Der Frust der Bahn-Pendler: Ehepaar berichtet vom traurigen Alltag – „Einfach nicht mehr zumutbar“

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Wer mit der Kochelseebahn pendelt, erlebt oft Probleme. Ab 2025 wird es auf der Strecke wegen erneuten Bauarbeiten wieder zu Beeinträchtigungen kommen. © arp

Ein Ehepaar aus Bichl pendelt mit dem Zug nach München. Lange Verspätungen und Zugausfälle sind auf der Strecke nach Kochel inzwischen schon „normal“.

Bichl/Kochel am See – Wer regelmäßig mit den Zügen der Kochelseebahn unterwegs ist, kann von den Problemen ein Lied singen. Immer wieder kommt es zu – teils sogar langen – Verspätungen und Zugausfällen, und der Schienenersatzverkehr funktioniert nicht reibungslos. Ein Grund sind derzeit Langsamfahrstellen, weil die Schienen in einem schlechten Zustand sind. Sie müssen nun ausgetauscht werden. Wie berichtet, sollen deshalb ab dem Fahrplanwechsel im Dezember vier Verbindungen zwischen Kochel und Penzberg morgens und nachmittags ausfallen, damit die übrigen Züge pünktlich fahren können. Die Planung für die Bauarbeiten beginnt allerdings erst 2025.

Paar pendelt mit dem Zug von Bichl nach München: „Zehn Minuten Verspätung sind normal“

Welche Züge werden wann gestrichen? Wie lange wird die Bauzeit dauern? Wie wird sich dann der Arbeitsalltag gestalten? Diese Fragen stellen sich derzeit Paul und Mary Grünwald aus Bichl. Sie gehören zu den vielen Pendlern aus dem Loisachtal, die nach München zur Arbeit müssen. In der Regel nehmen sie den 7-Uhr-Zug ab Bichl. „Zehn Minuten Verspätung in München sind normal“, sagt Paul Grünwald. Sie kennen aber auch Verspätungen zwischen 30 und 40 Minuten. Das Ehepaar ist froh, verständnisvolle Arbeitgeber zu haben. „Aber es gibt Firmen, da geht so was nicht“, sagt Paul Grünwald.

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Abends sei es das Gleiche. Vor wenigen Tagen erst betrug die Verspätung wieder 30 Minuten. Wenn’s gut läuft, sitzen die Reisenden wenigstens im Zug, aber manchmal müssen sie auch in Tutzing warten. Der Bahnhof dort sei sehr ungepflegt, es liege viel Müll zwischen den Gleisen, berichtet Mary Grünwald. Sie schilderte das vor einigen Monaten per Mail an die Bahn. „Die Antwort war, dass man unter dieser Adresse für das Problem nicht zuständig sei“, berichtet Grünwald. „Ich hätte erwartet, dass sie mir dann einen Ansprechpartner nennen oder zumindest meine Mail weiterleiten.“

Schienenersatzverkehr an der Kochelseebahn fährt nicht zuverlässig

Zurzeit seien die Züge besonders kurz, weil einige Garnituren zur Reparatur seien. „Da ist man froh, wenn man in Bichl noch einen Sitzplatz bekommt“, sagt Paul Grünwald.

Auf den Schienenersatzverkehr (SEV) verlassen sich die beiden schon längst nicht mehr. In den Zügen sei immer wieder zu lesen: „Ersatzverkehr pendelt und fährt ohne feste Fahrzeiten“, sagt Paul Grünwald und meint frustriert: „Das ist einfach nicht mehr zumutbar.“

