Weil er sich von einem Bekannten hintergangen fühlte, wollte ein ehemaliges Mitglied der „Hells Angels“ dessen Haus in Pliening anzünden. Nun musste sich der Münchner vor Gericht verantworten.
Pliening – Es sollte ein gemütlicher Abend vor dem Fernseher werden, als ein Ehepaar aus Pliening plötzlich Flammen in seinem Hof schlagen sieht. Strumpfsockig stürmen die Rentner nach draußen, schnappen sich Eimer und Gießkanne und versuchen den Brand am Gartenhaus zu löschen. Mit Erfolg. Einsatzkräfte können den angesengten Holzbrettern nur noch beim Abkühlen zusehen. Neben dem verkokelten Geruch steigt den Polizisten jedoch auch ein scharfer Duft in die Nase. Vor der rußigen Laube entdecken sie schließlich einen Kanister – und eine Benzinspur, die zum Mehrfamilienhaus führt.
Wohnhaus mit Benzin begossen: Münchner legt Lunte bis zum Gartenhaus
„Man mag sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn Ihr Plan aufgegangen wäre“, sagt Richter Frank Gellhaus im Sitzungssaal des Ebersberger Amtsgerichtes in Richtung der Anklagebank. Dort lehnt der Brandstifter – ein 56-jähriger Mann aus München – mit verschränkten Armen im Sitzpolster. Mit dieser Haltung verfolgt er jetzt, fast zwei Jahre nach dem Brand, den Prozess, in dem nicht nur Verkettungen ins Rockermilieu aufkommen. Auch ein schon verhandelter Vorfall spielt eine Rolle.
Doch von Beginn: Weil dem Angeklagten der Führerschein entzogen wird, wendet er sich 2022 an einen Bekannten aus Pliening. Der Staatsanwältin zufolge kennen sich die Männer aus Zeiten, in denen sie im Rockermilieu der „Hells Angels“ verkehrten.
Angeklagter (56) fühlt sich betrogen und legt feurigen Denkzettel
Inzwischen betreibt der Plieninger eine Beratungsstelle für medizinisch-psychologische Gutachten (MPU). Ein solches soll er dem 56-Jährigen beschaffen, damit dieser seinen Schein wiederbekommt. Für den Dienst zahlt der Münchner laut Anklage auch eine Summe von 2000 Euro. Doch das Schreiben bleibt aus. Der Angeklagte beschließt daher, dem Plieninger einen Denkzettel zu verpassen.
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So überzieht er an jenem Abend Fenster, Garagentor und Haustüre des Hauses, in dem sein Bekannter zusammen mit zwei Familien lebt, mit Benzin. „Es hat bestialisch gestunken“, berichtet später ein Polizist. Dann legt er eine Lunte zum Gartenhaus, zündet dieses an und haut ab. Bei seiner Flucht macht der Mann jedoch einen Fehler: Er vergisst den Benzinkanister am Tatort. Auf dem können später DNA-Spuren gesichert werden.
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Brandstifter (56) bestreitet Vorwürfe vor Gericht
Trotz der erdrückenden Beweislast bestreitet der Angeklagte vor Gericht die Vorwürfe. Über seinen Verteidiger erklärt er, weder das Feuer gelegt, noch Geld für das MPU-Gutachten bezahlt zu haben. Die Fingerabdrücke an dem Kanister würden von Festen aus Rocker-Zeiten stammen. Selbst äußern will sich der Münchner nicht. Ebenso wenig Auskunft gibt der Mann, dem der Anschlag offensichtlich galt. Der Plieninger sitzt bereits in Haft.
Die ausschlaggebenden Beweise liefert aber – ohne es zu wissen – die Ehefrau des Angeklagten. Bei einer Telefonüberwachung können Beamte mithören, wie sie mehreren Freunden von der Brandstiftung erzählt. Während die aufgezeichneten Gespräche durch den Sitzungssaal hallen, schlägt der Münchner die Hände über seinem Kopf zusammen. Das entgeht dem Richter nicht. Er legt ihm daraufhin nahe, mit der Wahrheit herauszurücken. Nach kurzer Bedenkzeit gesteht der Lagerist dann, zumindest das Gartenhaus angezündet zu haben. „Er wollte niemanden verletzen“, betont sein Anwalt. Das sieht auch das Gericht so.
Kurze Zündschnur: Mann verliert wohl schnell die Beherrschung
Als Zündelei wollen Richter und Staatsanwältin den Vorfall aber nicht abtun. Schließlich habe sich schon vor dem Brand gezeigt, dass der Münchner eine sehr kurze Zündschnur hat, so die Anklagevertreterin. Sie deutet damit auf einen Vorfall im Jahr 2021 hin.
Damals steckte der Mann mit dem Auto in einer Baustelle fest, woraufhin er einen Arbeiter mit einer Waffe bedrohte. Seinen Führerschein musste er deshalb abgeben. Im Urteil kritisiert der Richter das Verhalten des Angeklagten. „Sie kennen keine Grenzen.“ Er verurteilt den Mann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten.