Erdbeeren bald als Luxusgut? Frucht-Preise explodieren in Deutschland –„Immense Steigerung“

  1. Startseite
  2. Verbraucher

Kommentare

Erdbeeren sind um 70 Prozent teurer als vor zehn Jahren. Anbauer klagen über den Mindestlohn und den Folgen des Klimawandels. Doch es gibt Hoffnung.

München – Die deutschen Erdbeerbetriebe kämpfen ums Überleben: Seit 2015 sank ihre Zahl laut Statistischem Bundesamt um 24,1 Prozent auf nur noch 1.702 Betriebe. Die Anbaufläche schrumpfte dramatisch um 28,4 Prozent auf 13.149,5 Hektar, während die Erntemenge sogar um 30,3 Prozent auf 120.352 Tonnen zurückging. Das Ergebnis: Deutschland kann nur noch 50 Prozent seines Erdbeerbedarfs selbst decken – vor zehn Jahren waren es noch 68 Prozent. Die andere Hälfte der in Deutschland verkauften Erdbeeren stammt mittlerweile aus dem Ausland, vorwiegend aus Spanien und Griechenland.

Parallel zu diesem Niedergang explodierten die Preise: Binnen zehn Jahren verteuerten sich deutsche Erdbeeren um fast 70 Prozent. Während Verbraucher 2015 noch 3,94 Euro pro Kilogramm zahlten, mussten sie 2024 bereits 6,65 Euro hinblättern. Laut Eva Würtenberger, Marktanalystin der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft, liegen auch 2025 die Preise tendenziell höher.

„Eine immense Steigerung“: Mindestlohn und Klimawandel treiben Erdbeer-Preise in die Höhe

Als Hauptverursacher der Preisexplosion gilt laut dem Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) die Entwicklung beim Mindestlohn. „Wenn Sie sehen, wir kommen von 8,50 Euro Mindestlohn und sind jetzt bei 12,82 Euro“, erklärt Verbandssprecher Simon Schumacher. „Das ist ja auch eine immense Steigerung.“ Da die Erdbeerernte von Hand erfolge, machen Personalkosten zwischen 50 und 60 Prozent der Produktionskosten aus.

Erdbeerplantage im Freiland.
Die Erdbeer-Preise sind in den vergangenen zehn Jahren um fast 70 Prozent gestiegen. Der Mindestlohn und Klimawandel setzen den Anbauern zu. (Symbolbild) © Michael Löwa/dpa

Zusätzlich zum Kostendruck durch höhere Löhne belastet der Klimawandel die Anbauer. „Der Klimawandel bringt ja immer diese Starkwetterereignisse mit“, so Tobias Gabler, Agrarwissenschaftler von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg in Baden-Württemberg. „Dieser Starkregen macht natürlich Erdbeerfelder teilweise kaputt, beziehungsweise die Ernte ist dadurch einfach nicht mehr gewährleistet.“ Deshalb sei der Anteil des Freilandanbaus massiv zurückgegangen. Stattdessen setzen immer mehr auf geschützten Anbau mit Folientunneln.

Geschützter Anbau statt Freiland: Ist das die Zukunft der Erdbeere?

Die Anbaufläche im geschützten Anbau hat sich von 730,7 Hektar im Jahr 2015 auf 2.045,5 Hektar im Jahr 2024 nahezu verdreifacht. Der Ertrag ist dort mit durchschnittlich 20,4 Tonnen pro Hektar mehr als doppelt so hoch wie im Freilandanbau mit 9,3 Tonnen. Zudem ermöglicht der geschützte Anbau eine verlängerte Erntesaison bis in den Oktober hinein.

Dominic Ell, Erdbeeranbauer aus dem badischen Oberkirch bei Offenburg, produziert jährlich allein 350 Tonnen Erdbeeren. „Tatsächlich investieren wir seit 2019 immer wieder Stück für Stück in Folientunnel“, berichtet er. Allerdings kostet die Umstellung eines Hektars von Freiland auf geschützten Anbau bis zu 100.000 Euro.

Der Anbauer fragt sich angesichts der Preisentwicklung: „Wie lang macht das Spiel der Verbraucher mit und sagt: ‚Okay, ich gönne mir die deutsche Erdbeere noch, oder halt auch nicht?‘“ Ell glaubt an die Zukunft der deutschen Erdbeere. „Wenn wir mit der Erdbeere kein Geld mehr verdienen, dann frage ich mich, mit was dann?“

Erdbeer-Preise könnten weiter steigen – so lässt sich gegensteuern

Experten gehen davon aus, dass die Erdbeer-Preise weiter steigen werden. Neben einer möglichen Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro rechnet Marktanalystin Würtenberger mit einer weiteren Umstellung auf den kostenintensiveren geschützten Anbau. Eine Möglichkeit zur Kostensenkung könnten Ernteroboter sein, die bisher allerdings nur in den Niederlanden getestet und noch nicht in der Produktion eingesetzt werden. Eine Herausforderung sei etwa, die Erdbeere vor dem Pflücken von allen Seiten zu prüfen.

Die rote Frucht droht tatsächlich zum Luxusartikel zu werden. Agrarwissenschaftler Gabler sieht jedoch eine Grenze bei der Zahlungsbereitschaft der Verbraucher: „Ich sage mal, fünf Euro pro 500-Gramm-Schale ist eine gewisse Schallmauer.“ Eine Möglichkeit seien dann noch kleinere Schälchen im Verkauf, wie es sie heute auch schon gebe.

Gut zu wissen: Wer einen eigenen Garten hat, kann den Geldbeutel schonen, indem eigene Erdbeeren angepflanzt werden. Um die Ernte zu maximieren, sollten Verbraucher diese Fehler vermeiden. (cln mit dpa)

Auch interessant

Kommentare