Bundestagswahl 2025: Acht Kandidaten aus dem Wahlkreis Erding-Ebersberg auf Tuchfühlung ohne Ellenbogen

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Aufgereiht wie beim Letzten Abendmahl: das Podium mit Wolfgang Reiter (ÖDP), Martin Hagen (FDP), Marco Mohr (SPD), Jakob Hetkämper (Volt), Moderatorin Johanna Feckl, Christoph Lochmüller (Grüne), Andreas Lenz (CSU), Tobias Boegelein (Linke), Bernhard Winter (parteilos). © Johannes Dziemballa

Acht Bundestagskandidaten des Wahlkreises 212 Erding-Ebersberg treffen auf der Bühne aufeinander. Die Diskussion bleibt manierlich, aber die parteipolitischen Unterschiede werden deutlich. Einigkeit herrscht in der Abgrenzung nach rechts.

Mit angezogenen Ellenbogen sitzen acht Bundestagskandidaten des Wahlkreises 212 Erding-Ebersberg auf der Bühne des Theatervereins Markt Schwaben. Diese Grundhaltung, der Enge des vor Bewerbern schier überquellenden Podiums geschuldet, ließ sich auf die Stimmung übertragen: Grobe verbale Schubser blieben am Sonntagabend weitgehend aus – dennoch gelang dem Oktett parteipolitische Abgrenzung untereinander, zumindest streckenweise.

Die Podiumsdiskussion, zu der das „Netzwerk Demokratie Ebersberg-Erding“ geladen hatte, stieß auf großes Interesse: Rund 250 Besucher saßen im Saal, dazu verfolgten rund 130 den Youtube-Livestream. Die Aufzeichnung belasse man nicht zur frei verfügbaren Nachschau im Netz, hieß es von den Veranstaltern auf EZ-Anfrage im Nachgang. Dies sei weder geplant noch mit den Kandidaten vereinbart gewesen.

Einige Male brandete an dem Abend im Saal Gemurmel oder Zwischenapplaus auf, etwa beim Vorschlag des Linken-Kandidaten Tobias Boegelein (42, Bruck): Man könne den Energiebedarf von Spitzenverbrauchern übergangsweise mit einem kleinen Atomreaktor überbrücken, ohne ganz zur Kernkraft zurückzugehen.

Viel Fairness und ein scharfer Angriff

Der parteiunabhängige Kandidat Bernhard Winter (71), Markt Schwabener Altbürgermeister, erntete Zwischenapplaus für seine Forderung „Windräder ja, aber nicht im Wald“ – und fing sich postwendend die schärfste Verbalwatsche des Abends vonseiten der Minipartei „Volt“ ein. Jakob Hetkämper (43, Pastetten) wetterte über Winters Widerstand gegen das Ergebnis des Windkraft-Bürgerentscheids zum Ebersberger Forst: „Eine Schande!“

Mietendeckel forderte Boegelein (Linke) zum Unmut von Lenz (CSU, li.), die dafür abseits des Mikros zu Energie ratschten.
Mietendeckel forderte Boegelein (Linke) zum Unmut von Lenz (CSU, li.), die dafür abseits des Mikros zu Energie ratschten. © Johannes Dziemballa

Im Sinne des Politiker-Grundsatzes „vielen Dank für Ihre Frage, ich beantworte eine andere“ nutzte mancher Kandidat seine ersten Sätze für Grundsätzliches. Nach finanzieller Entlastung der Kommunen gefragt, sprach etwa Grünen-Kandidat und Unternehmer Christoph Lochmüller (57, Hohenlinden) über den Fachkräftemangel. ÖDP-Bewerber Wolfgang Reiter (60, Erding), seines Zeichens Apotheker, gelang sogar ein Schwenk zur Arzneimittelindustrie.

