Urlaub im Tegernseer Tal: Trübe Aussichten bei Schlechtwetter?
Der Sommer zeigt sich von seiner launischen Seite. Bedeutet für Urlauber, dass sie auch den einen oder anderen Regentag überbrücken müssen. Gibt‘s dafür ausreichend Freizeit-Angebote im Tegernseer Tal? Kritiker sagen: definitiv nicht.
Tegernseer Tal - Wer in die Suchmaschine die Stichwörter „Tegernsee“, „Urlaub“ und „Regen“ eingibt, landet unwillkürlich auch auf der Website der Tourismusregion (www.tegernsee.com). Unter dem Titel „Schöne Aussichten bei trübem Wetter“ bewirbt der Tegernsee hier sein Schlechtwetter-Angebot: vom Weißwurstfrühstück im Bräustüberl über Besuche der diversen Museen oder der Spiel- und Sportarena in Bad Wiessee bis hin zu einem Abstecher ins Spielcasino. Wie wäre es zudem mit einer Anwendung im Jodschwefelbad? Oder Wellness in der Tegernseer Seesauna?
Touristiker sagt: Schlechtwetter-Angebot wird immer schlechter
Das Angebot klingt erstmal vielversprechend. In den Augen von Andreas Scherzer ist es aber bei Weitem nicht ausreichend. Im Gegenteil: „Das Schlechtwetter-Angebot für unsere Gäste am See wird immer schlechter“, schreibt der Rottacher Touristiker – nach eigenen Angaben seit über 40 Jahren in der Branche aktiv – in einem Brief an unsere Zeitung. Während andere Regionen wie Oberstdorf oder Bad Aibling touristisch aufrüsten würden, passiere im Tegernseer Tal nichts dergleichen. „Mir wird himmelangst, wenn der Tourismus weiterhin so stiefmütterlich behandelt wird“, sagt Scherzer, der mit seinem Unternehmen Gruppenreisen in ganz Europa organisiert.
Fehlendes Schwimmbad als größtes Manko im Tegernseer Tal
Das größte Manko ist für Scherzer das fehlende Schwimmbad. Für Familien und andere Erholungssuchende brauche es dringend ein Bad mit Vergnügungs- und Wellness-Faktor, findet der Rottacher. Ein solches ist am Tegernsee momentan nicht in Sicht, die Tal-Gemeinden müssen sich erst auf eine gemeinsame Bad-Variante einigen. Eine „überdachte Badewanne in Bad Wiessee“, wie es Scherzer provokativ nennt, sei dabei nicht die richtige Lösung. Dass Wellness gefragt ist, hätten Gespräche mit den Top-Hotels gezeigt, die über eigene Wellnessbereiche verfügen. Sie bekämen täglich Anfragen von Nicht-Hotelgästen, ob sie den Spa tageweise nutzen dürften, berichtet Scherzer.
In Hotels: Immer mehr Wellness-Angebote für einen Tag
„Day-Spa-Angebot“ lautet das Zauberwort. Ein Punkt, den auch Tourismus-Chef Christian Kausch auf Nachfrage in der Reihe der Schlechtwetter-Angebote auflistet. „Der eine bewirbt es mehr, der andere weniger“, sagt Kausch über die betreffenden Hotels. Grundsätzlich aber gebe es vermehrt diese Angebote, und sie würden von den Gästen auch gerne genutzt. Möglich sein dürfte dies aber nur dann, wenn der Wellnessbereich nicht ohnehin durch die Hausgäste ausgelastet ist. Und was gibt‘s sonst noch für Alternativen? Die Freizeitmöglichkeiten bei Regen seien am Tegernsee „so schlecht nicht“, sagt der Geschäftsführer der TTT, räumt aber ein: „Besser kann‘s natürlich immer werden.“
Tourismus-Chef Kausch: „Gast bewegt sich auch aus dem Tal heraus“
Kausch verweist auf Altbekanntes wie Museumsbesuche, Führungen durch die Käserei oder Destillerien sowie die Familien-Angebote in der Wiesseer Spielarena oder in Korbinian Kohlers Tegernsee Phantastisch. Und er sagt: „Der Gast bewegt sich auch aus dem Tal heraus.“ Gerade bei schlechtem Wetter. Auf der Homepage empfiehlt die Tourismus-Region daher auch Tagesausflüge nach München, Salzburg oder Innsbruck. Dass ein eigenes Schwimmbad im Tegernseer Tal aus touristischer Sicht abgeht, räumt allerdings auch der TTT-Chef ein.
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Das sieht Daniel Strillinger, Vorsitzender des Kur- und Verkehrsvereins Bad Wiessee, nicht anders. Wenn die Gäste seines Steinbrecherhofs in Altwiessee bei Schlechtwetter zum Schwimmen wollen, empfehle er derzeit die Fahrt ins Monte Mare nach Schliersee oder auch zum Freizeitbad Atoll am Achensee. Als hiesiger Vermieter schicke er die Urlauber nur ungern über die Talgrenzen hinaus – „aber das ist momentan halt so“, sagt Strillinger. Insgesamt findet er das Schlechtwetter-Freizeitangebot für Familien im Tal durchaus „ausbaufähig“.

Zukunft der Spielarena in Bad Wiessee ist ungewiss
Eine Freizeitaktivität, die sich im Tegernseer Tal fest etabliert hat, ist die Spiel- und Sportarena in Bad Wiessee. „Wir sind ein rein wetterabhängiger Betrieb“, sagt Betreiber und Gründer Josef Niedermayer. Bei Sonnenschein und Hitze zieht es die Familien freilich zum Baden an den See, an Regentagen allerdings ist die Spielarena stark frequentiert. „Die Leute kommen oft zu mir ins Büro und sagen, wie froh sie sind, dass es uns gibt“, erzählt Niedermayer. Dennoch hing die Zukunft der Indoor-Spielhalle schon einige Male am seidenen Faden. Der aktuelle Pachtvertrag zwischen Niedermayer und der Gemeinde als Eigentümerin der Halle wurde zuletzt im Frühjahr 2021 verlängert und läuft nun bis April 2026. Wie es danach weitergeht, ist unklar.
Betreiber der Spielarena: „Für Familien mit Kindern wird zu wenig gemacht“
Niedermayer hätte gerne, dass seine Spielarena, an der soeben der Hagelschaden vom August 2023 endgültig repariert worden ist, eine Zukunft hat. Auch deshalb, weil es sich um eine der wenigen Schlechtwetter-Alternativen handle. „Für Familien mit Kindern wird bei uns viel zu wenig gemacht“, findet Niedermayer. „Mein dringlichster Wunsch wäre daher, dass es weitergeht.“
Für Andreas Scherzer jedenfalls steht fest: Um Gäste länger im Tegernseer Tal zu halten und auch bei Regen keine Abreisen beklagen zu müssen, brauche es künftig ein weitaus attraktiveres Schlechtwetter-Angebot. Der Reiseveranstalter ist überzeugt: „Der Gast von heute und zukünftig fragt erst das Wetter ab, dann die Buchungsseiten.“
gab