Gefährliche Schäden an Rahmedetalbrücke auf der A45: Warum passierte jahrelang nichts?

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Jahrelang blieben massive Mängel an der A45-Brücke unbemerkt. Das hat bis heute Auswirkungen auf den bundesweiten Autobahnverkehr. Jetzt zeigten sich noch ganz andere Mängel.

Düsseldorf/Hamm – Das Rahmedetal bei Lüdenscheid in NRW kennt jeder, der ein Auto hat: jedenfalls spätestens seit 2021. Damals wurde die völlig marode A45-Brücke über das Rahmedetal dauerhaft gesperrt. Grund: Massive Bauschäden, die Brücke war akut einsturzgefährdet. Eine für den bundesweiten Verkehr wichtige Strecke ist seitdem unterbrochen, eine ganze Region ist durch Dauerstau belastet, die Nerven Tausender Autofahrer liegen regelmäßig blank. 2023 wurde die Brücke gesprengt, doch das Problem ist längst nicht aus der Welt – ganz im Gegenteil. Bis heute beschäftigt die Landespolitik die Frage: Wie konnte es zu dem Brückendesaster, das in ganz Europa für Aufsehen gesorgt hat, kommen? Und wie lässt sich ein solches Debakel künftig verhindern?

Marode A45-Rahmedetalbrücke: Warum waren die Schäden nie aufgefallen?

Am Montag tagte dazu erneut der Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag. Dort waren zuvor bereits Details ans Licht gekommen, die manche Abgeordnete sprachlos zurückließen. Jahrelang waren massive Mängel und Schäden nicht beseitigt worden. Zwischen 2017 und 2020 war keine Beeinträchtigung der Standfestigkeit des Bauwerks erkannt worden. Schwer nachvollziehbar, denn: Im November hatte ein Bauingenieur, der die Brücke 2021 genauer unter die Lupe genommen hatte, im Landtag ausgesagt, zahlreiche Schweißnähte an der Brücke seien regelrecht gerissen. Es habe schwerwiegende Korrosionsschäden gegeben. Nieten, die für Stabilität sorgen, seien komplett weggerostet. Warum waren die fatalen Schäden nie aufgefallen?

Jetzt zeigte sich: Die Kommunikation unter den zuständigen Prüfstellen ist wohl mindestens unzureichend. Diesen Eindruck musste man jedenfalls anhand der Aussagen eines am Montag geladenen Zeugen bekommen, der jahrelang als leitender Bauwerksprüfer zuständig war. Sein Job unter anderem: Die Prüfungsberichte der Ingenieure, die die A45-Brücke in Augenschein nahmen, auf Plausibilität zu untersuchen. Was denn mit seinen Untersuchungen passiere, wollte der Ausschussvorsitzende Stefan Engstfeld (Grüne) wissen. „Bei schwerwiegenden Schäden habe ich meinen Vorgesetzten in Kenntnis gesetzt“, so der Zeuge. „Und der macht dann was genau was damit?“, hakte Engstfeld nach. „Das ist Aufgabe meines Vorgesetzten. Wie die weiteren Maßnahmen aussehen, weiß ich nicht”, so der Bauwerksprüfer.

„Die Rahmedetalbrücke ist nicht irgendeine Brücke, die ist ja berühmt“

„Haben Sie denn mit Ihrem Vorgesetzten mal über die Rahmedetatbrücke geredet?“, fragte Engstfeld. Das könne er nicht mehr sagen, er habe jedes Jahr hunderte Prüfberichte auf seinem Schreibtisch. Engstfeld fragte noch einmal nach: „Aber die Rahmedetalbrücke ist ja nicht irgendeine Brücke, die ist ja berühmt geworden. Da versucht man sich doch nochmal zu erinnern, oder nicht?“ Das hätte er gemacht, aber weil er inzwischen einen anderen Job habe, fehle ihm Akteneinsicht.

Über Jahre hatte die Rahmedetalbrücke der A45 die Zustandsnote 3 erhalten – das bedeutet laut der Bundesanstalt für Straßenwesen: ein nicht ausreichender Bauwerkszustand. Hätte das nicht zu Maßnahmen führen müssen, wollte der FDP-Abgeordnete Christof Rasche wissen. „Bei der Note 3 guckt man vielleicht genauer hin, aber muss sich keine Sorgen machen“, antwortete der Baufachmann. Die Gesamtnote setze sich aus den Kriterien der Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit zusammen, schon ein fehlerhaftes Geländer könne zu zu so einer Note führen. „Das muss keinen Einfluss auf die Standsicherheit haben, wenn die Gesamtnote 3 ist.” 

Der SPD-Abgeordnete Gordan Dudas im NRW-Landtag.
Der SPD-Abgeordnete Gordan Dudas (links im Bild) im NRW-Landtag. © Peter Sieben

Von Sperrung der A45-Rahmedetalbrücke „überrascht“

Ob es ihn dann überrascht habe, als die A45-Brücke schließlich gesperrt werden musste, fragte der SPD-Abgeordnete Gordan Dudas den Zeugen. Dessen Antwort: „Ja, ich war überrascht. Das wäre ich bei jeder Brücke, so etwas erwartet man nicht.“

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) war von 2017 bis Oktober 2021 NRW-Verkehrsminister. Die Opposition will auch herausfinden, ob Wüst eine Verantwortung an dem Brückendesaster trägt. Wüst selbst hatte persönliche Versäumnisse aus seiner Amtszeit als Minister verneint.

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