Kleine punkten gegen die Profis

Das brachte Farbe in die Diskussion, der es dennoch guttat, dass SZ-Journalistin Johanna Feckl als Moderatorin fortan auf mehr Themendisziplin bestand. Manche punkteten trotzdem abseits des Fragenkatalogs zu Wirtschaft, Energie und Umwelt, Soziales und Migration sowie Verkehr und Wohnen. Gerade die kleineren Parteien taten sich leichter mit Vorschlägen zum Geldausgeben, von Abbau der Schuldenbremse (Linke) über eine kommunale Pflicht zur Stromerzeugung (Volt) oder etwas wohlfeilen Sätzen wie „Alle Menschen sind wie ich.“ (Winter) und „Wir sind die Partei der Bürgerbeteiligung!“ (ÖDP).

Eher höflich wirkte der Applaus gegenüber den Politprofis in der Runde. CSU-Mandatsverteidiger Andreas Lenz (43, Frauenneuharting) punktete beim Publikum nicht übermäßig mit seiner Forderung zur Eindämmung irregulärer Migration und der Abschaffung des Bürgergelds sowie mit dem Bekenntnis „Autos müssen bezahlbar bleiben.“ FDP-Bayernchef Martin Hagen (43, Vaterstetten) trotzte dem Raumklima mit einer Verteidigung vermieterfreundlicher Gesetzgebung sowie der Kernenergie („Mehr Realismus!“).

An Pinnwänden konnten Besucher Fragen einreichen. Für die meisten davon wurde am Ende die Zeit zu knapp.
An Pinnwänden konnten Besucher Fragen einreichen. Für die meisten davon wurde am Ende die Zeit zu knapp. © Josef Ametsbichler

SPD-Kandidat Marco Mohr (40, Ebersberg) scheint sich nach einem eher holprigen Wahlkampfstart eingegroovt zu haben und blieb dem Saal mit der kürzesten Antwort des Abends in Erinnerung, als er auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines S-Bahn-Ringschlusses sagte: „Ja!“ Eine Meinung, die auch die anderen sieben teilten, nur wortreicher, was der Frage Länge ohne Erkenntnisgewinn verlieh. Eingereicht worden war sie aus dem Zuschauerkreis, der sich zwar nicht per Mikrofon, aber über Karteikarten an Stellwänden beteiligen konnte.

Gemeinsame Grenze nach rechts

Ebenfalls Mohr warf mit Bedauern auf, dass dem Kandidatenkreis mehr Frauen gutgetan hätten. AfD-Kandidatin Manuela Schulz (63, Dorfen) lauschte aus dem Zuschauerraum, gemeinsam mit dem wegen Volksverhetzung vorbestraften Finsinger AfD-Funktionär Peter Junker. Das Veranstalterbündnis aus mehreren regionalen Initiativen gegen rechts hatte sie nicht aufs Podium eingeladen. Auf dem Heimweg fanden zahlreiche Autoparker dafür Visitenkarten des AfD-Kreisverbands unterm Scheibenwischer.

Bürgerbeteiligung war das Schlagwort von ÖDP-Mann Reiter (li.), beobachtet von FDP-Chef Hagen.
Bürgerbeteiligung war das Schlagwort von ÖDP-Mann Reiter (li.), beobachtet von FDP-Chef Hagen. © Johannes Dziemballa

Dass jede Frage von jedem Kandidaten beantwortet wurde, zog nach sich, dass nur vier Zuschaueranliegen behandelt werden konnten. Am ergiebigsten erwies sich das Thema „künftiger Schutz der Demokratie“. Die Antworten einte eine Abgrenzung gegen rechts. Digital-Spezialist Boegelein (Linke) sagte dem Radikalismus im Netz den Kampf an. Lochmüller („Demokratie ist so großartig!“) warb wie Winter für mehr Dialog. ÖDP-Mann Reiter für mehr Bürgerbeteiligung, „positiv und immer für etwas“, Mohr von der SPD für mehr soziale Sicherheit. Volt-Vertreter Hetkämper plädierte dafür, Politik müsse proeuropäisch und bürgerverständlich sein. Lenz und Hagen betonten recht einhellig, die demokratische Mitte müsse zeigen, dass sie die Probleme im Land lösen könne und, so Lenz, „in der Sache die besseren Argumente haben“.

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