Ein Architekt, der Weßling prägte
Max Ostenrieder hat 14 Gebäude im Ort entworfen, darunter die Alzheimer-Villa am Weßlinger See und auch die einstige Badeanstalt.
Weßling – Er ist der Architekt der Alzheimer-Villa am Weßlinger See, auch die Schneider-Villa an der Hauptstraße trägt seine Handschrift, und auf seinem Reißbrett entstand auch die einstige Badeanstalt. Dennoch ist der Name Max Ostenrieder (1870-1917) in Weßling in Vergessenheit geraten. Dabei haben seine 14 Bauten den Ort maßgeblich geprägt.
Seine Enkelin Karla Strate (93) aus Herrsching blättert in dem 2018 erschienen Buch von Jean Louis Schlim, „Max Ostenrieder – Ein Münchner Architekt an der Schwelle zur Neuzeit“. Der Autor berichtet über Ostenrieders Bautätigkeit in und um München, darunter ein mehrgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus direkt am Marienplatz. Dort ist Karla Strate aufgewachsen. „Im dritten Stock“, erzählt sie. Erst als es in München während des Krieges und der vielen Bomben zu gefährlich wurde, ging ihre Familie nach Herrsching. Das Haus am Marienplatz wurde ein Opfer der Bomben.

Max Ostenrieder fasste 1890 in Weßling Fuß, indem er ein altes Bauernhaus in Seenähe kaufte. Die Sommerresidenz erweiterte er um eine Küche nach Westen und verwandelte den Stall sowie die Scheune in eine gemütliche Stube. Im Obergeschoss des Hauses, das seit 1975 unter Denkmalschutz steht, baute er ein Erkerzimmer mit Seeblick und verewigte auf der Außenseite seinen Leitspruch „Ich trau mein Stern“ und das Familienwappen. Dorthin zog er sich mit seiner Familie vom Stadtleben zurück, berichtet Strate. Da das Grundstück nicht direkt am See lag, kaufte er zusätzliches Land und schuf am heutigen Karl-Haug-Park eine kleine Insel, die er über einen Holzsteg erreichte. Dort war er zu finden, wann immer er „reif für die Insel“ war, zitierte Autor Schlim in der Biografie einen Freund des Architekten. Heute ist dieser Rückzugsort nur noch zu erahnen. Er ist gänzlich eingewachsen und von Schwänen und Enten umschwärmt.

Nach und nach schrieb Ostenrieder, der Sohn eines Metzgermeisters, in Weßling Architekturgeschichten, unter anderem ausgelöst durch die Grundstücksverkäufe der Gemeinde, die damit ab 1900 die Wasserleitung finanzierte. Dazu gehörte das Areal am See, auf dem heute die Alzheimer-Villa thront. Käufer und Bauherr war der Münchner Hotelier Roiger, für den Ostenrieder ein architektonisch außergewöhnliches Zuhause schuf, das mit einem Turm, einem Erker und einer Loggia besticht. Nur drei Jahre später wechselte die Immobilie den Besitzer und der berühmte Mediziner Alois Alzheimer zog ein.
Auch das Seegrundstück angrenzend an den Karpfenwinkel kam zugunsten der Wasserleitungen für Weßling unter den Hammer. Der Käufer, Ludwig Bletschacher, beauftragte seinen Schwager Max Ostenrieder ebenfalls mit der Architektur. Auf dem Gelände, wo zuvor Dorfbewohner kleine Krautgärten bewirtschafteten, entstand ein dreigeschossiges Gebäude im typischen Stil Ostenrieders. Dieses Gebäude wurde später vom Maler Johannes Klein erworben und befindet sich bis heute in Familienbesitz. Beide Häuser sind denkmalgeschützt.

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14 Gebäude entwarf der zweifache Vater in der Gemeinde: 1906 war er der Architekt der einstigen Badeanstalt und 1911 der neuen Schule. 1913 vertraute man ihm die Renovierung der Wallfahrtskapelle in Grünsink an, und auf ihn ist die Villa Schneider an der Hauptstraße zurückzuführen, deren gemauerte runde Durchfahrt an der Westseite ins Auge sticht. Auch Dorflehrer Besold, der Großvater Strates mütterlicherseits, bezog an der Ortsdurchfahrt ein Haus Ostenrieders, das bis heute erhalten ist.
Die Erinnerung an den Architekten mag verblasst sein, aber wer genau hinsieht, findet seine Spuren in den Fassaden wieder, weiß seine Enkelin. An einigen Stellen sind die Initialen „MO“ zu sehen, mit denen er seine Bau- oder besser Kunstwerke signierte.
Von Michèle Kirner
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