Harter Asylkurs, Gendern und Politiker-Diäten – wohin die Merz-CDU mit neuem Grundsatzprogramm steuert
Die CDU beschließt beim Parteitag in Berlin ein neues Grundsatzprogramm. Darin fordert die Partei unter anderem ein Umdenken bei der Wehrpflicht.
Berlin – Mit ihrem neuen Grundsatzprogramm möchte die CDU laut Friedrich Merz vor allem Wechselwähler von sich überzeugen. „Wir müssen über unsere eigenen Mitglieder hinaus, auch über unsere festen Wählerinnen und Wähler hinaus diejenigen erreichen, und deren Zahl wird größer, die bei allen Wahlen neu entscheiden, wen sie wählen sollen“, sagte Merz am Dienstag beim CDU-Parteitag in Berlin. „An die ist dieses Grundsatzprogramm in ganz besonderer Weise gerichtet.“
Daneben habe das Programm auch die Funktion einer „Selbstvergewisserung einer Partei nach innen“, sagte Merz. „Wir müssen von uns selber wissen, wer wir sind, wo wir stehen, was wir wollen. Das ist uns gelungen.“ Das Programm solle daneben ein „kraftvolles Zeichen und Signal nach außen“ sein. „Es gibt Orientierung, es gibt Halt, es gibt den Menschen auch Zuversicht in unsicherer Zeit.“ Dies sei die wichtigste Aufgabe der Union.

Mit dieser inhaltlichen Erneuerungen will die CDU ihr Profil vor allem schärfen. Denn in den langen Jahren der Merkel-Regierung hätte die CDU an Profil verloren – so die Analyse der Parteiführung. Auf rund 70 Seiten haben die Christdemokraten ihr neues Grundsatzprogramm niedergeschrieben – am Dienstag soll es auf dem Bundesparteitag in Berlin verabschiedet werden. Nach den Programmen von 1978, 1994 und 2007 ist es erst das vierte Grundsatzprogramm in Geschichte der CDU.
Grundsatzprogramm der CDU: Bekenntnis von Zuwanderern zur „Leitkultur“
Wer gehört zu Deutschland – und wer nicht? Intensiv hat die CDU darüber diskutiert. Muslime seien zwar „Teil der religiösen Vielfalt Deutschlands und unserer Gesellschaft“, heißt es in dem Grundsatzprogramm. Es folgt eine Einschränkung: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“
Von Zugewanderten verlangt die CDU ein Bekenntnis zur deutschen Leitkultur „ohne Wenn und Aber“. Sie greift damit einen politisch umstrittenen Begriff auf. Die CDU versteht unter Leitkultur das Bekenntnis zum Grundgesetz, das „gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit“, das „Verständnis unserer Traditionen und Bräuche“ und die Kenntnis der deutschen Kultur und Sprache.
CDU fordert Verschärfung des Asylrechts
Hier setzt die CDU auf Verschärfung. Um Deutschland für Migranten weniger attraktiv zu machen, schlägt die Partei ein Verfahren vor, das dem aktuellen britischen Ruanda-Modell ähnelt: Wer hier Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat gebracht werden, ein Asylverfahren durchlaufen – und selbst im Falle eines positiven Bescheids auch dort bleiben. Ein Vorstoß, anerkannten Asylsuchenden ein Bleiberecht in Deutschland zu gewähren, fand auf dem Parteitag keine Mehrheit.
Meine news
Grundsatzprogramm der CDU: Schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht
Die CDU will schrittweise zur Wehrpflicht zurückkehren, um die Bundeswehr zu stärken. Das Votum des Parteitags kam überraschend - im Programmentwurf hatte die Parteispitze nur geschrieben, es dürfe bei der Wehrpflicht „keine Denkverbote für die Zukunft“ geben. Einer Mehrheit der Delegierten ging das nicht weit genug. Die CDU fordert nun als Übergangslösung eine sogenannte Kontingentwehrpflicht, bei der je nach Bedarf nur ein Teil der Gemusterten eingezogen wird. Am Ende soll dann ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr kommen, das sowohl bei der Bundeswehr als auch bei sozialen Einrichtungen abgeleistet werden kann.
CDU will mehr Anreize für Arbeitssuchende setzen
Die CDU fordert mehr Anreize, Arbeit anzunehmen: Wer Arbeit oder Ausbildung verweigert, „muss finanziell spürbar schlechter stehen als jemand, der sich aktiv um Arbeit bemüht“. Arbeit sei „eine solidarische Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft“. Wer Sozialleistung erhält und arbeiten kann, der soll arbeiten – etwa im gemeinnützigen Bereich.
Energie und Klimaschutz: CDU will offenbar an Atomkraft festhalten
An der Atomkraft will die CDU festhalten, bleibt dabei aber vage. „Deutschland kann zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten“, heißt es im Programm. Die Erneuerbaren sollen ausgebaut, fossile Energien aber auch weiter genutzt werden - wobei der Schwerpunkt künftig auf Gas- statt auf Kohlekraftwerken liegen soll. Die CDU bekennt sich zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045.
CDU-Pläne: „Arbeitende Mitte“ soll von Steuerentlastungen profitieren
Steuerlich will die CDU die „arbeitende Mitte“ entlasten. Die Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz greift, soll deutlich erhöht werden. Überstunden bei Vollzeitbeschäftigung sollen steuerfrei gestellt werden. Wer nach Erreichen des Rentenalters freiwillig weiterarbeitet, soll weniger Steuern zahlen müssen. Untere Einkommensgruppen sollen bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden. Eine Vermögenssteuer lehnt die CDU ab.
Abgeordnete sollen künftig ihre Bezüge nicht mehr für sich selbst, sondern immer erst für die Abgeordneten der nachfolgenden Wahlperiode festlegen, heißt es im Programm der CDU. Gesetze sollen grundsätzlich nur noch zum 1. Januar und zum 1. Juli in Kraft treten.
Grundsatzprogramm der CDU: Familienbegriff soll erweitert werden
In der Familienpolitik trägt die CDU den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung und erweitert ihren Familienbegriff. Ehe und Familie sollen dabei weiter „Leitbild“ sein. Neben der klassischen Ehe zählen dazu für die CDU auch alle auf Dauer angelegten Beziehungen – etwa gleichgeschlechtliche Ehen, Alleinerziehende oder Patchworkfamilien. „Jede Familie ist einzigartig“, heißt es in dem Programm.
Thema Gendern: CDU bleibt im Grundsatzprogramm eher vage
Die CDU respektiere die „Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identität“, heißt es im Programmentwurf. An der rechtlichen Unterscheidung der beiden biologischen Geschlechter will die Partei aber festhalten. „Zugleich wollen wir intersexuelle und transsexuelle Menschen besser unterstützen.“
Beim Streitthema Gendern wählt die CDU beschwichtigende Worte: „Wir sind für eine geschlechtergerechte Sprache, aber gegen Gender-Zwang“, heißt es im Programmentwurf. In staatlichen Einrichtungen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk solle „keine grammatikalisch falsche Gender-Sprache“ verwendet werden. (fmü/dpa/afp)