Habeck-Abgang nach Bundestagswahl: Offener Brief an Grünen-Politiker sorgt für Aufsehen
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck will nach der Wahl-Schlappe nicht mehr in der ersten Reihe stehen. Doch ein offener Brief bitte ihn weiterzumachen.
Frankfurt – Das Ergebnis der Bundestagswahl hat bereits am Montag mehrere politische Opfer gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte nach dem historisch schlechten Wahlergebnis für die SPD an, sich nicht an der neuen Regierungsbildung beteiligen und auf sein Direktmandat fokussieren zu wollen. Ex-Finanzminister Christian Lindner zog nach dem Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde sogar einen Schlussstrich unter seine politische Karriere. Auch Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck kündigte am Montag persönliche Konsequenzen an – offenbar zur Enttäuschung einiger Wählerinnen und Wähler.

Habeck-Rückzug nach Bundestagswahl: Offener Brief soll Grünen-Politiker umstimmen
Auf der Plattform Campact – über die Online-Kampagnen organisiert werden können – hat ein Nutzer einen „offenen Brief an Robert Habeck“ veröffentlicht, in dem er den scheidenden Wirtschaftsminister bittet, auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei den Grünen zu übernehmen.
„Die Zeiten sind anspruchsvoll und fordern viel von vielen“, zitiert der Verfasser zu Beginn des offenen Briefs aus Habecks Buch. Viele Menschen hätten gerade nach den Ergebnissen der Bundestagswahl ein Gefühl der Machtlosigkeit und würden Zukunftsangst verspüren, heißt es in der Kampagne weiter. „Doch gerade in einer solchen Zeit braucht es Menschen – und noch wichtiger Führungspersönlichkeiten – wie dich.“
Habeck sei in diesen Zeiten für viele Menschen ein Hoffnungsträger, führt der Verfasser des offenen Briefs weiter aus: „Und Hoffnungsträger dürfen nicht gehen, wenn sie am meisten gebraucht werden, sondern müssen Führung und Verantwortung übernehmen.“
Offener Brief an Habeck findet zehntausende Unterstützer - Umdenken bei Rücktritt gefordert
Eine Forderung, mit welcher der Ersteller der Kampagne offenbar nicht alleine dasteht. In weniger als 24 Stunden hat der offene Brief an den Grünen-Politiker bereits mehr als 75.000 Unterzeichner (Stand: 25. Februar, 16 Uhr) gesammelt. Um die Kampagne digital zu unterzeichnen, müssen die Nutzer einen vollen Namen, eine Mail-Adresse und eine Postleitzahl angeben. Als Kampagnenziel sind 75.000 Unterschriften ausgegeben. Ob der große Zuspruch für Habeck nach der Bundestagswahl ein Umdenken auslösen kann, darf jedoch bezweifelt werden.
Grüne mit Verlusten bei der Bundestagswahl – Habeck zieht Konsequenzen
Als Kanzlerkandidat führte Habeck die Grünen bei der Bundestagswahl zu 11,6 Prozent der Zweitstimmen – einem Verlust von 3,1 Prozentpunkten im Vergleich zu der Wahl im Jahr 2021. Damals waren die Grünen mit Annalena Baerbock als Spitzenkandidatin angetreten. Die Verluste der Grünen fielen im Vergleich zu den anderen Parteien der Ampel-Koalition allerdings noch gering aus. Die FDP verlor bei der Bundestagswahl 7,1 Prozentpunkte und verpasste sogar den Einzug in das Parlament. Die Kanzlerpartei SPD stürzte um 9,1 Prozentpunkte ab.
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Habeck zeigte sich nach dem Ergebnis der Bundestagswahl unzufrieden. „Es ist kein gutes Ergebnis, ich wollte mehr, und wir wollten mehr.“ Deswegen wolle er auch persönliche Konsequenzen ziehen: „Ich werde keine führende Rolle in den Personaltableaus der Grünen mehr beanspruchen oder anstreben“, sagte Habeck am Montag.
Ob er sein Bundestagsmandat zur Verfügung stellt, ließ der scheidende Bundeswirtschaftsminister offen. Sein Direktmandat in Flensburg-Schleswig hatte er am Sonntag nicht verteidigen können. Mit Listenplatz zwei in Schleswig-Holstein zieht er aber in den Bundestag ein.
Grüne gehen nach Bundestagswahl in die Opposition – Führungsfrage noch offen
Für die Grünen steht nach knapp drei Jahren Regierungsverantwortung nach der Bundestagswahl wieder der Gang in die Opposition an. Es bleibt abzuwarten, wer in der Partei in der kommenden Legislaturperiode den Führungsanspruch übernimmt. Die beiden Parteichefs Franziska Brantner und Felix Banaszak wollen weitermachen. Nach dem Rücktritt von Ricarda Lang und Omid Nouripour war das neue Führungs-Duo erst im November 2024 ins Amt gewählt worden.
Offen ist dagegen, wer die Grünen-Fraktion im Bundestag führen soll. Das bisherige Vorsitzende-Duo Britta Haßelmann und Katharina Dröge will weitermachen, doch auch Außenministerin Baerbock hat wohl Ansprüche angemeldet. Denkbar wäre, dass Baerbock Haßelmann als Fraktionsvorsitzende ersetzt und letztere für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin vorgeschlagen wird. Das hielt in den letzten vier Jahren die frühere Parteivorsitzende Katrin Göring-Eckardt inne, die den Posten aber wohl behalten will.
An diesem Mittwoch wollen die Grünen zunächst einen geschäftsführenden neuen Fraktionsvorstand wählen, der in wesentlichen Zügen dem bisherigen entsprechen soll. Die tatsächliche Neubesetzung wichtiger Posten solle sich am Zeitpunkt der Regierungsbildung orientieren, sagte Haßelmann. Wenn es nach dem wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht, ist das bis Ostern der Fall. (fd mit Material von dpa)