Hoffnung in der Alzheimer-Forschung: Diabetes-Medikament schützt wohl auch gegen Demenz
Alzheimerpatienten können womöglich durch eine Abnehmspritze neue Hoffnung schöpfen: Wie eine neue Studie zeigt, wirkt Semaglutid wohl auch gegen Demenz.
Cleveland – Eine Abnehmspritze als Wunderheilmittel gegen Demenz? Forscher haben herausgefunden, dass Semaglutid im Vergleich zu sieben anderen Medikamenten zur Behandlung von Diabetes dazu beitragen kann, das Alzheimerrisiko bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu senken. Semaglutid, zuletzt von Stiftung Warentest als riskant eingestuft, ist der Wirkstoff in den Diabetesmedikamenten Ozempic, Rybelsus und Wegovy, von denen letzteres auch zur Gewichtsabnahme verschrieben wird.
Die Studie von Wissenschaftlern der Case Western Reserve University im US-amerikanischen Cleveland in Ohio wurde kürzlich in Alzheimer’s & Dementia: The Journal of the Alzheimer’s Association veröffentlicht.
Menschen mit Diabetes haben ein höheres Risiko für Alzheimer
Frühere Untersuchungen zeigten, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes ein höheres Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken. Die Krankheit ist eine Form von Demenz, die das Gedächtnis und Verhalten einer Person beeinträchtigt und für die es derzeit keine Heilung gibt. Forscher glauben, dass dies daran liegt, dass einige der zugrunde liegenden Probleme im Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes – wie Fettleibigkeit, Herzerkrankungen und Bluthochdruck – eine Person für Alzheimer anfällig machen können. Darüber hinaus kann Diabetes die Blutgefäße im Gehirn schädigen, was das Demenzrisiko einer Person weiter erhöhen kann.
Nun also der Versuch mit Semaglutid. Für die Studie analysierten die Forscher Krankengeschichten über einen Zeitraum von drei Jahren von etwa einer Million Menschen mit Typ-2-Diabetes in den Vereinigten Staaten, bei denen zuvor keine Alzheimer-Diagnose gestellt worden war. Dabei wurde das Auftreten von Alzheimer bei Semaglutid und sieben anderen Medikamenten zur Behandlung von Diabetes verglichen: Insulin, Metformin, Dipeptidyl-Peptidase-4-Hemmer (DPP-4i), Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Hemmer (SGLT2i), Sulfonylharnstoffe (SUs), Thiazolidindione (TZDs) sowie andere Glucagon-ähnliche Peptidrezeptor-Agonisten (GLP-1RA).
Semaglutid greift Risikofaktoren von Alzheimer an
„Semaglutid ist eine neue Generation von GLP-1RA zur Behandlung von Typ-2-Diabetes mellitus und Fettleibigkeit“, erklärte Dr. Rong Xu, Professorin für Biomedizinische Informatik und Direktorin des Center for AI in Drug Discovery an der School of Medicine der Universität und Hauptautorin dieser Studie gegenüber Medical News Today. „Präklinische Beweise deuten darauf hin, dass Semaglutid vor Neurodegeneration und Neuroinflammation schützt. Darüber hinaus behandelt Semaglutid Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rauchen und Alkoholkonsum, die alle Risikofaktoren für die Alzheimer-Krankheit sind“.

Die veränderbaren Risikofaktoren, Neurodegeneration und Neuroinflammation soll das Medikament direkt oder indirekt angreifen. Und die Ergebnisse sind erstaunlich: Es gibt ein 40 bis zu 70 Prozent geringeres Alzheimerrisiko durch Semaglutid im Vergleich zu den anderen sieben Medikamenten. Dies gelte unabhängig von Adipositas-Status, Altersgruppe oder Geschlecht.
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Weitere Forschung zu Semaglutid und Alzheimer nötig
Xu erklärt: „Unsere Studie liefert vielversprechende Beweise aus der Praxis, die darauf hindeuten, dass Semaglutid bei der Vorbeugung oder Verlangsamung der Entwicklung von Alzheimer von Vorteil ist.“ Sie glaube, dass Semaglutid „eine spannende Möglichkeit darstellt, Alzheimer vorzubeugen, zu verzögern und zu behandeln. Allerdings sind klinische Studien erforderlich, um die Wirkung zu bestätigen.“
Auch die Expertin Verna Porter zeigte vorsichtigen Optimismus über die Ergebnisse. Sie ist Leiterin der Abteilung für Demenz, Alzheimer und neurokognitive Störungen am Pacific Neuroscience Institute des Providence Saint John’s Health Center in Santa Monica, Kalifornien. „Die mit Semaglutid verbundene signifikante Verringerung der Alzheimer-Inzidenz ist vielversprechend, insbesondere bei einer Hochrisikopopulation wie Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus“, äußerte sie gegenüber Medical News Today. Sie sprach von einer wachsenden Zahl von Beweisen, die darauf hindeuten, „dass GLP-1-Rezeptoragonisten neuroprotektive Eigenschaften haben könnten, die Patienten über die Blutzuckerkontrolle hinaus zugutekommen könnten.“ Auch sie drängte auf weitere Forschung. (cgsc)