CEO über Umgang mit GenZ: „Arbeit muss mehr sein als Homeoffice und Obstkorb“

Wie finden wir echten Sinn im Job? Für Peter Löffler, CEO des Corporate-Benefits-Anbieters givve, beginnt die Antwort nicht im Büro – sondern im Kopf. Im Gespräch mit FOCUS online erklärt er, warum Sinnstiftung ein Mindset ist, wieso Remote-Arbeit mehr Disziplin als Kontrolle braucht und weshalb Führung heute weniger mit Präsenz als mit Vertrauen zu tun hat. Löffler fordert einen ehrlichen Blick auf die Arbeitsrealität: Arbeitgeber müssen mehr zuhören, Mitarbeiter mehr reflektieren. Wie Unternehmen trotz Fachkräftemangel, Homeoffice-Debatte und „Quiet Vacation“ eine motivierte Kultur schaffen können – und welche drei M’s dabei entscheidend sind.

FOCUS online: Sie sagen, der Sinn im Job sei kein externer Faktor, sondern ein Mindset. Was genau ist damit gemeint und wo liegt die Verantwortung der Mitarbeiter, an ihrem Mindset zu arbeiten?

Patrick Löffler: Der Satz "Happiness is an inside job" beschreibt sehr gut, was ich meine. Das Glück findet man nicht durch materielle Dinge oder äußere Umstände, sondern es kommt aus einem selbst. Ähnlich verhält es sich mit der Zufriedenheit im Beruf: Jeder ist verantwortlich, diese für sich zu finden und zu gestalten. Das erfordert Selbstreflexion und manchmal kleine, aber entscheidende Schritte in Richtung persönliches Wohlbefinden. Die Suche nach Sinn und Zufriedenheit ist ein individueller Prozess, den keine Anzahl von Jobwechseln allein lösen kann.

FOCUS online: Arbeitgeber setzen stark auf externe Motivation, wie Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten. Warum reicht das Ihrer Meinung nach nicht aus, um innere Kündigungen zu verhindern?

Löffler: Es liegt sehr an der Anspruchshaltung zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern. Viele Unternehmen fordern Selbstorganisation, aber kontrollieren gleichzeitig streng. Sie wünschen sich Unabhängigkeit und Kreativität, aber schränken diese durch feste Abläufe ein. Das führt zu einer Diskrepanz zwischen der gewünschten und der tatsächlichen Arbeitsumgebung. Innovation verlangt Fehlerfreundlichkeit und Agilität. Die wahre Herausforderung liegt darin, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die sowohl Stabilität als auch revolutionäres Denken fördert. Management muss aktiv Diversität unterstützen und eine Umgebung ermöglichen, in der Eigenverantwortung gedeiht. Externe Anreize allein können das nicht gewährleisten.

FOCUS online: Was können Arbeitgeber tun, um die Zusammenarbeit mit der Generation Z zu erleichtern?

Löffler: Die drei M's sind hier entscheidend: Meaning, Mastery und Membership. Arbeitgeber sollten ihren Mitarbeitern klar machen, warum ihre Arbeit wichtig ist und wie sie gemeinsam zu einem größeren Ziel beitragen. Es geht darum, Mitarbeiter nicht nur einzubeziehen, sondern ihnen auch eine Perspektive zu geben, wie sie sich weiterentwickeln können. Dies schafft ein Zugehörigkeitsgefühl, das für das Engagement unverzichtbar ist. Die Schlüssel dazu sind klare Kommunikation und eine transparente Arbeitsweise, damit jeder versteht, wohin die Reise geht und welchen Beitrag er leistet.

FOCUS online: Ihr Unternehmen hat ein Remote First-Modell. Viele Firmen gehen zurück zu mehr Büropräsenz. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, damit Remote First funktioniert?

