Erdrutsche neben der Olympia-Seilbahn: Ein 40-Meter-Riss schürt Sorgen in Italien. Anwohner erstatten Anzeige wegen fahrlässiger Gefährdung.
Cortina d‘Ampezzo – Über 40 Meter lang ist der Erdspalt, der die Einwohner des pittoresken Bergdorfs Lacedel nahe Cortina d‘Ampezzo in Furcht versetzt. Ende August entstand der Riss unmittelbar an der Baustelle der neuen Olympia-Seilbahn – wenige Monate vor den Olympischen Winterspielen 2026.
Am 11. September erstatteten die besorgten Bewohner der geschichtsträchtigen Ortsteile Lacedel und Mortisa Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Belluno, wie italienische Medien berichten. Die Anwälte beschuldigen die Zuständigen demnach der fahrlässigen Erdrutschgefährdung und der Missachtung von Arbeitsschutzbestimmungen. Der schwerwiegende Vorwurf: Es mangele an einem gemeinsamen Sicherheitskonzept für die verschiedenen Baustellen, die sich überlagern.
Erdrutsch-Alarm an Olympia-Baustelle in Italien – Seilbahn soll über gefährdete Zone führen
Das Erdrutschrisiko ließ sich demnach absehen. „Es ist bekannt, dass der gesamte Hang von Erdrutschen bedroht ist, seit Jahren gibt es Studien und Veröffentlichungen dazu“, mahnte Stadträtin Roberta de Zanna bereits im Vorfeld. Ebenso hatte Europaparlamentarierin Cristina Guarda gewarnt: „Was in Socrepes passiert, war vorhersagbar: Ein fragiler, lehmiger Boden hat sich mit einem 15-Meter-Riss nahe der Seilbahn-Baustelle geöffnet“, sagte sie bereits nach dem ersten Erdrutsch am Olympia-Hang.
Die Zone rund um den Erdrutsch ähnelt einem Puzzle verschiedener Baustellen. Zeitgleich werden drei Großvorhaben umgesetzt: die Olympia-Seilbahn Apollonio-Socrepes, der Neubau eines Luxus-Chalets und die Erneuerung einer weiteren Seilbahn. Die neue Olympia-Seilbahn soll 2400 Gäste und Italien-Urlauber pro Stunde befördern – genau über das wackelige Terrain.
Olympia im Hochrisikobereich: Verheerendes Gutachten zu Baustelle bei Cortina d‘Ampezzo
Der Geologe Eros Aiello von der Universität Siena, gelangt in seinem Gutachten zu einem niederschmetternden Ergebnis: „Der bestätigte Erdaushub wurde ohne die erforderlichen geotechnischen Untersuchungen in einem erdrutschgefährdeten Gebiet und ohne die vorherigen Schutzmaßnahmen durchgeführt“. Von der Analyse berichtet unter anderem Corriere Alpi. Die Zone war schon im Hydrogeologischen Raumordnungsplan als Hochrisikobereich eingestuft.
Der anfangs 30 Zentimeter breite Spalt weitete sich innerhalb weniger Tage auf über 40 Meter aus. Der Boden senkte sich um mehr als einen halben Meter. Selbst die Betonwand einer angrenzenden Baustelle deformierte sich – ein Indiz für weitreichende Erdbewegungen.
Anwohner in Italien fürchten Erdrutsch-Katastrophe: Häuser und Straßen gefährdet
Die Einheimischen der ohnehin von Erdrutschen gefährdeten Region sorgen sich um ihre Wohnhäuser, Garagen und die Zufahrtsstraße SR 48. Sie verlangen den unverzüglichen Stopp der Bauarbeiten und Schutzmaßnahmen. Schon früher reichten sie drei Klagen beim Verwaltungsgericht ein – der Verhandlungstermin ist auf den 29. Oktober festgelegt.
Die Lage in Cortina ähnelt dem Fall Livigno, wo die Staatsanwaltschaft Sondrio vor kurzem eine Skipisten-Baustelle für die Olympischen Spiele sicherstellte. Auch dort stellte man Verstöße gegen Umwelt- und Sicherheitsbestimmungen fest. Die Bewohner rund um Cortina d‘Ampezzo fordern jetzt: „Die Sicherheit des Gebiets und der Bevölkerung muss über jeden beschleunigenden oder kommissarischen Interessen stehen.“ (Verwendete Quellen: Il Dolomiti, Corriere Alpi, Salto.bz, eigene Rechere) (moe)