Für den Ausweg aus Saskia-Esken-Dilemma der SPD bietet sich Top-Posten an
Was passiert mit Saskia Esken? Auch knapp zwei Tage nach dem Ende des Mitgliedervotums und der Zustimmung der SPD zum Koalitionsvertrag und wenige Tage vor der Kanzlerwahl ist diese Personalie noch nicht geklärt. Die Parteichefin der Sozialdemokraten hat weder öffentlich verkündet, dass sie in ein Kabinett von Friedrich Merz (CDU) einziehen will, noch hat sie ihren Verzicht erklärt. Und da ihr Co-Vorsitzender Lars Klingbeil mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Finanzminister wird, stellt sich die eben aufgeworfene Frage zwangsläufig.
SPD: Zoff zwischen Saskia Esken und Svenja Schulze
Klar ist, dass neben Klingbeil auch der amtierende Verteidigungsminister Boris Pistorius gesetzt ist. Die SPD darf darüber hinaus noch weitere fünf Ministerien besetzen. Offen sind unter anderem die Häuser Entwicklung und Umwelt. Eine Frau hat bereits beide Ministerien geführt: Svenja Schulze.
Unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war sie Chefin für Umwelt, unter Noch-Kanzler Olaf Scholz ist sie seit 2021 an der Spitze des Entwicklungshilfe-Ministeriums. Und genau zwischen dieser Svenja Schulze und der Parteichefin gibt es laut eines Berichtes der "Bild"-Zeitung einen erbitterten Zoff.
Esken und Schulze: Die zwei Versionen desselben Telefonats
Es gab offenbar ein Telefonat zwischen Esken und Schulze. Das zumindest wird laut des Berichts von beiden Lagern bestätigt. Laut der Schulze-Version, die sie selbst in der Partei herumerzählt haben soll, soll sich Esken bei ihr gemeldet und mitgeteilt haben, dass sie, Esken, selbst in der neuen schwarz-roten Regierung das Entwicklungshilfeministerium übernehmen werde.
Die Version von Saskia Esken sei anders, so die "Bild". Zwar habe es das Gespräch zwischen ihr und Schulze gegeben. Aber es sei nicht um die Zukunft von Esken gegangen, sondern nur um die Karrierepläne von Schulze. Sie habe als Parteichefin erfahren wollen, ob Schulze Ministerin in der neuen Regierung bleiben wolle und ob sie sich einen Wechsel zurück ins Umweltministerium vorstellen könne.
SPD-Mann sieht Argumente für beide Frauen
FOCUS online hat mit SPD-Bundestagskandidaten gesprochen, die zwar diesen Machtkampf zwischen den beiden Frauen nicht bestätigen können. Aber bis nicht öffentlich die Minister und Ministerinnen benannt sind und Schulze und Esken noch nicht ihren Verzicht erklärt, sind beide im Rennen.
Ein langjähriger Abgeordneter aus Schulzes Landesverband NRW sieht deshalb seine Partei in einem großen Dilemma. Für Schulze spreche, dass sie Erfahrung als Landes- und Bundesministerin habe, ihr Landesverband hinter ihr stehe und sie zwar in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend, aber zumindest nicht negativ oder gar polarisierend aufgefallen sei. All das kann man, das sieht auch der SPD-Mann so, über Esken nicht sagen.
Im Gegenteil. Esken hat keine Regierungserfahrung, ihr eigener Landesverband Baden-Württemberg stützt sie nicht und selbst in den eigenen Reihen gibt es seit Monaten Unmut über ihre öffentlichen Auftritte. Aber: Esken ist nun mal Vorsitzende, war maßgeblich am Sieg bei der Bundestagswahl 2021 beteiligt und hat die SPD in den vergangenen Jahren zusammengehalten. Sie hat durchaus ihre Truppen.
Klingbeil versprach Erneuerung
Ist es also nur noch eine Frage: Esken oder Schulze? Oder kommen doch beide zum Zug? Letzteres ist unwahrscheinlich, dafür gibt es auch andere aussichtsreiche Kandidaten und Kandidatinnen. Und die SPD muss das Versprechen einlösen, nach der krassen Wahlschlappe auch in der Regierung eine Erneuerung anzugehen. Wirklich frische Gesichter gilt es also zu benennen.
In einem Schreiben an die Fraktion versprach Klingbeil ganz aktuell, dass es eine "bestmögliche Teamaufstellung" geben solle, wie die ARD berichtet. Er wolle auf Erfahrung setzen, "aber auch auf neue Gesichter und sichtbare Schritte zu einem Generationswechsel in der SPD, wie wir ihn angekündigt haben".
Eskens mögliche Ausfahrt: Der Top-Job bei der Arbeitsagentur
Unstrittig ist, dass der "Bild"-Artikel über Esken und Schulze, von wem auch immer er lanciert wurde, beiden Frauen schadet. Und auch die SPD-Spitze, inklusive Klingbeil, sieht dabei nicht souverän aus. Das öffentliche Hickhack wird, davon geht auch der SPD-Mann aus NRW aus, noch einige Tage anhalten. Klingbeil hat versprochen, dass die Partei bis Montag ihre Kabinettsmannschaft benennt, am Tag danach ist Kanzlerwahl.
Man lehnt sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster mit der Annahme, dass Klingbeil irgendwie versuchen muss, entweder Esken oder Schulze oder gar beiden einen halbwegs Gesicht wahrenden Ausweg aufzuzeigen. Eine Möglichkeit in solchen Situationen sind gut bezahlte Positionen an der Spitze von wichtigen Behörden.
Die Arbeitsagentur würde sich dabei aufdrängen, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber denn mitmachen. An deren Spitze sitzt bislang eine Frau: Andrea Nahles, Ex-Vorsitzende und Ex-Ministerin der SPD. Der Kreis würde sich schließen.