Russischer Gouverneur will Kriegsgefangene der Ukraine „mit ihrem Blut büßen“ lassen

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Russland formiert Bataillone aus ukrainischen Kriegsgefangenen und setzt sie an der Front ein – wie ein von Moskau eingesetzter Politiker nun offen aussprach.

Melitopol – Russland hat in einigen Gebieten im Ukraine-Krieg zuletzt die Oberhand gewinnen können – wenn auch unter extrem hohen Verlusten. Zuletzt konnten Moskaus Truppen Awdijiwka erobern, eine Kleinstadt im Großraum Donezk. Dabei soll Russlands Militär auch zahlreiche ukrainische Verteidiger bei einem chaotischen Rückzug gefangen genommen haben.

Wie viele Ukrainer sich in russischer Kriegsgefangenschaft befinden, ist nicht genau bekannt. Offiziellen Angaben aus Kiew zufolge waren es im vergangenen November mehr als 5300 Soldatinnen und Soldaten und 763 Zivilpersonen. Das Innenministerium sprach zugleich von 15.000 vermissten Militärangehörigen und 11.000 Zivilpersonen. Auch der von Russland eingesetzte Gouverneur für die annektierte Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, nannte nun eine Zahl – und sagte öffentlich, dass man kein Interesse an einem Gefangenentausch habe.

Russland lässt ukrainische Kriegsgefangene an der Front kämpfen

In einem Video, das „Russian Media Monitor“ am Donnerstag (7. März) mitsamt Übersetzung auf Youtube teilte, ist Balizki am Rande einer nicht näher erwähnten Veranstaltung in einem Interview zu hören. „Wir haben mehr als 25.000 ukrainische Kriegsgefangene, die keine besondere medizinische Versorgung benötigen“, sagte er demnach. „Wir reden hier nicht von Verwundeten in Krankenhäusern“, sondern nur denjenigen, die gesondert festgehalten werden. Sie stellten laut Balizki ein Problem für Russland dar. Man wüsste nicht, was man mit ihnen tun soll. Also hätten sowohl Russlands Streitkräfte als auch die Regierung in Moskau beschlossen, ein Bataillon aus den Gefangenen zu formen, die dann auch die russische Staatsbürgerschaft annehmen. Ein erstes solches Bataillon stehe und kämpfe bereits „seit einiger Zeit“ an der Front in Donezk: das Bataillon Bohdan Chmelnyzkyj.

Darüber hinaus benutze man die Kriegsgefangenen, um militärische Einrichtungen zu bauen oder wiederherzustellen – „damit sie die neuen Regionen Mutter Russland wiederaufbauen, als Rache für das, was sie selbst zerstört haben (...) Sie büßen mit ihrem Blut.“

Weiter sagte Balizki, dass man nach Wegen für die „Assimilation“ der ukrainischen Gefangenen suche. In keinem Fall wolle man sie zurück an die Ukraine übergeben, weil „sie ihnen sonst wieder Waffen in die Hand geben“, sagte Balizki. „Sonst kämpfen oder sterben sie, was am wahrscheinlichsten ist, oder sie schaden uns. Wir haben keine Intention, sie zurückzubringen. Wir möchten sie gerne für militärische Zwecke nutzen, oder für zivile.“ Dafür würden sie die russische Staatsbürgerschaft erhalten.

Ukrainische Soldaten machen an der Front in der Region Donezk eine Pause: Viele Kämpfer Kiews sollen bei Awdijiwka von Russland gefangen genommen worden sein. © Hector Adolfo Quintanar Perez/Imago

Die Genfer Konvention besagt, dass Kriegsgefangene nicht zu einer Arbeit militärischer Art oder mit einer militärischen Bestimmung herangezogen werden dürfen. Es könnte sich also um ein Kriegsverbrechen handeln, die Gefangenen in den Kampf zu schicken. Auch wohl deshalb sagte Balizki: „Wir nennen sie Kriegsgefangene, aber sie haben eigentlich einen anderen Status. So heißen sie an der Front.“ Wobei es sich um diesen „anderen Status“ handelt, ließ er offen.

Berichte über „Schwarzmarkt“ für ukrainische Kriegsgefangene

Erst kürzlich hatte The Times berichtet, dass das russische Militär eine Art „Schwarzmarkt“ mit Kriegsgefangenen aus der Ukraine betreibe, was einen weiteren Verstoß gegen das Völkerrecht bedeuten würde. Zuvor hatte es Berichte gegeben, dass russische Soldaten ukrainische Kriegsgefangene töten.

Bei der bevorstehenden Russland-Wahl vom 15. bis zum 17. März, bei der sich Wladimir Putin als Präsident wiederwählen lassen möchte, soll auch in den russisch annektierten Gebieten in der Ukraine die Stimmabgabe möglich sein. Seit Monaten schon werden in einem Prozess der „Russifizierung“ Russinnen und Russen in der Ukraine angesiedelt. Dabei bietet Putin den Ukrainern auch russische Pässe an. (lrg)

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