Wahlrechtsreform: Neuer Bundestag wird kleiner und effizienter
Durch die 2023 beschlossene Wahlrechtsreform werden künftig deutlich weniger Abgeordnete ins Parlament einziehen. Wir erklären Ihnen, welchen Zweck diese Reform verfolgt und was das für die aktuelle Bundestagswahl 2025 bedeutet.
Wahlrechtsreform: Welchen Zweck hat sie?
Mit aktuell 733 Abgeordneten ist der Deutsche Bundestag das weltweit größte frei gewählte Parlament. Insbesondere durch das bisherige System mit Überhang- und Ausgleichsmandaten ist das Parlament in den vergangenen Legislaturperioden stetig sehr stark gewachsen. Diese Regelung galt als kompliziert und teilweise ungerecht, weshalb die Reform darauf abzielt, das Wahlsystem wieder einfacher und gerechter zu machen.
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Zudem verursacht ein so großer Bundestag erhebliche Mehrkosten, beispielsweise für Gehälter, Büros und die Verwaltung. 2024 waren etwa 250 Millionen Euro mehr für den Bundestag eingeplant als dies noch 2019 der Fall war. Die Reform soll die Abgeordnetenzahl wieder näher an die gesetzlich vorgesehene Größe bringen und somit Kosten reduzieren.
Mit der sehr großen Zahl an Volksvertretern stieg zuletzt auch der Abstimmungsaufwand, die Effektivität der parlamentarischen Arbeit hingegen sank. Durch weniger Abgeordneten sollen die Arbeit im Parlament übersichtlicher und effizienter sowie einzelne Entscheidungsprozesse künftig erleichtert und beschleunigt werden.
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Was sieht die aktuelle Wahlrechtsreform der früheren Ampelkoalition vor?
Die bis November 2024 regierende Ampel-Koalition hatte sich das Ziel gesetzt, die Zahl der Abgeordneten im Bundestag dauerhaft auf 630 festzulegen – und dies am 17. März 2023 mehrheitlich auch im Parlament beschlossen. Demnach soll jede Partei künftig nur noch so viele Sitze erhalten, wie ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. De facto soll also das Verhältniswahlrecht gestärkt werden.
Zweitstimmendeckung
Falls eine Partei über die Erststimmen mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis an Sitzen zustehen, sollen die Wahlkreissieger mit den schlechtesten Wahlergebnissen leer ausgehen (Zweitstimmendeckung). Konkret bedeutet das: Wer einen Wahlkreis für sich entscheidet, zieht nicht mehr automatisch in den Deutschen Bundestag ein. Durch die Streichung der Überhangmandate fallen zudem die Ausgleichsmandate weg.
Grundmandatsklausel
Die Reform sah auch den Wegfall der sogenannten Grundmandatsklausel vor. Durch diese werden bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten der Parteien auch Gruppierungen berücksichtigt, die zwar an der 5-Prozent-Hürde gescheitert sind, aber bundesweit mindestens drei Direktmandate gewonnen haben. Von dieser Sperrklausel befreit sollten nur noch Parteien nationaler Minderheiten sein – beispielsweise der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) als Vertretung der dänischen Minderheit und der friesischen Volksgruppe.
630 Sitze als Kompromiss
Ursprünglich wollte die Bundesregierung die Zahl der Abgeordneten durch die Reform auf 598 reduzieren – letztlich einigten sich SPD, GRÜNE und FDP aber auf 630 Sitze. So soll das Risiko, dass einzelne Wahlkreise durch keinen Abgeordneten mehr im Bundestag vertreten werden, verringert werden.
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Wahlrechtsreform: So urteilte das Bundesverfassungsgericht 2024
Gegen die 2023 beschlossene Wahlrechtsreform der Ex-Ampel klagten unter anderem die bayerische Staatsregierung, einige Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die CSU sowie DIE LINKE vor dem Bundesverfassungsgericht. Mit Erfolg: Ende Juli 2024 erklärte das höchste deutsche Gericht die Reform für teilweise verfassungswidrig.
So hielt das Bundesverfassungsgericht zwar den Umstand, dass unter dem neuen Wahlrecht nicht zwingend alle Direktkandidaten in den Bundestag einziehen, für vereinbar mit dem Grundgesetz. Eine Fünf-Prozent-Hürde ohne Ausnahmen, wie es sie durch den Wegfall der Grundmandatsklausel gegeben hätte, wurde jedoch im Sinne der Gefahr einer weiteren Zersplitterung des Parlaments als verfassungswidrig gekippt.
Grundmandatsklausel fällt nicht
Im Zuge dessen hat das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr angeordnet, dass die Grundmandatsklausel bis zu einer Neuregelung weiter gültig ist. Die vorgezogene Bundestagswahl im Februar 2025 findet also nach dem neuen Wahlrecht statt – aber mit weiter geltender Grundmandatsklausel.
Wahlrechtsreform: Was bedeutet sie konkret für den Bundestag?
Das System der personalisierten Verhältniswahl mit einer Erst- und einer Zweitstimme wird im Grundsatz beibehalten. Aber: Ausschlaggebend für die Zusammensetzung des Deutschen Bundestages ist zukünftig allein das Zweitstimmenergebnis der Parteien. Das bedeutet zugleich, dass Direktkandidaten nicht mehr automatisch in den Deutschen Bundestag einziehen – sondern nur dann, wenn ihr Mandat durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt ist.
Ausgleichs- und Überhangmandate hinfällig
So macht die Neuregelung bisherige Ausgleichs- und Überhangmandate ab der kommenden Wahl hinfällig. Nach der letzten Bundestagswahl 2021 kamen allein 138 Abgeordnete durch Ausgleichs- und Überhangmandate in den Deutschen Bundestag – mit dem neuen Wahlrecht wird die Zahl der Sitze auf 630 begrenzt.
Grundmandatsklausel bleibt bestehen
Diese besagt, dass eine Partei auch dann als Fraktion im Bundestag einzieht, wenn ihr Zweitstimmenergebnis unter der 5-Prozent-Hürde liegt, sie aber mindestens drei Direktmandate bei einer Wahl gewinnen konnte.
Wahlrechtsreform: Auswirkungen auf die Bundestagswahl 2025
Am 23. Februar ändert sich für Wählerinnen und Wähler grundsätzlich nichts. Der Stimmzettel beinhaltet weiterhin die Erst- und Zweitstimmenliste. Die Erststimme geht an die Direktkandidaten des jeweiligen Wahlkreises, die Zweitstimme an die Landesliste einer Partei.
Es gibt weiterhin 299 Wahlkreise bei der vorgezogenen Bundestagswahl. Die Änderung, dass Direktmandate, die nicht durch den Zweitstimmenanteil gedeckt sind, verfallen, erhöht allerdings tendenziell die Bedeutung der Zweitstimme und beeinflusst möglicherweise das taktische Wahlverhalten. Schon bei den bisherigen Bundestagswahlen haben viele Wähler ihre Stimme nicht unbedingt der Partei gegeben, die sie eigentlich bevorzugen. Stattdessen wählten sie eine andere Option, um ein bestimmtes Gesamtergebnis für mögliche Koalitionen zu beeinflussen. Dies könnte sich am 23. Februar noch verstärken – nicht nur bei der Briefwahl.
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