Vor Debatte über Merz-Schuldenpaket im Bundestag: Teile der Grünen revoltieren gegen Spitze

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Union und SPD wollen ihr Finanzpaket noch vom alten Bundestag abnicken lassen. Die Grünen-Spitze hält dagegen, was in der Partei nicht allen gefallen soll.

Berlin – Der 20. Bundestag befindet sich in seinen letzten Zügen. Aber auch vor einer zukunftsweisenden Entscheidung. Kommt die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zustande, die es für die von Union und SPD angestrebte Grundgesetzänderung benötigt? Ansonsten würde das Finanzpaket scheitern, das weitreichende Verteidigungsausgaben jenseits der Schuldenbremse und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur vorsieht.

Eine entscheidende Rolle kommt bei der wohl am Dienstag anstehenden Abstimmung im Bundestag offensichtlich den Grünen zu. Denn CDU, CSU und SPD fehlen 86 Stimmen, die ihnen die Ökopartei mit 117 Abgeordneten bescheren könnte. Die FDP wäre zwar eine mögliche Alternative, angesichts deren 90 Parlamentariern dürfte es jedoch kaum Abweichler geben, und eine Schuldenbremsen-Reform erscheint mit den Liberalen utopisch.

Grüne und das Finanzpaket von Merz: Parteiinterner Streit wegen Haltung zum Gesetzentwurf?

Auch am Tag der ersten Sondersitzung im Bundestag zum Finanzpaket von CDU-Chef Friedrich Merz & Co. zieren sich die Grünen allerdings. Die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge bestätigte im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF zwar „sehr ernsthafte Gespräche mit CDU und SPD“, doch beide Seiten hätten sich dabei nicht weit genug aufeinander zubewegt. Folglich sehe es weiter so aus, „dass wir Grünen diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden“.

Uneinigkeit beim Finanzpaket? Baden-Württembergs Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann soll die Fraktionsspitze um Britta Haßelmann und Katharina Dröge (r.) zur Zustimmung drängen. © IMAGO / pictureteam, IMAGO / Metodi Popow

Offenbar herrscht dabei innerhalb der Noch-Regierungspartei aber alles andere als Einigkeit. Einem Bericht der Bild zufolge soll es in einer Krisensitzung der Grünen zu „scharfen Auseinandersetzungen“ gekommen sein. Dies hätten Teilnehmer berichtet. Demnach pochen die Vertreter der Bundesländer, die angeführt werden vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, auf einen Kompromiss.

Denn die Länder würden vom Finanzpaket ebenfalls profitieren, sollen künftig Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen können. Dieser zusätzliche Spielraum sei gerade für Bundesländer wichtig, in denen im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt wird. Dazu zählen mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auch zwei Länder mit grüner Regierungsbeteiligung.

Finanzpaket von Union und SPD

Verteidigung: Ausgaben sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des BIP unter die Schuldenbremse fallen

Infrastruktur: Sondervermögen von 500 Milliarden Euro soll von Schuldenbremse ausgenommen werden

Verschuldung der Länder: Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des BIP sollen ermöglicht werden.

Grundgesetzänderung: Artikel 109, 115, 143h müssten angepasst werden

Merz und das Finanzpaket im Bundestag: Grünen-Spitze will keine Mehrheitsbeschafferin sein

Die Fraktions-Vorsitzenden Britta Haßelmann und Dröge hätten dagegen argumentiert, dass sich die Partei als künftiger Teil der Opposition gegen Schwarz-Rot profilieren müsse. Es gehe um eine strategische Neuaufstellung, dazu passe die Rolle der Mehrheitsbeschafferin nicht. Parteichef Felix Banaszak soll das Duo dabei unterstützt haben. Wie sich Franziska Brantner, die zweite Grünen-Vorsitzende, positionierte, wird nicht erwähnt.

Die einstige Ampel-Partei, die künftig noch mit 85 Abgeordneten im Bundestag vertreten sein wird, will die Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur entkoppeln. Aus ihrer Sicht steht zu befürchten, dass das angedachte schwarz-rote Modell in letzterem Punkt nicht zu gezielten Investitionen führt, sondern teure Wahlgeschenke zur Folge hat.

Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken stehen nebeneinander an Mikrofonen
Brauchen noch ein paar Stimmen aus dem Bundestag für ihr Finanzpaket: CSU-Chef Markus Söder, CDU-Chef Friedrich Merz sowie die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil (v.l.) und Saskia Esken haben den Weg geebnet für eine Reform der Schuldenbremse und ein neues Sondervermögen für Infrastruktur. ©  IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Ein eigener Vorschlag der Grünen sieht eine „limitierte Bereichsausnahme für Ausgaben für Gesamtverteidigung und für die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben im Rahmen der Schuldenregel“ vor. Dröge brachte im „Morgenmagazin“ auch die Frage auf, warum die Entscheidung nun quasi in aller Eile gefällt werden solle und nicht bis zur Zusammenkunft des neuen Bundestages abgewartet werde.

Bringt Merz sein Finanzpaket durch den Bundestag? AfD und Linke klagen gegen Vorgehen

Das neue Parlament tritt am 25. März erstmals zusammen. Ab dann stellen AfD und Linke zusammen mehr als ein Drittel der Abgeordneten und genießen somit gemeinsam eine Sperrminorität. Für eine Änderung des Grundgesetzes bräuchten Union und SPD dann also nicht nur die Stimmen der Grünen, sondern zumindest auch einige aus den Parteien der politischen Ränder.

Allerdings hat die CDU auf ihrem 31. Parteitag im Jahr 2018 beschlossen, „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ mit den Linken und der AfD abzulehnen. In diesem Zusammenhang wurde zuletzt – etwa vom langjährigen thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow – betont, hinsichtlich der Linken habe Sahra Wagenknecht dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Die 55-Jährige hat die Partei bekanntlich mittlerweile verlassen und das BSW ins Leben gerufen, das denkbar knapp am Einzug in den Bundestag scheiterte.

Derzeit wehren sich Linke und AfD unabhängig voneinander juristisch gegen mögliche Beschlüsse zum Finanzpaket durch den alten Bundestag. Laut Linken-Chefin Ines Schwerdtner wurde eine weitere Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Die AfD kündigte ihrerseits eine weitere Klage an, sollte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die für Dienstag geplante zweite Sondersitzung nicht absagen. Beide Parteien argumentieren unter anderem mit dem engen Zeitrahmen, in dem Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen getroffen werden müssten. (mg)

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