken und eine Reihe von Kriegsspielen veranstalten, die die regionalen Spannungen verschärfen“, wetterte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Die Kooperation zwischen Japan und Deutschland soll sich allerdings nicht nur aufs Militär beschränken. Gemeinsam will man auch daran arbeiten, Abhängigkeiten von China zu reduzieren, etwa im Bereich kritischer Rohstoffe wie seltene Erden. Wie gefährlich eine solche Abhängigkeit sein kann, hatte Japan 2010 erleben müssen. Nachdem ein langjähriger Streit um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer eskaliert war, stoppte Peking damals monatelang den Export seltener Erden nach Japan. Seitdem hat Japan seine Abhängigkeit von chinesischen Importen stark reduziert. Ein gemeinsamer Dialog zur Wirtschaftssicherheit soll nun auch Deutschland zeigen, wie das funktionieren kann.

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