100 Tage Merz-Regierung – Kurswechsel um die Stromsteuer-Senkung
Eigentlich sollte die Bundesregierung die Stromsteuer senken. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Allerdings kam es deutlich anders.
Berlin – Seit 100 Tagen ist die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz im Amt. In den Medien häufen sich derzeit die Berichte über Unzufriedenheit an der Regierung. In mehreren wichtigen Fragen ist Merz schnell eingeknickt – eine davon betrifft die Strompreissteuer und ihre eigentlich versprochene Senkung. Im Gegenteil könnte eine neue Abgabe die Strompreise künftig weiter steigen lassen. Wir werfen einen Blick zurück auf 100 Tage Strompreis-Chaos.
Entlastung bei der Stromsteuer – Merz-Regierung plant Änderungen vor der Wahl
„Wir wollen eine spürbare Entlastung von Bürgern und Unternehmen von den Energiepreisen bereits in den ersten 100 Tagen erreichen.“ So kündigte es der Unionspolitiker Jens Spahn im Gespräch mit der Welt am Sonntag an. Das war Anfang November 2024. Das Werkzeug für diese Maßnahme stand ebenfalls schon fest: „Das wird über die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und die Halbierung der Netzentgelte geschehen.“

Anders sei es nicht möglich, den Erfolg von klimaneutralem Strom zu gewährleisten. Es könnten sich „stromintensive Anwendungen wie Elektromobilität oder die Wärmepumpe“ nicht ausreichend durchsetzen. Seit 2003 beträgt die Stromsteuer pro Kilowattstunde Strom 2,05 Cent. Das von der EU vorgeschriebene Minimum liegt bei 0,1 Cent.
Als die Union dann nach der Bundestagswahl im Februar 2025 tatsächlich noch einmal in Regierungsverantwortung kam, schrieb sie diese Stromsteuersenkung auch im Koalitionsvertrag fest: „Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren.“
Entlastung ja, aber nicht für alle – Merz schwenkt bei Stromsteuer um
Aber es kam ganz anders. Ja, das Kabinett hatte beim Haushaltsentwurf beschlossen, dass es zum 1. Januar 2026 Entlastungen bei den Netzentgelten geben soll. Diese sind Bestandteil des Strompreises. Weiter soll für Gaskunden die sogenannte Gasspeicherumlage wegfallen. Bei der Stromsteuer aber zog die Koalition größeren Unmut auf sich: Sie soll zunächst nur für das produzierende Gewerbe und für die Land- und Forstwirtschaft entfallen.
„Wir hätten eine Entlastung von bis zu 200 Euro pro Kopf oder pro Haushalt in der Bevölkerung in Deutschland machen können“, zitierte die Welt den Bundeskanzler. „Wir machen tatsächlich 150 Euro im Jahr und wir wollen vor allem die produzierende Industrie in Deutschland entlasten.“
CSU-Chef Markus Söder verwies bei einer Pressekonferenz der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw) darauf, dass es durch die anderen Änderungen bereits Entlastungen gebe. Dabei ging es eben um die Gaskunden und die Netzentgelte. Die versprochene Absenkung der Stromsteuer aber sollte erst später für reguläre Haushalte erfolgen.
Entlastung für alle – Länderchefs stellen Forderung an Merz-Regierung
Wie geht es weiter? Mitte Juli haben noch einzelne Länderchefs die Bundesregierung zum Umdenken aufgefordert. Die Stromsteuersenkung für alle müsse kommen. „Es muss auf jeden Fall noch einmal darüber nachgedacht werden, ob man nicht diese Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger auch erreichen kann“, zitiert die Zeit dazu Alexander Schweitzer von der SPD. Aus Thüringen und Bayern waren ähnliche Töne zu hören.
Die Bundesregierung müsse ihrem eigenen Koalitionsvertrag gerecht werden, forderte Schweitzer. Bislang gab es jedoch bei der Merz-Entscheidung keine Anpassungen. Ab 2026 sinkt die Stromsteuer – aber nur für das produzierende Gewerbe.