„Schwere Zeit für Bauernfamilien“: Österreich-Gemeinde sagt beliebte Tradition ab

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Ein Sommer voller tragischen Ereignissen führt in einer Tiroler Gemeinde zur Absage des traditionellen Almabtriebs. Dafür erhalten die Verantwortlichen viel Zuspruch.

Nauders – Der Almabtrieb markiert seit langer Zeit das Ende der Almsaison in den Alpenregionen und gilt als einer der wichtigsten Höhepunkte im bäuerlichen Jahreskalender. Dabei werden die Kühe, Schafe und Ziegen nach drei bis vier Monaten auf den Hochalmen feierlich ins Tal zurückgeführt. Die Tiere tragen dabei traditionell bunten Kopfschmuck aus Blumen, Bändern und Kränzen, während ihre Glocken weithin hörbar das Ende des Almsommers verkünden.

Absagen von traditionellen Almalbtrieb.
Der traditionelle Almabtrieb wird vielerorts groß gefeiert – doch immer wieder kommt es auch zu Absagen. © IMAGO

Auch in der österreichischen Gemeinde Nauders in Tirol sollte es einen fröhlichen Abschluss der dreimonatigen Almsaison geben. Doch in diesem Jahr bleiben die Glocken stumm, die Tiere ungeschmückt: Der traditionelle Almabtrieb in Nauders am 14. September wurde abgesagt. Der Grund: Tragische Ereignisse, die örtliche Bauernfamilien schwer getroffen haben. Zuletzt tötete offenbar sogar ein Bär ein Pony auf einer österreichischen Alm.

Gemeinde in Österreich sagt Almabtrieb ab – zahlreiche Tier-Unfälle im Sommer

In einer Mitteilung erklärt die Gemeinde: „Ein schwerer Unfall mit einem Tiertransporter am vergangenen Wochenende und zahlreiche Tierschäden haben diesen Sommer für unsere Bauernfamilien zu einer schweren Zeit gemacht, weshalb wir den Almabtrieb nicht in gewohnter Weise feiern können.“ Die Verantwortlichen sahen sich daher veranlasst, das traditionelle Fest abzusagen.

„Ein Almabtrieb ist nur dann ein Fest, wenn der Sommer auf der Alm gut und heil zu Ende gegangen ist“, erklären die Verantwortlichen ihre Beweggründe. Der Almabtrieb stehe normalerweise für Lebensfreude und einen gelungenen Abschluss der Almsaison – Werte, die in diesem Jahr nicht mit gutem Gewissen gefeiert werden könnten. Deswegen haben die Verantwortlichen den „Almabtrieb Nauders als Zeichen der Betroffenheit abgesagt“, so die Gemeinde.

„Aus Respekt vor den Tieren“: Viel Zuspruch und Anteilnahme im Netz

Die Absage erfolgt demnach „aus Respekt vor den Tieren, den verlustgezeichneten Bauern und den Betroffene“. Geschmückte Tiere, der traditionelle Klang der Glocken und feiernde Menschen, „würden diesem schweren Jahr nicht gerecht werden“, heißt es in der Mitteilung.

Unter dem entsprechenden Beitrag der Gemeinde auf Facebook erhalten die Betroffenen viel Anteilnahme. Zudem begrüßen viele die Entscheidung der Verantwortlichen. Ein User kommentiert: „Ein großes Zeichen des Zusammenhalts! Ich zieh’ meinen Hut, vor dieser Entscheidung! Schade, dass das Jahr für die Bauern und Tiere so endete!“. Ein anderer schreibt: „Großen Respekt für diese Entscheidung“.

Wetter, Unfälle und Proteste: Almabtrieb-Absage in Nauders kein Einzelfall

Wie im aktuellen Fall von Nauders sind auch in der Vergangenheit Almabtriebe nach schweren Unfällen oder Tierschäden abgesagt worden. Die Tradition besagt, dass Tiere nur dann geschmückt werden, wenn es kein Unglück auf der Alm gegeben hat. Bei Unfällen mit Todesfällen von Menschen oder Tieren wird auf den festlichen Charakter verzichtet. Häufig führte auch Unwetter in den vergangenen Jahren zu Absagen in vielen Regionen.

In Berchtesgaden kommuniziert die Tourismusregion seit mehreren Jahren keine Almabtrieb-Termine mehr, da die „heimischen Bauern die Termine nicht bekannt geben“ möchten – zum einen wegen wetterbedingt häufiger Terminänderungen, zum anderen wegen des Stresses durch Menschenansammlungen für Kühe und Bauern, wie das Bayrische Landwirtschatliche Wochenblatt berichtete.

In jüngerer Zeit führten vehemente Proteste von Tierschützern ebenfalls zu Absagen. Im Allgäu wurden mehrere Almabtriebe nach „Hassbriefen und Drohungen“ abgesagt. In Maierhöfen entschieden die Landwirte nach einer Abstimmung, den Almabtrieb nach der Corona-Pause „auch in Zukunft nicht mehr stattfinden“ zu lassen. Quellen: Gemeinde Nauders, Bayrisches Landwirtschaftliches Wochenblatt, facebook.com. (bk)

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