Gastbeitrag zum "Constructive World Award": Eine radikale Idee über den Menschen ist unsere beste Hoffnung
Kriege, Klimakatastrophe, Krisen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik – es wird dunkler und kälter draußen. Das Leben zeigt uns seine Schattenseiten, wie es meine Generation bislang nicht erleben musste.
Angst und Unsicherheit machen sich breit, das Lächeln ist verschwunden, die Freundlichkeit erstickt und die Menschlichkeit ist scheinbar auf der Strecke geblieben.
Was wir aber brauchen, ist Hoffnung, Mut, an Veränderung zum Positiven zu glauben. Wir brauchen einen Game-Changer. Wir brauchen eine radikale Veränderung, eine revolutionäre Idee für den anderen Weg!
Die Idee ist längst da
Die gute Nachricht – diese Idee ist längst da! Diese Idee gibt es, seit es den Menschen gibt. Es ist eine Idee, die Machthabern seit Jahrhunderten Angst einjagt, gegen die sich unzählige Religionen und Ideologien gewandt haben, schreibt Rutger Bregman, der niederländische Historiker und einer der prominentesten jungen Denker Europas, in seinem Buch "Im Grund gut". Es ist eine Idee, über die die Medien eher selten berichten, deren Geschichte durch eine permanente Verneinung geprägt zu sein scheint.
Gleichzeitig ist es eine Idee, die von nahezu allen Wissenschaftsbereichen untermauert und von allen Evolutionen erhärtet und täglich im Alltag bestätigt wird. Eine Idee, die so eng mit der menschlichen Natur verknüpft ist, dass sie kaum auffällt.
Wenn wir den Mut hätten, diese Idee ernst zu nehmen, würde das eine Revolution entfesseln – die Gesellschaft auf den Kopf stellen.
Wenn diese Idee tatsächlich in unsere Köpfe vordringen würde, wäre sie vergleichbar mit einer lebensverändernden Medizin, nach deren Einnahme man nie mehr in der gleichen Art und Weise auf die Welt blicken würde, schreibt Bregman.
Worin besteht diese Idee?
Dass die meisten Menschen im Grunde gut sind!

Über die Artikelreihe
Robert Lübenoff ist Initiator der Initiative Gesunde Erde. Gesunde Kinder. und CEO der planero GmbH. Zudem ist er Vorstandsvorsitzender der fit4future foundation und Vorstand der Felix Neureuther Stiftung. In diesem Jahr war er Jury-Mitglied des "Constructive World Award" 2025.
Der "Constructive World Award" wurde 2023 von FOCUS online ins Leben gerufen. Mit dem Award soll die gesellschaftliche und journalistische Arbeit derjenigen gewürdigt werden, die unsere Welt konstruktiv nach vorne denken und bewegen.
Die Gewinnerinnen und Gewinner des "Constructive World Awards" werden auf einer feierlichen Veranstaltung am 5. Juni 2025 in Berlin bekannt gegeben.
In einer Reihe von Gastbeiträgen bringen die Jury-Mitglieder ihre Sicht und Ideen für die Lösung von gesellschaftlichen Problemen ein.
Falsches Selbstbild kultiviert
Der Mensch hat über Jahrtausende ein falsches Selbstbild kultiviert. Wir sind Egoisten, ja Tiere oder Schlimmeres.
"Dieses Menschenbild ist falsch, unrealistisch – hunderte wissenschaftliche Studien beweisen das", so Bregman und fordert: "wir brauchen einen neuen Realismus". Und dieser muss auf folgenden Regeln basieren:
Regel 1
Geh vom Guten eines Menschen aus.
Regel 2
Verzeihe. Verzeihen ist nicht nur ein Geschenk, es ist auch ein guter Deal. Denn der, der verzeiht, braucht keine Energie mehr für Hass und Neid.
Regel 3
Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.
Regel 4
Zeige Mitgefühl statt Empathie.
Mitgefühl ist beherrschender, distanzierter und konstruktiver. Es führt nicht dazu, das Leid eines anderen zu teilen, hilft jedoch, dessen Leid zu erkennen und aktiv zu bekämpfen.
Empathie kostet Energie, Mitgefühl verlieht Energie.
Regel 5
Versuche erst einmal den anderen zu verstehen, auch wenn du für ihn schließlich kein Verständnis aufbringen kannst.
Regel 6
Lasse keine Distanz zu.
Distanz ist der Handlanger des Bösen. Und derzeit bilden die Nachrichten, die Art und Weise, wie News kommuniziert und konsumiert werden, eine der größten Quellen der Distanz.

Regel 7
Habt Mumm zur ausgestreckten Hand.
Die simple Geste, die von Gutherzigkeit zeugt, löst meist den unwiderstehlichen Drang aus, ebenfalls etwas Gutes zu tun. Schäme dich nicht für das Gute.
In unserem Sprachgebrauch ist Realismus zum Synonym für den Zyniker geworden. Folgen wir aber diesen Regeln, beweisen wir, gerade der Zyniker ist weltfremd.
Seid also wirklich, seid tatsächlich. Folgt eurer Natur – und schenk Vertrauen. Schämt euch nicht für Menschlichkeit und Großzügigkeit. Tut Gutes bei hellem Tageslicht, fordert Bregman.
Es ist Zeit für ein neues Menschbild – für das wirkliche Menschenbild – das Bild des Menschen, der im Grund gut ist.