Alzheimer-Früherkennung: Bluttest könnte Diagnose revolutionieren
Ein neuer Bluttest könnte die Alzheimer-Diagnostik grundlegend verändern. Er übertrifft sogar auf die Krankheit spezialisierte Ärzte in der Genauigkeit.
München – Die Wissenschaftler der Universitäten Lund und Malmö haben bewiesen, dass ein Bluttest Alzheimer mit hoher Präzision erkennen kann. Dieser Test erwies sich als deutlich verlässlicher als die Diagnose von auf Alzheimer spezialisierten Medizinern. Könnte dieser Test auch in deutschen Allgemeinarztpraxen nützlich sein?
Alzheimer-Bluttest zuverlässiger als Diagnose von Spezialisten
Bisher waren nur invasive Verfahren, wie beispielsweise eine Rückenmarkspunktion, so zuverlässig wie dieser Bluttest. Laut den schwedischen Wissenschaftlern betrug die diagnostische Genauigkeit des Tests zwischen 88 und 92 Prozent. Spezialisten für Alzheimer konnten die Krankheit nach einer Standarduntersuchung mit kognitiven Tests und einer Computertomographie mit einer Genauigkeit von 73 Prozent diagnostizieren. Wenn der Bluttest zusätzlich durchgeführt wurde, erhöhte sich die Zuverlässigkeit der Diagnose auf 91 Prozent. Allgemeinärzte konnten die Genauigkeit ihrer Diagnose von 61 Prozent auf 91 Prozent steigern, wenn sie den Test zur Verfügung hatten.
Der Test zeigte „eine hohe diagnostische Genauigkeit bei der Identifizierung von Alzheimer bei Personen mit kognitiven Symptomen unter Verwendung vordefinierter Grenzwerte“, hieß es in der Studie. „Ein genauer Bluttest [...] könnte die Diagnostik und Behandlung von Alzheimer vereinfachen“, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler. Sie glauben, dass der Einsatz in Allgemein- und Facharztpraxen gute Ergebnisse liefern könnte. Wird ein solcher Test also auch bald in deutschen Allgemeinarztpraxen zum Einsatz kommen?
Über die Studie
Die Studie „Blood Biomarkers to Detect Alzheimer Disease in Primary Care and Secondary Care“ der Forschenden Sebastian Palmqvist, Pontus Tideman, Niklas Mattsson-Carlgren et. al von den Universitäten Lund und Malmö in Schweden erschien am 28. Juli 2024 im Fachblatt Jama Network.
Zwischen Februar 2020 und Januar 2024 untersuchten die Forschenden 1213 Patienten mit Gedächtnisstörungen. Ein Teil der Personen waren Hausarztpatienten, ein anderer Teil Personen war in Facharztpraxen oder Krankenhäusern in Behandlung.
Marktreifes Produkt für Alzheimer-Bluttest noch nicht in Sicht
Das Bundesgesundheitsministerium ist sich bewusst, dass es eine intensive fachliche Diskussion über APS-2-Tests zur Früherkennung von Alzheimer in der medizinischen Wissenschaft gibt, wie eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage von IPPEN.MEDIA bestätigte. Ein marktreifes Produkt ist jedoch noch nicht verfügbar. Bis dahin ist es wohl noch ein langer Weg, glaubt die Sprecherin: „Ein Test zur medizinischen Diagnostik unterliegt den Marktzugangsanforderungen der EU-IVD-Verordnung 2017/746.“ Ein anderes Alzheimer-Medikament wurde hingegen gerade zugelassen.

„Eine Marktzulassung erfordert in der Regel den erfolgreichen Abschluss eines Zertifizierungsverfahrens bei einer benannten Stelle“, so die Sprecherin weiter. Es handelt sich dabei um einen privatrechtlichen Vertrag, ergänzte sie. Der Status von möglicherweise bereits laufenden Zertifizierungsprozessen sei dem Ministerium nicht bekannt.
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Bluttest als entscheidender Bestandteil für Alzheimer-Früherkennung
In Kombination mit anderen Diagnosemethoden, wie kognitiven Tests, ist der Bluttest ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur Früherkennung von Alzheimer. Der Test analysiert sogenannte Biomarker. Diese sind biologische Merkmale, die objektiv messbar sind – wie Moleküle, Hormone oder Gene. Das Besondere daran ist, dass sie unabhängig von klinischen Symptomen auftreten und eine Krankheit weit vor ihrem Ausbruch erkennen können. Dies ist entscheidend, da bestimmte Medikamente nur in den frühen Stadien von Alzheimer wirksam sind und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen können.
Der Bluttest der schwedischen Forscher untersuchte die Biomarker APS2 und p-tau217. Der Hintergrund: Im Gehirn von Alzheimer-Patienten sammeln sich diese Amyloid-Proteine an. APS2 steht für den Amyloid-Wahrscheinlichkeits-Score 2 und basiert auf dem Verhältnis der Proteine Amyloid-β 42 und Amyloid-β 40 im Plasma. Bei Alzheimer-Patienten verändert sich auch das Tau217-Protein, es „phosphoryliert“. Der Biomarker p-tau217 misst das Verhältnis von phosphoryliertem Tau217 zu nicht-p-Tau217, ausgedrückt als Prozentsatz von p-Tau217. In der Studie legten die Forscher für beide Biomarker vordefinierte Grenzwerte fest.
Ob und wann der Test in Deutschland in Allgemeinarztpraxen eingeführt wird, ist noch unklar. Forscher stoßen jedoch immer wieder auf Indikatoren, die als erste Warnsignale für eine Alzheimer-Erkrankung angesehen werden können.