„Absolut inakzeptabel und schräg“: Kemptener Mobilitätsausschuss kritisiert Verordnung zum kostenfreien Parken für E-Autos

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Kein Aprilscherz: Ab 1. April parken in Bayern alle Elektrofahrzeuge auf öffentlichen Parkplätzen bis zu drei Stunden kostenlos. Die Maßnahme ist bis Ende 2026 befristet. © Kraus

In der jüngsten Sitzung des Kemptener Ausschusses für Mobilität und Verkehr erregte ein Thema die Gemüter ganz besonders: die von der Bayerischen Staatsregierung verordnete Gebührenbefreiung für Elektrofahrzeuge auf öffentlichen Parkplätzen.

Kempten – Demnach dürfen ab dem 1. April alle Fahrzeuge, die ein E-Auto-Kennzeichen haben, also E-Autos und Hybridfahrzeuge, für eine Dauer von bis zu drei Stunden kostenlos parken. Doch was auf den ersten Blick als sinnvolle Maßnahme erscheint, umweltfreundliche Mobilitätsformen zu fördern, sorgt in Kempten für erheblichen Unmut.

Bereits im Januar hatte Thomas Hartmann (Grüne) beantragt, die Auswirkungen dieser neuen Regelung auf die Parkraumbewirtschaftung prüfen zu lassen; auch sollten Handlungsspielräume der Kommunalverwaltung und mögliche Kompensationsregelungen seitens der Staatsregierung geklärt werden.

Verordnung zum kostenfreien Parken für E-Autos bedeutet einen großen bürokratischen Aufwand

Ferdinand Berger, Amtsleiter für Verkehrswesen, erklärte, dass stets die Parkscheibe kontrolliert werden müsse und ob es sich tatsächlich um ein E-Fahrzeug handle. Bei Parkplätzen, die eine Parkdauer von mehr als drei Stunden zulassen, sei die Parkgebühr abzüglich der drei Stunden, die kostenfrei sind, zu errechnen. Auch müssten Parkautomaten und digitale Systeme entsprechend angepasst werden. „Also ein enormer Aufwand, viel Bürokratie.“

Finanzielle Einbußen für die Stadt Kempten

Im Jahr 2024 waren von 144.997 im Landkreis Oberallgäu und in der Stadt Kempten zugelassenen Pkw genau 6.964 E-Fahrzeuge. Das entspricht einem Anteil von 4,8 Prozent. Die Einnahmen durch Parkgebühren betragen in Kempten rund zwei Millionen Euro jährlich. Wenn man außerdem annimmt, dass rund die Hälfte der E-Fahrzeuge Dauerparker sind, kommt man auf rund 50.000 Euro, die der Stadtverwaltung jährlich an Einnahmen verloren gehen. „Das ist erst mal eine grobe Schätzung, aber eine ganz vernünftige Schätzung“, resümierte Berger. Julius Bernhardt (FFK) wies darauf hin, dass diese Summe in den kommenden Jahren noch weiter steigen könnte, da auch die Zulassungszahlen wachsen werden.

Berger betonte, dass die Umsetzung der Verordnung verpflichtend sei: „Da haben wir keine Wahl, da können wir nichts machen.“ Auch gelte das Konnexitätsprinzip nach Aussage der Staatsregierung in diesem Falle nicht. Es besagt, dass Aufgaben, die der Staat den Kommunen übertragt, finanziell unterfüttert werden. Kempten und andere Kommunen erhielten also keinerlei Kompensation für die Einnahmeausfälle. Abzuwarten sei aber noch die Diskussion im Bayerischen Städtetag, sagte Berger weiter.

Kritik an Bayerischer Staatsregierung

Oberbürgermeister Thomas Kiechle übte scharfe Kritik an der Bayerischen Staatsregierung: „Was die da geritten hat, ist in mehrerlei Hinsicht absolut inakzeptabel und schräg“, so Kiechle. „Es führt zu erheblichen Einnahmeausfällen in einer Zeit, in der wir um jeden Cent ringen. Zudem schafft es unnötige Bürokratie und greift massiv in die kommunale Selbstverwaltung ein.“

Auch Kollegen im Vorstand des Bayerischen Städtetags hätten diesen Vorgang nur mit Kopfschütteln kommentiert. „Die Parkflächen gehören uns, wie wir damit umgehen, ob wir sie bewirtschaften und wie lange, das ist Kommunalpolitik. Da brauchen wir keine Vorgabe der Bayerischen Staatsregierung“, sagte Kiechle weiter. „Das ist wirklich in keinster Weise akzeptabel.“

Die soziale Ungerechtigkeit der Regelung wurde ebenfalls thematisiert. „Das E-Auto für 100.000 Euro parkt womöglich noch als Geschäftswagen zwei Stunden kostenlos und die Teilzeitbeschäftigte mit Kleinwagen, die zum Friseur geht, muss zahlen. Was ist denn das für eine Wirkung?“, fragte Kiechle. Auch Gerti Epple (Grüne) teilte diese Ansicht: „Es ist einfach sozial ungerecht, dass Fahrer von großen E-Autos das nicht bezahlen müssen.“

Wie man die drohenden Einnahmeverluste ausgleichen oder umgehen könnte, wurde ebenfalls diskutiert. Thomas Hartmann (Grüne) schlug vor, den Fehlbetrag auf die allgemeine Parkraumbewirtschaftung aufzuschlagen, mit der Begründung, dass dieser Aufschlag von der Bayerischen Staatsregierung komme.

Helmut Berchtold (CSU) fragte nach, ob öffentliche Parkplätze, die von Firmen bewirtschaftet werden, immer noch als öffentliche gelten. Berger entgegnete, dass privat betriebene Parkhäuser oder Parkplätze von der Regelung ausgenommen seien. Julius Bernhardt (FFK) hatte einen ähnlichen Gedanken wie Berchtold. Er wollte wissen, ob man eine „Kempten Park GmbH“ gründen könnte, um die öffentlichen Parkplätze in private umzuwandeln, und bat darum, dies rechtlich prüfen zu lassen.

Maßnahme bis Ende 2026 befristet

Während der Ausschusssitzung herrschte noch Unklarheit darüber, inwieweit die neue Regelung befristet sei. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration teilte unserer Zeitung auf Anfrage mit, dass die Maßnahme bis zum 31. Dezember 2026 gelte.

Da das kostenfreie Parken von E-Autos auch eine Anpassung der Parkgebührenverordnung erfordert, wurden auch bei der Parkraumbewirtschaftung einige Änderungen und Ergänzungen vorgenommen. Demnach werden bisher kostenfreie Kurzzeit- und Dauerparkplätze in der Innenstadt in kostenpflichtige Stellplätze umgewandelt.

Der Ausschuss für Mobilität und Verkehr empfahl dem Stadtrat mehrheitlich eine entsprechende Änderung und Ergänzung der Parkgebührenordnung, in der auch das kostenfreie Parken für E-Autos auf öffentlichen Parkplätzen berücksichtigt ist. Lediglich Thomas Hartmann (Grüne) stimmte dagegen.

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