Das Schönste zum Schluss: Christina Ashtons Tanzwerkstatt glänzt mit ganz unterschiedlichen Programmen

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Gaben dem Märchen „Des Kaisers* neue Kleider“ einen neuen Drive: Kulturpreisträgerin Petra Lewi (M.) spielte formidabel die modebewusste Herrscherin. Die Kinder und Jugendlichen zeigten, dass Tanzschritte manchmal mehr erzählen als Worte. © Glexiner

Zwei Ballett-Inszenierungen an einem Wochenende präsentierte Christina Ashton den Freisingern. Die schönsten Szenen erlebte das Publikum zum Schluss.

Freising – Vom ersten fulminanten Auftritt der allerkleinsten Balletttänzerinnen bis zur Weltklasse-Performance der Profitänzerin: Mit einer riesigen Bandbreite hat Tanzlehrerin Christina Ashton für ein langes und doch kurzweiliges Ballett-Wochenende gesorgt. Jeder Moment war kurzweilig. Die schönsten Szenen erlebte das Publikum aber jeweils zum Schluss

Mit Tanz das Leben beschreiben: Diese Kunst beherrscht die Freisinger Tanz-Legende Christina Ashton seit Jahrzehnten. Auch heuer brachte sie ganz großes Kino auf die Bühne, und zwar mit zwei unterschiedlichen Veranstaltungen, die sich beide mit den Träumen rund um die Bewegung beschäftigten.

Szene aus „Des Kaisers* neue Kleider“, Christina Ashtons Tanzwerkstatt, April 2024
Gigantisches Schlussbild: 130 freudestrahlende Gesichter tummelten sich bei der Nachmittagsvorstellung am Ende auf der Bühne. © Gleixner

Während bei „Des Kaisers* neue Kleider“ vor allem die jüngsten Talente dem Märchen auf der Bühne der Luitpoldhalle einen neuen Drive gaben, durften bei den „Choreographien“ am Abend die Freisinger gleich zwei Ur-Aufführungen erleben. Der Abschluss-Act kam dabei an Weltniveau heran.

Vorstellungen sind ausverkauft – zu Recht

Das Märchen „Des Kaisers* neue Kleider“ von Hans Christian Andersen ist bekannt, allerdings wohl kaum in einer Version, die das Tanzen als charmante Ausformulierung der Geschichte in den Mittelpunkt rückt. Eine witzige Idee: Aus dem Kaiser wurde bei Ashton eine Kaiserin, die mit der Kulturpreisträgerin Petra Lewi formidabel besetzt war. Schnell wurde deutlich, mit wie viel Herzblut die jungen Tänzerinnen an das Märchen herangingen, von fragil bis wuchtig, immer punktgenau die Erzählung skizzierend und weiterträumend.

130 freudestrahlende Gesichter auf rappelvoller Bühne

Sie steht für überragendes Niveau: Christina Ashton sorgt seit Jahrzehnten in Freising für Ballettinszenierungen der Superklasse und kitzelt dabei mit der richtigen Mischung aus Strenge, Herzenswärme und Humor aus den kleinsten Tänzerinnen allergrößte Leistungen heraus. Was die Tanzlehrerin mit ihrem kleinen Organisations- und Choreografie-Team aber auch logistisch leistet, ist ebenfalls große Kunst.

Bei der Aufführung „Des Kaisers* neue Kleider“ standen am Samstag und Sonntag in rund 50 Minuten Spielzeit 130 Mädchen und ein Bub in knapp zehn Tanzgruppen auf der Bühne der Luitpoldhalle. „Die Gruppen müssen während der Aufführung in der richtigen Reihenfolge beinanderbleiben“, berichtet Christina Asthon dem FT. „Sonst funktioniert’s nicht.“ Das sehe dann hinter der Bühne ein wenig wie ein bunter Festzug aus, der da zum Einsatz bereit steht, ehe die einzelnen Gruppen peu à peu auf die Bühne geschickt werden. „Und alle, die mir helfen, sind Erzieherinnen oder Lehrerinnen, die im Umgang mit Kindern ebenfalls Erfahrung haben. Andernfalls wäre ich aufgeschmissen“, sagt Christina Ashton und lacht.

Am Ende, beim Verbeugen, passten dann alle gemeinsam gerade so auf die Bühne – vom Kindergartenkind bis zur Kulturpreisträgerin Petra Lewy – alle freudestrahlend, mit Glückstränen im Gesicht und Rosen in den Händen. Mittendrin in der großen Schar der kleinen Tänzerinnen: Christina Ashton.

Dabei wurde das Märchen vor allem durch Bewegung erzählt, mit viel Seele. Beeindruckend war zum Beispiel, wie klar die Erzählung ohne Worte dargestellt werden konnte, eben weil die Tanzschritte alles das erklären, was mit Sprache kaum möglich ist. Ob nun der Libellenflug, der Einzug der Reiterinnen oder die Blumenkinder, die um die Kaiserin tänzelten: Das, was auf der Bühne am Wochenende zu sehen war, war bildgewaltig und in der Gesamtschau äußerst berührend.

