Personalkosten unter Kontrolle bringen – Aber wie?
Um die angespannte finanzielle Situation in den Griff zu bekommen, will die Stadt Kempten u. a. die Kosten im Bereich Personalausgaben reduzieren. Ein Werkzeug dafür ist die im September 2024 beschlossene sechsmonatige Nachbesetzungssperre.
Kempten – Im Personalausschuss zog Carina Reng, stellvertretende Leiterin des Amtes für zentrale Dienste, eine vorläufige Bilanz. Bereits im Herbst 2023 veranlasste der Oberbürgermeister, dass frei gewordene Stellen erst nach einer Überprüfung durch die Referentenrunde (OB plus vier Referenten) wiederbesetzt werden. Von der Regelung nicht betroffen sind Stellen für Erzieher und Kinderpfleger sowie Stellen in der Mittagsbetreuung und in der Integrierten Leitstelle.
In der Runde wird jeder Fall einzeln geprüft. Im letzten halben Jahr standen 55 Entscheidungen an, in vier Fällen hat man die Stelle gestrichen, in 35 sich für die sofortige Wiederbesetzung entschieden und in 16 eine sechsmonatige Nachbesetzungssperre verhängt. Durch die Maßnahme sollen im aktuellen Haushaltsjahr 1,5 Millionen Euro eingespart werden. Mit rund 360.000 Euro zwischen Januar und Mitte März liege man im Plan, so Reng.
Etliche unbesetzte Stellen
Es gibt zurzeit 115,5 unbesetzte Vollzeitstellen, was fast elf Prozent des gesamten Stellenplans ausmacht, am meisten betroffen sind das Baureferat mit rund 43 und das Sozialreferat mit rund 38 Stellen.
Bereits in seiner Einführung deutete Oberbürgermeister Thomas Kiechle darauf hin, dass das Thema einer differenzierten und komplexen Betrachtungsweise bedarf. Das wurde im Laufe der Diskussion bestätigt.
Nicht überall wettbewertbsfähig
Sehr überrascht über die hohe Zahl der unbesetzten Stellen zeigte sich Prof. Robert Schmidt (CSU): „Wer macht die Arbeit? Es müsste total landunter sein“. Es handle sich um Stellen, die etwa acht Millionen Euro im Jahr ausmachten, rechnete Helmut Berchtold (CSU) vor. Es stellte sich heraus: Diesen Anteil nicht besetzter Stellen gibt es immer, deswegen sind die acht Millionen Euro im Haushalt nicht einmal eingeplant. Bei mehr als 1.000 Stellen und 1.500 Mitarbeitern sei die Fluktuation groß, zwischen dem Freiwerden und Wiederbesetzen der Stelle gebe es – ähnlich wie bei Wohnungsvermietungen – zeitliche Lücken, erklärte Referatsleiter Dr. Richard Schießl. Außerdem koste es nichts, Stellen auf dem Plan zu behalten, wenn man sie momentan nicht brauche, aber eventuell wieder brauchen könnte. Wenn jemand für zwei Monate in Elternzeit gehe, aber auch wenn jemand längere Zeit krank sei, bleibe die Stelle unbesetzt, nannte Reng zwei weitere Beispiele.
Manche Schlüsselpositionen könne man jahrelang nicht besetzen, weil die Tarife im öffentlichen Dienst mit den Löhnen in der boomenden Bauwirtschaft nicht wettbewerbsfähig seien, berichtete Referatsleiter Tim Koemstedt. In den letzten fünf Jahren gebe es immer mehr Angestellte, die im Sinne von Work-Life-Balance ihre Arbeitszeit reduzieren. Etliche unbesetzte Stellen entstehen durch die Summe dieser Anteile. Diese kleinen Bausteine könnte man nicht ohne Weiteres reaktivieren. Die Kollegen müssen dann die Arbeit mit erledigen. Beim Bauhof mit 150 Mitarbeitern sei die Fluktuation besonders groß. Es gebe Aufgaben, die zurückgestellt oder nicht erledigt werden könnten, bestätigte Reng. Dass es Engpässe gebe, sehe man im Bereich der Kindertagesstätten und Kindergärten, sagte Katharina Schrader (SPD), dort könne man wegen Personalmangel nicht alle Plätze vergeben.
Controlling und Co.
Andreas Kibler (FW) wies darauf hin, dass laut einer Kostenliste rund 310.000 Euro zusätzliche Personalkosten anfallen, wegen Stellenneuschaffungen, Höhergruppierungen usw. Was man an einer Seite einspare, gebe man an anderer Stelle wieder aus. Die Zahl stimme, antwortet Personalamtsleiterin Sabrina Steininger auf die Anfrage des Kreisboten. Diese Kosten würden in dem aktuellen Haushaltsjahr jedoch nicht in voller Höhe anfallen, weil man einige Zeit brauche, bis man diese Stellen tatsächlich besetzen könne. Außerdem beinhalte der Haushalt bereits Deckungsreserven für ungewisse Entwicklungen, Bedarfe an neuen Stellen und moderate Tariferhöhungen. Mithilfe des im vergangenen Jahr implementierten und laufend verfeinerten Personalkostencontrolling ließen sich Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen und die Gelder anderswo einzusparen. Die Vergleichsgrundlage für die monatlichen Reportings sei nicht der Stellenplan, sondern der Ist-Zustand am 1. August 2024. Berchtold äußerte den Wunsch, in jeder zweiten Sitzung Informationen über die aktuelle Entwicklung zu bekommen, um, wenn nötig, an anderer Stelle Mittel einsparen zu können.
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Wie wird der Workflow sichergestellt, wenn keine direkte Übergabe erfolgt, wollte Schrader wissen. Die Prozesse und vor allem ihre Besonderheiten würden vom alten Stelleninhaber dokumentiert und man arbeite mit den digitalen Diensten zusammen an einer einheitlichen Lösung für die ganze Stadtverwaltung, antwortete Steininger. Es gebe Stellen, bei denen man auf die Übergabe bewusst verzichte, um die „alten Zöpfe“ nicht weiterzuführen, sondern sinnvolle Neuerungen auf die Beine zu stellen, ergänzte Schießl.
Strategiewechsel gefordert
Bürgermeisterin Erna-Kathrein Groll schlug einen Strategiewechsel vor: Bis jetzt habe man Mitarbeiter mit Spezialkenntnissen gesucht, in Zukunft sollte man mehr Wert auf Teamlösungen legen, damit man flexibler reagieren könne.
Es handle sich nicht um eine einmalige Sparmaßnahme, stellte Kiechle klar. „Das Tal der Tränen sind wir noch nicht durch.“ Man könne heute noch nicht richtig einschätzen, was die nächsten Haushaltsberatungen an neuen Herausforderungen bringen würden. Aber man gehe mit der Situation gewissenhaft um und prüfe alle Möglichkeiten und hinterfrage die Sinnhaftigkeit jeder einzelnen Stelle. Die Konsequenzen der Einsparungen würden auch die Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen.
Zum Schluss betonte der Oberbürgermeister ausdrücklich, dass es in der Verwaltung keinen Einstellungsstopp gebe. Die Stadt stelle weiterhin ein und bleibe ein attraktiver Arbeitgeber.
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