Nachruf auf Kathi Greinsberger: Eine große Stimme der Heimat ist verstummt
Ihre glockenhelle Stimme hatte sie schon länger verlassen. Nun ist Kathi Greinsberger nach einem erfüllten Leben eingeschlafen. Als letzte der weit bekannten drei Fischbachauer Sängerinnen.
Fischbachau – Ihre glockenhelle Stimme hatte sie schon länger verlassen. Doch auch als ihre Erinnerungen krankheitsbedingt immer mehr verblassten, trug Kathi Greinsberger ihre Liebe zur Musik noch tief in ihrem Herzen. So lauschte die 92-Jährige im Seniorenheim aufmerksam dem Gesang ihrer Mitbewohnerinnen, die voller Ehrfurcht die von ihr geschriebenen Lieder anstimmten, erzählt Greinsbergers Nichte Barbara Stadler. Nun ist Kathi Greinsberger nach einem erfüllten Leben eingeschlafen. Als letzte der drei Fischbachauer Sängerinnen, einer der bekanntesten Volksmusikgruppen Bayerns.
Drei Liederbücher, ein Ostermysterienspiel und sogar eine ganze Messe hat Greinsberger in ihrem langen Leben als Sängerin geschaffen. Und damit gleich mehrfach etwas erreicht, was ihr Urgestein Kiem Pauli in einer alten Tonbandaufnahme einst als größte Herausforderung aller Volksmusiker geschildert hatte: „Du kannst zehn Liadl machen, und am Ende bleibt vielleicht nur eins im Volk.“
Lebensunterhalt mit Webstube verdient
Vom Ehrgeiz getrieben war Greinsberger aber ohnehin nie. Als bodenständig und bescheiden beschreibt sie ihre Nichte, die mit der alleinstehenden und kinderlosen Sängerin im Haus gelebt hat. In ihrer Webstube im Maierfeld, wo Greinsberger ihre besonderen Stoffe und Dirndlkleider gefertigt hat, mit denen sie auch stets ihren Lebensunterhalt bestritt.

Einzig und allein die Leidenschaft zur Musik und zum Gesang war es, die die Fischbachbauerin einst die Stimme erheben ließ. Die Idee für ein neues Lied sei ihr meist durch Stimmungen oder Gefühle in ihrem alltäglichen Leben als eins von 16 Kindern auf dem Lechnerhof gekommen, erzählte sie einst im BR-Interview. „Der G’ruch beim Heumachen, zum Beispiel.“ Das, was ihr dazu eingefallen sei – ob Text oder Melodie – habe sie daheim gleich aufgeschrieben – und alsbald mit ihren zwei Mitsängerinnen Rosi Prochazka († 2017) und Fanny Bucher († 2023) angestimmt.
Zitherunterricht in Birkenstein legte den Grundstein
Angefangen hat alles beim Zitherunterricht bei den Armen Schulschwestern in Birkenstein. Dort lernten sich die drei Fischbachauerinnen kennen. Wegen der harten Kriegsjahre dauerte es bis 1947, ehe sie beim „Tegernseer Kindersingen“ entdeckt und dann auch von den Volksmusiklegenden Kiem Pauli und Sepp Sontheim gefördert wurden. Zum Gesang inspiriert haben Greinsberger übrigens die Saalfeldener Dirndl, die sie als junges Mädchen öfter im Radio gehört hatte. Weil’s so schön geklungen hat, habe sie dann mit den Fischbachauerinnen die dritte Stimme dazugenommen.
„A Herz wia a Vogerl“ war ihr erstes Lied, an die 100 weitere sollten folgen. 1968 gab Greinsberger ihr erstes „Liederbüchl“ mit 25 Eigenkompositionen heraus. Sie erzählten von der Natur, der Land- und Almwirtschaft, dem Tanz und der Liebe. Immer feinfühlig und wertschätzend, aber nie kitschig oder überzogen. 1980 folgte die Uraufführung der Fischbachauer Messe, mit Sepp Winkler aus Kreuth an der Zither und Rosi Prochazkas Sohn Martin an der Gitarre. Bei der Trauerfeier für Kathi Greinsberger am heutigen Mittwoch um 9.30 Uhr im Martinsmünster werden die Lieder dort wieder erklingen. Der Kirchenchor und die Klagefrauen werden sie singen. Greinsberger wird vom Himmel aus zuhören. Und spüren, dass ihre „Liadl“ noch viele Generationen erfreuen werden.
sg