FPÖ vor Österreich-Wahlsieg mit „AfD-Copy-Paste“? „Wäre extremst gefährlich“
Ein FPÖ-Wahlsieg in Österreich hätte große Tragweite, warnt der Politologe und Autor Vedran Džihić. Bereits jetzt herrsche teils „blanke Angst“ mitten in der Gesellschaft.
Wien/München – Schon seit Ende 2022 liegt die rechtspopulistische FPÖ in den Umfragen zur österreichischen Nationalratswahl in Front – und ein Umschwung ist vor dem Wahltag am 29. September nicht in Sicht. Das sorgt für Beunruhigung: Ein möglicher FPÖ-Kanzler Herbert Kickl wäre ein noch größerer Einschnitt als die Wahlerfolge der AfD in Sachsen und Thüringen, warnt der österreichische Politikwissenschaftler und Autor Vedran Džihić im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.
Wahl in Österreich: FPÖ schreibt sich „Remigration“ ins Wahlprogramm
Džihić ist eigentlich Experte für die Politik in den Staaten des früheren Jugoslawien. Er kam aber in den frühen 1990er-Jahren selbst auf der Flucht vor dem Bosnien-Krieg mit seinen Eltern nach Österreich – und will nun mit seinem neuen Buch „Ankommen“ ermöglichen, sich in die Position geflüchteter Menschen hineinzuversetzen.

Debatten über „Remigration“ wie in Potsdam sorgten für „blanke Angst“ unter Migrantinnen, Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund, sagt Džihić unserer Redaktion. Nach ersten großen Protesten der Zivilgesellschaft sei es nun aber kein Problem für die FPÖ mehr gewesen, „Remigration“, sogar „schwarz auf weiß ins Parteiprogramm zu schreiben“. Das sei das „beste Beispiel für die ‚Normalisierung‘“ radikaler Positionen.
Džihić warnte vor einer gefährlichen Entwicklung: Unter Migrantinnen und Migranten in Österreich kursierten bereits Mahnungen, sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Deutschland und Österreich seien aber Einwanderungsgesellschaften, die ohne diese Mitbürger und Arbeitskräfte nicht mehr funktionierten. Zugleich sei die von Rechtsaußen geforderte „Härte“ erfahrungsgemäß ein folgenreiches „Signal“ in einer Gesellschaft – das sich später auf weitere Gruppen ausweiten lasse: „Irgendwann gibt es keine Grenze, kein Halten mehr.“
Sorge vor FPÖ-Sieg in Österreich: „AfD kommt nicht in die Lage, einen Kanzler zu stellen“
„Es wäre wohl für viele in Österreich und Europa ein Schock, wenn die FPÖ stärkste Kraft wird. Gerade die Partei, die zu einem AfD-Copy-Paste bereit ist, sogar mit weiteren Zuspitzungen“, sagt Džihić mit Blick auf diese Entwicklung. Das FPÖ-Programm spiegele eine „autoritäre Vorstellung von Gesellschaft, mit Anleihen bei Viktor Orbán und Versatzstücken aus der deutschen, österreichischen Geschichte“. Kickl selbst nenne sich „Volkskanzler“ – in klarer Anspielung auf die 1930er-Jahre.
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„Die AfD ist jetzt zwar in zwei Bundesländern stark geworden, aber sie kommt nicht in die Position, einen Bundeskanzler zu stellen“, fügt der Politikwissenschaftler hinzu. „Dasselbe Konzept, sogar noch unverblümter, mit der Remigration in der Regierungsverantwortung, mit einem Kanzler: Das wäre extremst gefährlich“, warnte er. Der Tragweite dieser Situation müsse man sich bewusst sein.
Zugleich sei zu beobachten, dass Österreich Deutschland beim Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Kräfte schon seit den 1970er- bis 1980er-Jahren voraus sei: „Die FPÖ hat lange vor der AfD mit diesem Migrationsdiskurs gespielt, der Migration oder Ausländer zum Sündenbock, zur ‚Mutter aller Probleme‘ macht.“ Die FPÖ war bereits bei der Europawahl im Juni stärkste Kraft in Österreich geworden. (fn)