Versicherungsbetrug oder falsche Anschuldigung: Wer hat den Supermarkt angezündet?

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Komplett zerstört hat der Brand im Januar 2022 den türkischen Supermarkt und das Wohn- und Geschäftshaus am Marktplatz in Markt Schwaben. Der Ladeninhaber und ein Mitarbeiter stehen vor Gericht. © Thomas Gaulke

Im Prozess um schwere Brandstiftung in einem türkischen Supermarkt in Markt Schwaben hat der angeklagte Inhaber die Vorwürfe gegen ihn bestritten – und alles auf seinen ebenfalls angeklagten Mitarbeiter geschoben.

Markt Schwaben – Er selbst sei „unschuldig“ und „vielmehr Geschädigter dieser Tat“, sagten Anwälte des wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes angeklagten 37-jährigen ehemaligen Ladenbesitzers am Mittwoch, 16. Oktober, in einer zu Prozessbeginn vor dem Landgericht München II verlesenen, sehr langen Verteidiger-Erklärung. 

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden angeklagten Männern vor, den Laden in Brand gesetzt zu haben, um die Versicherungssumme zu kassieren. Der Supermarkt soll überschuldet gewesen sein, der Inhaber gehofft haben, mit der Summe zumindest einen großen Teil seiner Verbindlichkeiten begleichen zu können. Dazu soll er seinen Mitarbeiter und engen Freund als Komplizen engagiert haben. Dieser soll für die Brandlegung drei Benzinkanister und lange Streichhölzer gekauft haben. 

Zwei Millionen Euro Schaden

Der Brand hatte im Januar 2022 einen Schaden von rund zwei Millionen Euro verursacht (wir berichteten). Weil sich zu dem Zeitpunkt Menschen in darüberliegenden Wohnungen befanden, lauten die Vorwürfe nicht nur auf schwere Brandstiftung, sondern auch auf versuchten Mord in vier Fällen. 

Der 37 Jahre alte, türkische Inhaber ließ die Vorwürfe über seine Anwälte zurückweisen. Sein Mitarbeiter habe nur angegeben, von ihm angestiftet worden zu sein, um von seiner eigenen Schuld abzulenken. Der Mann sei unglaubwürdig und verbreite Lügen und „abstruse Geschichten“, sagten die Verteidiger. Er wolle „zu Unrecht Unschuldige belasten, um seine eigene Haut zu retten“. 

Der Inhaber habe kein Interesse daran gehabt, seinen Laden abbrennen zu sehen, weil die Versicherungssumme mit 150 000 Euro viel zu gering gewesen sei. Sein Mitarbeiter habe aber ein Motiv gehabt, sagten die Verteidiger. Sie sehen es im „Hass auf den Supermarkt und seine Tätigkeit darin“, auf einen „Supermarkt, der sinnbildlich für sein einfaches Dasein als Kassierer stand“. 

Motiv? – „Hass auf den Supermarkt“

Der iranische Mitarbeiter sagte zu den Vorwürfen gegen ihn zunächst nichts, würdigte seinen früheren Chef und Freund keines Blickes, schaute aber oft ungläubig und schüttelte den Kopf. Das Gericht hat sieben Verhandlungstage für den Prozess angesetzt, das Urteil könnte demnach am 21. November fallen.

Ein Angeklagter unterhält sich im Verhandlungssaal mit seinen Anwälten Martin Scharr (l.) und Jan Caba. Mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Feuer in einem Supermarkt in Markt Schwaben begann am Mittwoch am Landgericht München II der Prozess gegen den Betreiber und einen Mitarbeiter.
Ein Angeklagter unterhält sich im Verhandlungssaal mit seinen Anwälten Martin Scharr (l.) und Jan Caba. Mehr als zweieinhalb Jahre nach dem Feuer in einem Supermarkt in Markt Schwaben begann am Mittwoch am Landgericht München II der Prozess gegen den Betreiber und einen Mitarbeiter. © Peter Kneffel

Kurz nach dem Brand gab der Supermarkt-Inhaber der Ebersberger Zeitung ein verzweifeltes Interview: „Das war mein Baby, meine Existenz!“ Als er später als Beschuldigter bezeichnet wird, schien er aus allen Wolken zu fallen. Ein halbes Jahr nach dem Brand besucht er die Redaktion, äußert sich erneut zum Geschehen. Er sei es nicht gewesen, er habe nichts davon, weil die Versicherungssumme lächerlich sei, habe Privatinsolvenz anmelden müssen, sei hoch verschuldet. „Alles, was ich habe, habe ich in den Laden gesteckt“, sagt er damals.

In Markt Schwaben hatte die Brandstiftung nicht nur eine bauliche Wunde im Ortszentrum hinterlassen. Viele Kunden des Angeklagten, der als beliebter Geschäftsmann im Ort galt, reagierten geschockt, mochten die Vorwürfe kaum glauben. Sogar ein Spendenkonto für den Ladenbesitzer war spontan eingerichtet worden.

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