Szene aus „Des Kaisers* neue Kleider“, Christina Ashtons Tanzwerkstatt, April 2024
Tanz der Zofen: Insgesamt standen bei „Des Kaisers* neue Kleider“ knapp zehn verschiedene Ensembles auf der Bühne. © Gleixner

Der Auftritt der Mäuse, Katzen und Schlossgeister, Kobolde und Wichtel: schlichtweg brillant, auch weil die Choreografien derart punktgenau abgestimmt waren, dass es immer natürlich und ungekünstelt aussah. Ein Highlight: die Tänze der Schneiderinnen, die aus Luft ein neues Kleid für die Kaiserin nähten und mit großen und dennoch sehr zarten Bewegungen ein großes Zauberkunststück vorführten, bevor die Kaiserin das Unglück bemerkte und der Vorhang fiel.

Beide Vorstellungen des Märchens waren restlos ausverkauft – und die schönste Szene ereignete sich jeweils ganz zum Schluss. Unter tosendem Applaus durften die jungen Tanztalente nämlich noch einmal zum Verneigen ins Rampenlicht – die Bühne rappelvoll und die Gesichter der Kinder und Jugendlichen freudestrahlend. Kein Wunder: Unter der künstlerischen Gesamtleitung von Christina Asthon haben sie innerhalb von rund 50 Minuten die Zuschauerinnen und Zuschauer beseelt und äußerst glücklich gemacht.

Mutiges Meisterwerk sorgt für Gänsehaut

Ein weiterer großer Wurf gelang Christina Ashton mit der Abendveranstaltung „Choreographien“ am Samstag – die ebenfalls gänzlich ausverkauft war. Hier zeigte Asthon als künstlerische Gesamtleiterin einen facettenreichen Tanz-Querschnitt mit Schlaglichtern auf Ballett, Hip-Hop, Jazz und Contemporary. Lange erwartet war hier die Uraufführung des Werkes „Station No T12“, auf die Bühne gebracht von Jessica Hagl, choreografiert von Christina Ashtons Tochter Jula.

Szene aus „Choreografien“, Christina Ashton Tanzwerkstatt, April 2024
Facettenreicher Tanz-Querschnitt: Bei den „Choreographien“ boten die Tänzerinnen im Rahmen der Abendvorstellung in der Luitpoldhalle einen spannenden Mix aus Ballett, Hip-Hop, Jazz und Contemporary. © Gleixner

Unter den Klängen von VNDLZR & DISCOUZZA, zwei Köpfen aus der Freisinger Formation Forcoder, zeigte Hagl, wie Contemporary das Seelengefüge der Zuschauer zum Vibrieren bringen kann. Ihre Leistung: umwerfend und auf einem sehr hohen Niveau – eine Tänzerin, die auf den großen Bühnen einer jeden Metropole leichtfüßig bestehen würde.

Perfekt getimt und umhüllt von einer grandiosen Lichtshow öffnete Hagl Herz und Verstand, erzählte Story-Nuancen, die voller Interpretationsmöglichkeiten steckten und deshalb derart nah gingen, dass die Tänzerin mit ihrer Show die Zuschauer atemlos zurückließ.

Szene aus „Choreografien“, Christina Ashton Tanzwerkstatt, April 2024
Kraftvolles Statement auf Weltniveau: Jula Ashton setzte mit „Blick Glitter, Marshmallows and the End oft the World“ einen furiosen Schlusspunkt. © Bungartz

Ein weiterer großer Coup und ein Meisterwerk zugleich war dann aber auch die Abschlussnummer mit dem Titel „Blick Glitter, Marshmallows and the End oft the World“ – auf die Bühne gebracht von Jula Ashton, die mit Mathias Schwarz auch für die Choreografie zuständig war. Es war sicherlich keine leichte Kost und sorgte ab dem ersten Tanzschritt für Gänsehaut, denn Jula Ashton setzte sich mit dem aktuellen Weltgeschehen auseinander – gekonnt, innovativ und im Stil einer Arthouse-Produktion.

Die Künstlerin tauchte ein in Nebelschwaden, verschwand, taumelte heraus – hilflos und doch stark, im Flackerlicht getrieben von Krieg und Unruhe, von Krisen und dem nahenden Ende der Welt. So etwas hat Freising sicherlich noch nie gesehen. Ein mutiges Werk einer mutigen Frau, die damit ein kraftvolles Statement setzte: weiter das Licht suchen, obwohl die Dunkelheit längst den Raum eingenommen hat.

Für die Choreografien beider Veranstaltungen zuständig waren: Alina Al-Kadhi, Christina Ashton, Jula Ashton, Gabi Forster, Jessica Hagl und Matthias Schwarz als Gast-Choreograf.

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