Saftkuren sind nicht nur sinnlos, sondern können auch Entzündungen fördern

Gewichtsabnahme, Entgiftung und Verdauungshilfe – Saftkuren versprechen allerlei gesundheitliche Vorteile. Dafür müssen sich die Entbehrungsbereiten allerdings mächtig durchbeißen oder eher durchtrinken; drei bis sieben Tage dürfen sie sich nur von selbstgemachten oder gekauften Frucht- und Gemüsesäften ernähren.

Wissenschaftliche Belege dafür, dass Saftkuren etwas bringen, gibt es allerdings nicht. So bezweifeln Experten die propagierte Entschlackungswirkung. "Eine Reinigung des Körpers von Schadstoffen ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht nötig", schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf ihrer Webseite. Demnach kann sich ein gesunder menschlicher Körper selbst reinigen. 

Außerdem sehen die Experten der DGE den schnellen Gewichtsverlust bei solchen Detox-Kuren kritisch, da bei diesen insbesondere Wasser und kein Fett abgebaut werden – die Gefahr des Jojo-Effekts ist daher hoch.

Sinnhaftigkeit von Saftkuren ist umstritten

Darüber hinaus können Saftkuren der Gesundheit wohl sogar schaden – und das schon innerhalb von drei Tagen. Das ergab eine neue Mini-Studie von US-amerikanischen und italienischen Forschenden, die im Fachmagazin "MDPI Nutrients" veröffentlicht wurde.

In deren Zuge untersuchte das Team drei Wochen lang 14 Probanden, die im Schnitt 23 Jahre alt waren. Zu Beginn befolgten alle Studienteilnehmer für drei Tage eine Eliminationsdiät, das heißt, sie aßen frisches Obst und Gemüse, glutenfreies Vollkorn sowie Eier und tranken acht Gläser Wasser täglich. 

Zudem verzichteten sie auf Koffein, Alkohol, Zucker, verarbeitete Lebensmittel, Molkereiprodukte und rotes Fleisch.

Nach diesen drei Tagen unterteilten die Forschenden die Probanden in drei Gruppen, die drei Tage lang jeweils eine Interventionsdiät einhielten.

  • Gruppe 1 (bestehend aus zwei Männern und drei Frauen) machte eine Saftkur und nahm 800 bis 900 Kalorien bestehend aus kaltgepresstem Frucht- und Gemüsesaft zu sich.
  • Gruppe 2 (zwei Männer, zwei Frauen) machte eine normale Diät ohne Kalorienrestriktion und mit kaltgepressten Säften.
  • Gruppe 3 (drei Männer, zwei Frauen) folgte einer vegetarischen Diät mit Vollwertkost und einer beschränkten Kalorienzufuhr von 800 bis 900 Kalorien.

Anschließend folgte eine Wiedereinführungsdiät, ehe die Studienteilnehmer zu ihrer normalen Ernährungsweise zurückkehrten.

Zu Beginn der Untersuchung, nach der Eliminations- und Interventionsdiät sowie zwei Wochen nahmen die Forscher Speichel- und Fäkalproben sowie Wangenabstriche von den Probanden. Daraus extrahierten sie die DNA, um die Bakterien zu identifizieren.

Saftkur veränderte das Speichelmikrobiom

Die Ergebnisse: Bei den Probanden aus Gruppe 1, die eine Saftkur gemacht hatte, zeigten sich signifikante Veränderungen im Speichelmikrobiom. Demnach zeigte sich ein Anstieg von Proteobakterien, die in höherer Menge zu Entzündungen führen können, auch im Darm. Gleichzeitig nahm die Anzahl der Bakterien Firmicuten zu, die beim Abbau von Ballaststoffen helfen.

Nach den anderen beiden Diäten sowie nach der Eliminationsdiät hingegen zeigten die Probanden nur wenige Veränderungen im Darm- und Speichelmikrobiom. Zu signifikanten Veränderungen des Darmmikrobioms führte derweil keine der drei Interventionsdiäten. Außerdem hatten sich die Mikrobiome der meisten Probanden zwei Wochen nach Abschluss der Studie wieder erholt. 

Die Wissenschaftler schlussfolgern in ihrer Studie, dass die Veränderungen des Mikrobioms negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können. 

So wurden die Bakterien, die als Reaktion auf die Saftkur und die Saft- plus Lebensmitteldiät in relativer Häufigkeit anstiegen, "als mögliche kritische Risikofaktoren identifiziert, da sie an der Zunahme von Entzündungsmarkern, Darmkrebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Zahnfleischentzündungen und Parodontalerkrankungen beteiligt sind", schreibt das Team um Maria Luisa Savo Sardaro. 

Einschränkungen der Studie

Die nicht an der Studie beteiligte Ernährungswissenschaftlerin Megan Mehnert empfiehlt allerdings, die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen. "Es ist schwierig, aussagekräftige Schlussfolgerungen aus der Studie zu ziehen. Wie die Forscher schreiben, ist die Probandengröße klein, der Studienzeitraum kurz und die Probandengruppe nicht repräsentativ", sagt sie zum Gesundheitsportal "Medical News Today".

Von Saftkuren als schnellen Gesundheitskick rät aber auch sie ab. "Es gibt allgemein keine Schnelllösung, die die Gesundheit verbessert und bei den meisten von uns entgiften die Leber sowie die Nieren unseren Körper gut", sagte Mehnert. 

Frucht- und Gemüsesäfte könnten Teil einer gesunden und ausgewogenen Diät sein, sobald ihr Verzehr nicht 150 Milliliter am Tag überschreitet. Schließlich sind Säfte sehr zuckerhaltig.

Für Personen mit Essstörungen könnten Saftkuren tatsächlich schädlich sein, da "eine Diät, die nicht den Bedarf an Energie deckt [und] arm an Proteinen, Kohlenhydraten, Ballaststoffen, Fett und Milchprodukten ist, weiter die Gesundheit beeinträchtigen und die Angst vor Essen erhöhen kann."

Ernährungswissenschaftlerin: Darauf kommt es bei gesunder Ernährung an

Der Schlüssel einer gesunden Ernährung liege der Expertin zufolge darin, ausgewogene Mahlzeiten und Snacks über den Tag verteilt zu sich zu nehmen, die verschiedene Lebensmittel aus allen Lebensmittelgruppen enthalten. "Jede Art von restriktiver Diät (auch kalorienarme Diäten) kann es uns erschweren, das richtige Gleichgewicht an Nährstoffen zu finden, um uns gesund zu halten", so Mehnert.