Löffler: Es ist eine Frage der Disziplin. Wir nutzen digitale Tools effektiv, um die Zusammenarbeit zu erleichtern. Spontane Anrufe sind heutzutage respektlos; sie reißen Mitarbeiter aus ihrer Konzentration. Stattdessen setzen wir auf wohlüberlegte und präzise Kommunikation über Slack oder ähnliche Plattformen. Dies ermöglicht es jedem, die Nachrichten zu lesen und zu reagieren, wann es ihm am besten passt. Auch im Büro sollte man unnötige Unterbrechungen vermeiden und Technologien einsetzen, um die Kommunikation zu verbessern, ohne die Produktivität zu stören.

FOCUS online: Sie sagen, dass die Forderung nach Büroanwesenheit oft einem Mangel an Selbstdisziplin bei Führungskräften entspringt. Können Sie das näher erläutern?

Löffler: Führungskräfte hoffen, durch Büropräsenz direkteren Zugriff auf ihre Mitarbeiter zu haben. Jedoch ist es effektiver, präzise und gut durchdachte Kommunikation zu nutzen. Den Zugriff auf Mitarbeiter kann man effizienter über digitale Tools gestalten, die die Arbeit nicht stören. Die persönliche Schnellkommunikation ist oft nicht nötig. Nur in dringenden Fällen ist ein Anruf angebracht, und das kommt selten vor. Ich glaube, dass die Selbstdisziplin der Schlüssel zu einer erfolgreichen Remote-Arbeitskultur ist.

FOCUS online: Was würden Sie Führungskräften konkret raten, damit Mitarbeiter motiviert im Homeoffice arbeiten und sich mit ihrer Arbeit identifizieren?

Löffler: Es ist entscheidend, dass eine klare Unternehmensstrategie existiert, die effektiv kommuniziert wird, damit jeder Mitarbeiter weiß, wofür er arbeitet. Führungskräfte sollten Vertrauen schaffen, ähnlich wie ein Trainer bei einem Fußballteam: Sie stehen am Rand, vertrauen den Spielern, dass sie während des Spiels ihre Entscheidungen treffen und unterstützen sie, wenn nötig. Diese gegenseitige Vertrauensbasis ist essenziell für die Motivation und Identifikation mit der Arbeit – egal, ob aus dem Homeoffice oder vor Ort.

Führungskräfte sollten weniger den Input und mehr den Output messen. Im Büro kann man sich leicht verstecken, während im Homeoffice ungeklärte Aufgaben schnell auffallen. Vertrauen und eine klare Kommunikation sorgen dafür, dass die Arbeit effizient erledigt wird, unabhängig vom Standort.

FOCUS online: Ist Führung im Homeoffice schwieriger als im Büro?

Löffler: Es erfordert definitiv mehr Disziplin und Vertrauen. Führung im Homeoffice ist anspruchsvoller, weil sie weniger auf direkte Kontrolle und mehr auf klare Kommunikation und effektive Nutzung digitaler Tools angewiesen ist.

Givve-CEO Peter Löffler
„Sinn lässt sich nicht verordnen“ – Givve-CEO Peter Löffler über Motivation im Wandel Givve

Über den Interviewpartner

Patrick Löffler ist Mitgründer und CEO von givve, einem Münchner FinTech-Unternehmen, das seit 2010 digitale Lösungen für steuerfreie Mitarbeiterbenefits anbietet. Nach seinem Abschluss an der Munich Business School im Jahr 2003 sammelte er unternehmerische Erfahrungen, unter anderem als Barbesitzer während seines Studiums. 2018 wurde givve von der französischen Up Group übernommen, Löffler blieb als CEO an Bord. Privat ist Löffler leidenschaftlicher Fotograf und war früher Mitglied der deutschen Snowboard-Nationalmannschaft

FOCUS online: Was wären drei Tipps für Chefs, um ihre Arbeit im Homeoffice zu verbessern?

