Merz-Regierung ist 100 Tage im Amt – was hat der Kanzler erreicht?
Seit rund 100 Tagen ist Merz‘ Regierung aus CDU/CSU und SPD im Amt. Wirtschaft, Rente, Migration – die Regierung hat einiges Versprochen. Eine Bilanz.
Berlin – Die schwarz-rote Koalition unter der Führung von Kanzler Friedrich Merz nähert sich der 100-Tage-Marke. In seiner ersten Regierungserklärung hatte Merz versprochen, dass die Bürgerinnen und Bürger bereits im Sommer merken würden, dass es in Deutschland vorangehe. Nach einem schwierigen Start bei der Kanzlerwahl wurden die inhaltlichen Arbeiten der Regierung zuletzt vor allem durch öffentliche Debatten innerhalb der Koalition überschattet.
100 Tage Merz-Regierung: Eine Bilanz
Die Koalition aus Union und SPD hat zu Amtsbeginn in den Bereichen Wirtschaft, Verteidigung und Migration viele Versprechen gemacht. Welche davon konnte die Regierung einhalten? Und wie beurteilt die deutsche Bevölkerung die Arbeit von Merz und seinen Ministerinnen und Ministern in den ersten 100 Tagen?
Zwischenfazit nach 100 Tagen Merz-Regierung: Dobrindts „Migrationswende“
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hatte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Zurückweisung von Migranten an den Grenzen, auch bei Asylgesuchen, beschlossen. Die Merz-Regierung setzt seitdem verstärkt auf Grenzkontrollen. Seit dem 8. Mai wurden an Deutschlands Landesgrenzen über 9500 Menschen zurückgewiesen, darunter 474 Asylsuchende (Stand: Anfang August). Rund 14.000 Bundespolizisten sind im Einsatz. Hoher Aufwand; geringe Wirkung. Das kritisiert nicht nur die Gewerkschaft der Polizei.
Für die von Dobrindt angekündigte „Migrationswende“ setzte die Regierung zudem den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre aus. Kurz vor der Sommerpause stellte der Innenminister im Bundestag zwei weitere Elemente seiner „Migrationswende“ vor: Erstmals wurde dabei über die Möglichkeit beraten, Staaten per Rechtsverordnung als sichere Herkunftsländer einzustufen. Einige Experten sehen in der Migrationspolitik der Merz-Regierung in den ersten 100 Tagen vor allem Symbolpolitik.
100 Tage im Amt: Merz als „Außenkanzler“
Schon zu Beginn seiner Kanzlerschaft zeigte sich, dass Merz angesichts der globalen Lage einen großen Teil seiner Arbeit der Außenpolitik widmen würde. Doch wie erfolgreich war der „Außenkanzler“ Merz in den ersten 100 Tagen? Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder vergleicht seine Leistung mit der des SPD-Vorgängers Olaf Scholz.
Schroeder erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass Merz in der Außenpolitik im Vergleich zu Scholz „deutlich erfolgreicher, weil er sichtbarer ist, weil er kommunikativer ist, weil er selbst auch die Initiative ergreift“. Allerdings bestehe die Gefahr, dass der Kanzler dabei Fehler mache. Schroeder verweist auf das letztlich folgenlose „Ultimatum“ an Russlands Präsident Wladimir Putin im Ukraine-Krieg.
Wahlversprechen der schwarz-roten Regierung: Kehrtwende bei der Stromsteuer
Vor der Bundestagswahl hatte die Union versprochen, die Stromsteuer für alle deutschen Bürger abzuschaffen, um die Energiekosten zu senken. Im Koalitionsvertrag steht dazu: „Das wird über die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und die Halbierung der Netzentgelte geschehen.“
Innerhalb der ersten 100 Tage im Amt hat die Merz-Regierung jedoch bei der Stromsteuer eine Kehrtwende vollzogen. Sie wurde zwar abgeschafft, aber nur für das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft. Diese Entscheidung brachte der Regierung Kritik ein. CSU-Chef Markus Söder versuchte zu beschwichtigen und nannte die Netzentgelte und die entfallende Gasumlage als ausreichende Entlastungen.
100 Tage Merz-Regierung: Milliarden-Investitionen und Steuererleichterungen
Kanzler Merz hatte sich auch vorgenommen, die schwächelnde deutsche Wirtschaft wiederzubeleben, bisher jedoch mit wenig Erfolg. Das BIP schrumpfte im zweiten Quartal um 0,1 Prozent, und für 2025 wird nur ein Wachstum von 0,3 Prozent prognostiziert. Laut einer Umfrage der Wirtschaftswoche sind 59 Prozent der Wirtschaftsentscheider mit Merz‘ bisheriger Leistung unzufrieden.
Zwar wurden milliardenschwere Steuererleichterungen für Unternehmen beschlossen und die Gasspeicherumlage abgeschafft, doch Maßnahmen zum Bürokratieabbau fehlen noch. Experten erwarten jedoch durch die Milliarden-Investitionen im Jahr 2026 einen Aufschwung, da es Zeit braucht, bis die Maßnahmen der Merz-Regierung Wirkung zeigen können.
Renten-Politik der Merz-Regierung: Teure Wahlversprechen eingelöst
Erfolge kann Merz bei der Rente verbuchen: Sowohl CDU/CSU als auch SPD konnten mit dem ersten Rentenpaket ihre Wahlversprechen einlösen. Das Rentenniveau wird im neuen Rentengesetz bis 2031 bei 48 Prozent festgeschrieben, und die Mütterrente wird ausgeweitet. Allerdings gab es heftige Kritik von namhaften Ökonomen wegen der hohen Kosten. Für die von Merz favorisierte Aktivrente wird erst nach der Sommerpause ein Gesetzesentwurf vorgelegt. In den ersten 100 Tagen gab es jedoch immer wieder Streit zwischen den Regierungsparteien über die Ausgestaltung einer großen Rentenreform.
100 Tage im Amt: Merz-Regierung vor langwieriger Bürgergeld-Reform – mit viel Koalitionsstreit
Obwohl Merz angekündigt hatte, das Bürgergeld „so schnell wie möglich“ durch eine neue Grundsicherung zu ersetzen und zweistellige Milliardenbeträge einzusparen, ist die Reform noch nicht in Sicht. Bisher wurde nur beschlossen, dass ukrainische Geflüchtete ab April 2025 niedrigere Asylbewerberleistungen statt Bürgergeld erhalten sollen, was jedoch keine nennenswerten Einsparungen bringt. Die Koalition ist beim Thema Bürgergeld uneinig – während Merz deutliche Kürzungen fordert, lehnt die SPD Leistungskürzungen kategorisch ab.
Merz-Regierung nach 100 Tagen: Kanzler und Minister in Umfragen
Nach rund 100 Tagen im Amt sind die jüngsten Bewertungen für den Kanzler und die Regierung zurückhaltend. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend verzeichnete Merz einen deutlichen Rückgang seiner persönlichen Sympathiewerte. Derzeit sind 32 Prozent mit seiner Arbeit zufrieden, während 65 Prozent laut einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap unzufrieden sind.
Ein ähnliches Bild zeigt die aktuelle Insa-Umfrage für die Bild am Sonntag: 59 Prozent der Befragten äußerten Unzufriedenheit mit der Arbeit des Kanzlers, während nur 30 Prozent zufrieden sind. Auch die Gesamtleistung der Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD wird in der aktuellen Umfrage eher negativ bewertet: 60 Prozent sind unzufrieden, nur 27 Prozent zufrieden, und 13 Prozent machten keine Angabe.