Bauarbeiten ab 2025: Immer noch ist unklar, welche Züge gestrichen werden

Für die Bauarbeiten ab 2025 ist immer noch nicht klar, welche Züge gestrichen werden sollen. Wie berichtet, soll der Schüler-Zug um 7.15 Uhr erhalten bleiben. Die Grünwalds würden sich – wie viele andere Pendler auch – wünschen, dass morgens und abends ein Stundentakt nach München aufrechterhalten wird, und dass man lieber Einschränkungen am Nachmittag macht. „Uns ist schon klar, dass sich immer jemand beschweren wird, wenn ,sein‘ Zug gestrichen wird“, sagt Paul Grünwald. Zudem könnte man doch einen Pendelzug für die Strecke zwischen Kochel und Tutzing einrichten. „Das Problem auf der kleinen Strecke sind nämlich die Kreuzungsbahnhöfe“, sagt er und meint: „Das ist doch alles nur eine Frage der Logistik, und das muss die Bahn leisten können.“

Die beiden nutzen das Deutschlandticket und fahren eigentlich gerne Zug. Als die Kochelseebahn 2023 wegen monatelanger Sanierung der Oberleitung gesperrt war, fuhren die Grünwalds nach Tölz zur Bayerischen Regiobahn (BRB). „Von dort geht’s wesentlich besser“, sagen sie. Trotzdem, ein zweites Mal wollen sie das nicht machen – der Aufwand ist schon groß. „Dann fahren wir gleich ganz mit dem Auto nach München“, sagt Mary Grünwald.

Bahn nennt Details zur Sperrung

Auf eine umfangreiche Anfrage unserer Zeitung nennt die Deutsche Bahn erstmals Details, welche Züge gestrichen werden sollen. „Es fallen keine Verbindungen komplett aus“, sagt eine Sprecherin. „Zwei Verstärker-Züge werden eingekürzt, und bei den Penzberg-Pendlern entfällt wegen Fahrplan-Verlängerungen der Halt in Iffeldorf.“ Im Details bedeutet das konkret: Der morgendliche Zug 59601 ab Tutzing um 6.01 Uhr (ab 2025 fährt er bereits um 5.57 Uhr) fährt nur bis Penzberg. Der Zug 59642 ab Kochel um 6.14 Uhr beginnt erst in Penzberg um 6.23 Uhr. Nachmittags fährt der Zug 59649 ab Tutzing um 16.03 Uhr nur bis Penzberg, und der Zug 59650 ab Kochel um 16.15 Uhr beginnt erst in Penzberg um 16.31 Uhr.

Halteausfälle in Iffeldorf gibt es bei folgenden Zügen: um 17.03 Uhr, 18.03 Uhr, 19.03 Uhr und 20.03 Uhr ab Tutzing in Richtung Penzberg sowie um 17.31 Uhr, 18.31 Uhr, 19.31 Uhr und 20.31 Uhr ab Penzberg in Richtung Tutzing.

Bahn-Sprecherin bleibt unkonkret

Diese Entscheidung wurde „nach Verfügbarkeit der Gleise und der Fahrbarkeit sowie in Abstimmung mit den Gemeinden getroffen“, so die Sprecherin. Ab etwa Mitte Oktober könne man die Veränderungen im DB-Navigator aufrufen. Einen Pendelzug nur von Kochel nach Tutzing werde man nicht einrichten: „Da die Fahrgäste nach beziehungsweise von München dann immer in Tutzing umsteigen müssten, wurde entschieden, das aktuelle Flügelkonzept mit Kuppeln in Tutzing und in der Gegenrichtung Flügeln in Richtung Kochel und Weilheim aufrechtzuerhalten.“

Nachgefragt, ob die Kapazität des SEV während der Bauarbeiten erhöht werde, bleibt die Sprecherin unkonkret. Man müsse mit einer Verlängerung der Fahrzeit von 15 bis 20 Minuten rechnen, antwortet sie. Die DB gehe auch davon aus, dass die Bauarbeiten 2025 abgeschlossen sein werden. Und: „Der Plan ist, die Züge wieder regulär anzubieten, sobald die Bauarbeiten abgeschlossen sind.“ Wer sich über schmuddelige Bahnhöfe beschweren möchte, kann sich an kundendialog.bayern@deutschebahn.com wenden. (müh)

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