Bauern steigern Einkommen enorm – doch schlagen bei Özdemir wieder Alarm
Cem Özdemir bescheinigt den Landwirten wachsende Einkommen. Die Bauern dagegen schlagen Alarm. Vor allem bei einer Förderung gibt es Engpässe.
Berlin – Nach bundesweiten Protesten hatte sich die Situation bei den Landwirten zuletzt beruhigt. Vonseiten der Bundesregierung kommen optimistische Töne – die letzten zwei Jahre seien für Bauern durchaus erfolgreich gewesen. Vonseiten der Landwirte kommen trotzdem warnende Worte.
Rekordgewinne bei den Landwirten – Özdemir will nachhaltige Verbesserungen
„Harte Arbeit verdient einen guten Lohn“, brachte es Cem Özdemir (Grüne), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, auf den Punkt. Einer aktuellen Hochrechnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zufolge soll sich die Gewinn- und Erwerbssituation der deutschen Landwirte im Wirtschaftsjahr 2022/2023 „deutlich verbessert“ haben. Das durchschnittliche Einkommen pro Arbeitskraft in den Haupterwerbsbetrieben stieg gegenüber dem Vorjahr um 32 Prozent auf etwa 61.000 Euro an. Beim durchschnittlichen Gewinn stand gar ein Plus von 39 Prozent auf dem Papier (auf 113.900 Euro). Das vergangene Wirtschaftsjahr sei das „mit Abstand erfolgreichste“ der vergangenen zehn Jahre gewesen.

„Dass viele Höfe nun schon zum zweiten Mal starke Betriebsergebnisse einfahren konnten, ist eine gute Nachricht“, teilte Özdemir am 21. Mai mit. „Wir dürfen uns aber nicht in falscher Sicherheit wiegen, sondern müssen jetzt erst recht anpacken.“ Seit Legislaturbeginn arbeite die Regierung daran, dass sich die Bedingungen für die Landwirtschaft „nachhaltig und langfristig“ verbessern.
Özdemir pries unter anderem die Maßnahmen der Bundesregierung in Reaktion auf den Ukraine-Krieg. Sie habe den Betrieben „schnell und entschlossen geholfen, ohne komplizierte bürokratische Verfahren“. In diesem Geist müsse es weitergehen. Bauern würden in Generationen denken, nicht in Legislaturperioden – daher sei es falsch, Dinge wie den Klimawandel auszublenden.
Enorme Schwankungen drohen – Bauernverband warnt vor fehlenden Zukunftsperspektiven
Die Landwirte wiederum schlagen Alarm. Mit derartigen Ergebnissen sei im neuen Jahr nicht mehr zu rechnen. „Unsere Betriebe sind wieder in ein wirtschaftlich schwierigeres Fahrwasser geraten“, zitierte die Deutsche Presseagentur dazu den Bauernpräsidenten Joachim Rukwied. Für das aktuell laufende Geschäftsjahr – das noch bis Ende Juni 2024 läuft – würde ein Gewinneinbruch zwischen 30 und 50 Prozent auf die Bauern zukommen, verglichen mit dem Vorjahr.
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Nach eigenen Daten hatte der Bauernverband einen durchschnittlichen Gewinn von rund 115.400 Euro ermittelt. Von diesen müssten Bauern jedoch noch Investitionen bezahlen, außerdem müssten Höfe mit enormen Schwankungen rechnen. Als Gründe hierfür listete der Verband das Wetter und die maßgeblich von internationalen Märkten bestimmte Preisentwicklung auf.
Ende April hatte der Deutsche Bauernverband außerdem das „Rentenbank-Agrarbarometer“ vorgestellt, das ebenfalls eine verschlechterte Einschätzung der wirtschaftlichen Lage in der Landwirtschaft sowie eine verringerte Investitionsbereitschaft aufzeigte. „Die Mehrheit der Landwirte sieht in der Agrarpolitik der Bundesregierung einen der zentralen Gründe für die geringe Investitionsbereitschaft und die fehlenden Zukunftsperspektiven“, sagte Rukwied dazu. Dies müsse ein Weckruf sein – der Bauernpräsident forderte ein Entlastungspaket für die Landwirte, das „diesen Namen auch verdient“.
Abstriche bei GAP-Förderung – Protest aus der Landwirtschaft
Für die Bauern ist derzeit vor allem die „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) ein Streitthema. Seit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verfolgt diese das Ziel, die Versorgung mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten und das Einkommen der Landwirte sicherzustellen. In den Mitgliedsländern ersetzt die GAP zunehmend die nationalen Agrarfördermaßnahmen.
Das Problem der Landwirte dabei: Die Förderung durch die GAP ist keineswegs gewährleistet. Daher hatte der Deutsche Bauernverband (DBV) die Sonderagrarministerkonferenz von Bund und Ländern, die am 22. Mai stattfinden soll, zum Anlass genommen, um eine weitere Kürzung des Budgets zu verhindern. Diese Absenkung des Budgets „der politisch bereits auf rund 2,6 Milliarden Euro ist nicht akzeptabel“, schrieb der Verband dazu. Unter anderem hätten die Bauern mit den völlig unzureichenden Erzeugerpreisen bei Marktfrüchten zu kämpfen.
Der Verband forderte, dass das jährlich zur Verfügung stehende Budget voll ausgeschöpft werden müsse. „Und zwar über deutlich mehr Attraktivität der bestehenden Maßnahmen bei den Ökoregelungen durch eine wirksame Korrektur der zum Teil praxisuntauglichen Anforderungen und eine profitable Verbesserung der bislang unzureichenden Prämienhöhen.“
Zu Jahresbeginn hatten die Bauern mit bundesweiten Protesten reagiert, als klar wurde, dass die Ampel-Koalition die Agrardiesel-Vergünstigungen streichen wollte. Am Ende hatte sie dafür andere Entlastungen zugesichert, zum Beispiel einen Abbau von Bürokratie oder neue Steuerregelungen.
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