Löffler: Vertrauen schenken, digitale Tools diszipliniert nutzen und auf sinnvolle, respektvolle Kommunikation achten. Kommunikation sollte präzise sein und die Zeit der Mitarbeiter respektieren. Dies hilft, eine produktive und motivierte Arbeitsatmosphäre zu schaffen.

FOCUS online: Wie kann man Mitarbeitende zurückholen, die sich bereits in einer "Quiet Vacation" befinden?

Löffler: Holen Sie die Mitarbeiter in die Verantwortung. Dies schafft Eigenmotivation und Identifikation. Für den Arbeitnehmer ist es genauso wichtig, sich selbst die Frage zu stellen, warum er keine Lust mehr hat und was geändert werden muss. Das Aufschreiben dieser Gedanken kann Klarheit schaffen. Es ist entscheidend, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sich gegenseitig offen und ehrlich reflektieren. Häufig führt die persönliche Reflektion dazu, dass man wieder in den "Driver's Seat" kommt und aktiv an seiner Situation arbeiten kann.

FOCUS online: Gibt es in Ihrem Unternehmen ein konkretes Beispiel, wo ein Mitarbeiter durch eigene Initiative seinem Job neuen Sinn gegeben hat?

Löffler: Ja, tatsächlich. Ein Mitarbeiter hat mir viel beigebracht. Vor Jahren, als wir eine neue Website erstellten, hat er mir direkt gesagt, dass ich mich entweder raushalten oder die Verantwortung ganz übernehmen müsse. Er wollte die Webseite selbst gestalten, ohne meine ständigen Eingriffe. Ich ließ ihn gewähren, und obwohl das Ergebnis anders war als ich es mir gewünscht hätte, hat er damit sowohl seinen Job als auch meinen deutlich beeinflusst. Wir arbeiten seit über zehn Jahren erfolgreich zusammen, und dafür bin ich ihm sehr dankbar.

FOCUS online: Das Spannungsfeld zwischen hohen Anforderungen und psychischem Druck führt oft zu Krankmeldungen. Wie bewerten Sie dieses Problem, insbesondere im Zusammenhang mit Burnout?

Löffler: Verantwortungsvolle Führung ist hier entscheidend. Wenn Mitarbeiter eigenverantwortlich und unabhängig arbeiten, ohne ständigen Druck, entstehen weniger Krankmeldungen. Natürlich gibt es Drucksituationen, aber diese sollten nicht dauerhaft sein. Wenn sie es sind, müssen Managementprozesse überprüft werden. Es geht darum, entweder systemische Fehler oder mangelnde Autonomie zu erkennen und zu lösen. Auch das Management muss klar priorisieren und transparente Entscheidungen treffen, um den Druck zu reduzieren.

FOCUS online: Wie können Manager das Spannungsfeld zwischen finanziellen Kapazitäten und Arbeitsbelastung lösen?

Löffler: Verantwortungsvolle Führung ist hier entscheidend. Wenn Mitarbeiter eigenverantwortlich und unabhängig arbeiten, ohne ständigen Druck, entstehen weniger Krankmeldungen. Natürlich gibt es Drucksituationen, aber diese sollten nicht dauerhaft sein. Wenn sie es sind, müssen Managementprozesse überprüft werden. Es geht darum, entweder systemische Fehler oder mangelnde Autonomie zu erkennen und zu lösen. Auch das Management muss klar priorisieren und transparente Entscheidungen treffen, um den Druck zu reduzieren.

FOCUS online: Was sind zwei Maßnahmen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, um die Motivation zu steigern?

Löffler: Für Arbeitnehmer: Schreiben ist Kontrolle. Gedanken klar strukturieren und festhalten, um Fortschritte und Veränderungen zu initiieren. Für Arbeitgeber: Schauen Sie genau hin, wie es den Mitarbeitern geht. Machen Sie regelmäßige Umfragen und kümmern Sie sich um die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter. Professionelle und empathische Betreuung macht einen großen Unterschied.