Schafft es der Merz-Vorstoß durch den Bundestag? Das Wichtigste zum Finanzpaket
In den kommenden Tagen soll sich entscheiden, ob das von Union und SPD geschnürte Finanzpaket Realität wird. Es gibt einige Hürden zu überwinden.
Berlin – Für Friedrich Merz wird es an diesem Donnerstag ernst. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Denn in Berlin beginnen nicht nur die Koalitionsverhandlungen zwischen der Union und der SPD, an denen insgesamt 256 Politiker in 16 Arbeitsgruppen teilnehmen werden. Auch für das Finanzpaket, das Union und Sozialdemokraten auf den Weg bringen wollen, beginnt die Zeit der Wahrheit.
Die Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und das Sondervermögen für Infrastriktur-Investitionen werden erstmals Thema im Bundestag. Im Rahmen einer Sondersitzung. Es geht um nicht weniger als die Änderung dreier Artikel im Grundgesetz. Neben der ersten Lesung im Parlament, das vor seinen letzten Sitzungen steht, ist auch eine Anhörung im Haushaltsausschuss angesetzt. Auch die Initiativen von Grünen und FDP sollen unterbreitet werden.
Merz und das Finanzpaket: CDU-Chef braucht Zustimmung von Grünen oder FDP
Da eine Zweidrittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung nötig ist, müssen Schwarz und Rot zumindest eine dieser beiden Parteien auf ihre Seite ziehen. Mindestens 489 der 733 Abgeordneten müssen zustimmen. Union und SPD kommen auf 403.

Die Zeit drängt auch deshalb, weil am 25. März erstmals der neugewählte Bundestag zusammentritt. In diesem genießen AfD und Linke gemeinsam eine Sperrminorität, da sie insgesamt mehr als ein Drittel der Parlamentarier stellen. Eine Einigung auf das Finanzpaket dürfte dann noch deutlich komplizierter werden.
Aber auch jetzt können sich Merz & Co. alles andere als sicher sein. Die Grünen tun sich vor allem mit der Ausgestaltung des Sondervermögens für Infrastruktur schwer und befürchten eher teure Wahlgeschenke statt gezielte Investitionen, für die FDP ist die Schuldenbremse heilig.
Bundestag soll Grundgesetz ändern: Schuldenbremsen-Ausnahme für die Verteidigung
Der auf dem Tisch liegende Vorschlag der möglichen künftigen Koalition sieht auf Betreiben der SPD Investitionen in die Infrastruktur von 500 Milliarden Euro vor, die von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Die Union und die Noch-Kanzler-Partei werben zudem dafür, dass Verteidigungsausgaben nur noch bis zur Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) unter die Schuldenbremse fallen. Zudem sollen auch die Länder mehr Spielraum genießen und künftig Kredite von 0,35 Prozent des BIP aufnehmen dürfen.
Meine News
Die Grünen monieren, dass in dem Entwurf der Begriff der Verteidigungsausgaben viel zu eng gefasst sei. Sie wollen eine „limitierte Bereichsausnahme für Ausgaben für Gesamtverteidigung und für die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben im Rahmen der Schuldenregel“ schaffen. Ausgaben dieser Art, die über dem Betrag von 1,5 Prozent des BIP liegen, sollen von den im Rahmen der Schuldenregel des Grundgesetzes zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten abgezogen werden.
Die FDP plädiert dagegen für ein weiteres Sondervermögen von 200 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Dieses soll aber nur genutzt werden können, wenn der jeweilige Haushaltsplan abseits davon Verteidigungsausgaben von zwei Prozent des BIP – das offizielle Nato-Ziel – beinhaltet. So werde eine Umwidmung von Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt verhindert.
Finanzpaket von Union und SPD
Verteidigung: Ausgaben sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des BIP unter die Schuldenbremse fallen
Infrastruktur: Sondervermögen von 500 Milliarden Euro soll von Schuldenbremse ausgenommen werden
Verschuldung der Länder: Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des BIP sollen ermöglicht werden.
Grundgesetzänderung: Artikel 109, 115, 143h müssten angepasst werden
Union braucht die Grünen: Günther glaubt an Einigung beim Finanzpaket
Die Union scheint auf die Grünen zu setzen – wohl nicht nur, weil die Ökopartei mit 117 Abgeordneten mehr als genug Stimmen für eine Zweidrittel-Mehrheit bieten würde. So wäre auch im Falle einiger Abweichler genug Spielraum vorhanden, um das Finanzpaket zu beschließen.
Noch am Mittwoch verhandelten laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) Merz für die CDU, der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sowie die beiden Grünen-Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge, um auf einen Nenner zu kommen.
Optimistisch zeigte sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der in Kiel eine schwarz-grüne Regierung anführt. Im rbb24 Inforadio sagte der CDU-Politiker: „Ich habe die Grünen immer so kennengelernt, dass sie in solchen Zeiten immer das Land vor die Partei stellen und bereit sind, auch Verantwortung zu übernehmen. Und ich glaube, wenn man in dem Geist miteinander spricht, ist es auf jeden Fall möglich, hier auch zu Kompromissen zu kommen.“
Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion, lobte den Vorschlag der Grünen im Gespräch mit RTL/ntv sogar als „gute Grundlage“, um sich anzunähern. Es sei auch vorstellbar, die Bundestagsabstimmungen für die Schuldenbremse bei den Verteidigungsausgaben und für das Sondervermögen für Infrastriktur zu trennen, sollten die Grünen dann ersterem zustimmen. Allerdings komme es dabei auch auf die SPD an: „Und deshalb dürfte das an der Stelle sehr schwierig werden.“
Finanzpaket muss auch durch den Bundesrat: Kleinere Regierungsparteien erschweren Zustimmung
Nach aktuellem Stand soll am 18. März – also kommenden Dienstag – die entscheidende Lesung im Bundestag stattfinden und dann auch über das Finanzpaket abgestimmt werden. Für ein endgültiges Ja braucht es auch mindestens zwei Drittel der Länderstimmen im Bundesrat. Hier sitzen 69 Abgeordnete. Es werden also 46 Ja-Stimmen benötigt.
Drei Länder mit grüner Regierungsbeteiligung – neben Schleswig-Holstein auch Nordrhein-Westfalen und Bremen – fordern jedoch, dass die Länder mehr als die geplanten 100 Milliarden Euro vom Sondervermögen für Infrastruktur abbekommen. Hier sind 13 Stimmen vereint.

Bei Ländern, die von Linken, FDP oder BSW vertreten werden, erscheint eine Zustimmung fraglich, da die jeweiligen Regierungsparteien keine einheitliche Linie finden. Dies betrifft Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit insgesamt 22 Stimmen. Die in Bayern mitregierenden Freien Wähler haben ihre Zustimmung bislang offen gelassen. (mg, mit dpa)