Konflikte um Landwirtschaftspolitik: Kreisobmann fordert Umdenken
Kreisobmann Josef Huber fordert im Interview ein Umdenken - allerdings nicht nur der Ampel-Regierung. Künftig will er auf Dialog setzen.
Landkreis – Knapp eineinhalb Wochen nach dem Start der Proteste scheinen die Fronten verhärtet. Die Politik bewegt sich nur langsam auf die Forderungen der Bauern zu, während Widerstandsgruppen auch abseits der Landwirtschaft über die Regierung zürnen. Kreisobmann Josef Huber (54) beobachtet diese Entwicklungen mit Sorge. Es brauche zwar ein Umdenken bei den Ausgaben, fordert der Vertreter des Bayerischen Bauernverbands (BBV). Doch mit dieser Herausforderung hätten alle Parteien zu kämpfen – nicht nur die Ampel-Koalition.

Herr Huber, wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Erfolg der Proteste?
Josef Huber: Zufrieden kann man mit dieser Situation nicht sein. Ich hätte mir erwartet, dass die Politik mehr sieht, worum es insgesamt geht. Das ist nicht der Agrardiesel und auch nicht die Steuer. Es ist ein Umdenken mit den Ausgaben. Ja – alle müssen sich an den Einnahmen beteiligen. Aber wir sollten nicht schauen, wo wir mehr Geld reinbringen, sondern wo wir weniger ausgeben können. An Subventionen zu sparen, hilft dabei nicht. Sie wurden geschaffen, damit Essen für alle bezahlbar bleibt – gerade für diejenigen, die nicht so viel Geld haben.
Die Regierung versucht sich an Kompromissen.
Huber: Sie ist darin auf das Problem nicht wirklich eingegangen. Ist ein Tierwohl-Cent ein Erfolg? Nein – weil der Ackerbau davon nichts hat. Die Politik pickt sich einen raus, versucht ihn zufrieden zu stellen und der Rest bleibt in der Luft hängen. Das ist keine lösungsorientierte Regierungsarbeit, sondern Spaltung. Wir hatten mit unseren Aktionen einen enormen Aufwand und viel Zeit investiert, man hatte erwartet die Politik hätte es jetzt verstanden. Dem ist nicht so.
Klare Forderungen für die Agrarpolitik
Die Ampel will am Donnerstag einen neuen Plan für Entlastungen vorlegen. Was sollte drinstehen?
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Huber: Erst müsste das vom Tisch, was neu aufgelegt wurde. Die Staffelung beim Agrardiesel würde so sehr spalten, dass es gar nicht anders geht, als das wieder zurückzunehmen. Dann muss man schauen, wie’s weitergeht. In der Agrarpolitik hapert es schon lange. Wir haben seit dem Bienenvolksbegehren viel geschluckt, waren immer zäh und ausdauernd. Aber jetzt ist es zu viel geworden.
Wie geht es weiter, wenn die Politik nicht einlenken will?
Huber: Wir können nicht ewig Traktor fahren und auch nicht ewig Feuer machen. In der Kreisvorstandschaft überlegen wir uns gerade, wie es danach weitergehen kann. Klar ist, dass wir auf Dialog setzen werden. Wir wollen die Zusammenhänge darstellen und auf unsere Bundestagsabgeordneten einwirken – vor allem auf Karl Bär. Das ist mein Weg. Ich weiß aber, dass andere nicht mehr still halten können. Die Politik und auch Karl Bär mit seiner Rede haben die Wut nur verschärft.
Wie nahe steht der BBV den Widerstandsgruppen, die jetzt gegen die Regierung mobil machen?
Huber: Wir haben das in den Gruppen in sozialen Netzwerken nicht mehr im Griff. Da geht’s auch um Themen wie Asyl und ich finde, das geht zu weit. Das stärkt die AfD und Tendenzen, die wir nicht wollen. Aber da ist die Politik selber schuld. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber auch ich bekomme manchmal den Eindruck, dass die Regierung nicht sehen will, dass sie den Bürgern zu viel zumutet. Ich frage mich, ob das so gewollt ist. Man muss umdenken, sonst gibt es einen Bruch im System. Es droht eine Spaltung.
Huber will auf Dialog setzen
Was meinen Sie damit konkret?
Huber: Viele sagen, die Ampel muss weg. Ich weiß nicht, ob es dann anders wäre. Früher hat es auch geheißen, Merkel muss weg. Ich habe eher den Eindruck, alle Parteien haben zu kämpfen und niemand kann die Probleme von jetzt auf gleich lösen. Die Situation wäre für keine Regierung leicht zu bewältigen. Deshalb setzen wir auf Dialog. Aber manchen reicht das nicht.
Wie gehen Sie mit dieser Entwicklung um?
Huber: In unseren eigenen Gruppen können wir schauen, dass keine Verschwörungstheoretiker und Rechtsextreme drin sind. In anderen Gruppen versuchen wir, überall vertreten zu sein und die Vernünftigen zu begleiten. Vielleicht lässt es sich so ein bisschen steuern. Wir bleiben dran und werden weiter Aktionen planen und uns einbringen. nap
Schon in einem früheren Interview hatte der Kreisobmann zur Vernunft gerufen.
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