Putin lädt Kinder getöteter Soldaten ein – offenbar nach gezielter Auswahl
Zum Jahresbeginn sind Bilder von Russlands Präsident Putin mit Angehörigen gefallener Soldaten entstanden. Experten gehen von einer Inszenierung aus.
Moskau – Nicht jeder darf zu Wladimir Putin. Auch „Familien-Treffen“ sind beim Kremlchef eine sorgfältig inszenierte Angelegenheit. So wie jetzt am orthodoxen Weihnachtsfest in Putins Residenz Nowo-Ogarjowo. Familien von im Ukraine-Krieg gefallenen Soldaten waren zu Gast. Ausgewählte Angehörige, um das Risiko zu minimieren, „dass sie unangenehme Dinge sagen oder fragen“, analysierte anschließend das US-Institut für Kriegsstudien (ISW).
In seinem Bericht berief sich das ISW unter anderem auf das russische oppositionelle Portal agentstvonews. Das postete am 7. Januar auf Telegram Details über Putins Weihnachtsgäste, die es selbst in Erfahrung gebracht haben will. Unter den Verwandten von fünf verstorbenen russischen Soldaten befanden sich demnach „zwei regierungsnahe Sozialaktivisten“. Zudem habe Putin mehrere der eingeladenen Kinder schon am 4. November getroffen, in Russland ist das der Tag der Einheit des Volkes.
Putins Gäste hatten also gewisse Verbindungen zur Regierung. Das ISW sprach nun von einer „gängigen Praxis“ des Kremls, in der Nähe von Putin auftretende Menschen „sorgfältig“ auszuwählen und teils auch dieselben Personen zu medienwirksamen Veranstaltungen zuzulassen – auch, weil zum Beispiel das US-Portal Newsweek schon über diese Beobachtung berichtete.
Vor Russland-Wahl 2024: Putin feiert Weihnachten offiziell alleine
Kremlsprecher Dmitri Peskow ließ offiziell nichts dergleichen durchblicken. Vor der Weihnachtsmesse habe Putin „eine ziemlich ausführliche Unterhaltung mit den Familien geführt, sich mit den Witwen und Kindern unterhalten“, sagte er laut der Staatsagentur Interfax. Auch zum gemeinsamen weihnachtlichen Abendessen habe er die Angehörigen eingeladen.
Während Putin in früheren Jahren zu Weihnachten verschiedene Kirchen in ganz Russland aufsuchte, beging er das Fest in den letzten beiden Jahren entweder im Moskauer Kreml oder in seiner Residenz – beide Male allein, wie die dpa berichtete.
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Die Einladung an Familien gefallener Soldaten dient Putin wohl auch dazu, sich vor der im März anstehenden Präsidentenwahl als Kümmerer darzustellen. Zuletzt waren Proteste mit der Forderung laut geworden, die von ihm an die Front geschickten russischen Soldaten nach Hause zu holen. Mehr Hintergründe dazu diesem Video:
Spekulationen über Putin-Doppelgänger nicht totzukriegen
Auf obigem Foto ist Putin laut Kreml bei dem Treffen mit den Angehörigen zu sehen. Doch Doppelgänger-Gerüchte um Putin halten sich hartnäckig. Mit den Worten „Putin – haben wir einen“, dementierte der Kreml das zuletzt.
Wladimir Putin ist seit 23 Jahren in Russland Staatsoberhaupt, unterbrochen nur von einem Intermezzo als Ministerpräsident. Gegenkandidaten muss er bei der Russland-Wahl 2024 kaum fürchten. Vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine wurden die Opposition und die Zivilgesellschaft mundtot gemacht. Die wichtigsten politischen Gegner sind entweder tot, im Exil oder sitzen im Gefängnis, wie etwa Alexej Nawalny. (frs mit dpa)