„Die meisten Patienten sind überrascht“

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Karte statt Zettel: Seit der Einführung des E-Rezeptes liest Apotheker Fritz Grasberger Rezepte häufiger durch Gesundheitskarten aus. © Thomas Plettenberg

Seit Anfang Januar sind rosa Rezepte passé. Trotz Startschwierigkeiten beim E-Rezept ziehen Apotheker und Ärzte im Landkreis eine positive erste Bilanz.

Landkreis – Statt rosa Zettel nimmt Apotheker Dr. Fritz Grasberger aus Miesbach jetzt häufiger Gesundheitskarten entgegen. Denn seit dem 1. Januar verschreiben Ärzte Medikamente nicht mehr auf Papier, sondern digital. „Mittlerweile bekommen wir überwiegend E-Rezepte“, erzählt der Sprecher der Apotheker im Landkreis. Im Großen und Ganzen sei die Umstellung gut angelaufen, lautet ein erstes Resümee.

Viele Ärzte nutzen das E-Rezept

Das E-Rezept können Patienten über die Gesundheitskarte, per App oder als ausgedruckte Version mit QR-Code einlösen. Zwar konnten Ärzte das digitale Rezept auch schon vor dem Jahreswechsel verwenden, doch in den vergangenen zwei Wochen registrierte der Inhaber der Alten Stadtapotheke einen rasanten Anstieg. Allerdings gebe es für einige Medikamente wie Betäubungs- oder Hilfsmittel noch kein digitales Rezept. „Bis das kommt, fahren wir zweigleisig“, sagt Grasberger.

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Bisher laufe die Umsetzung gut, „wenn die Technik beim Server funktioniert“. Denn die Rezepte werden digital auf einem zentralen Server gespeichert, auf den Arztpraxen und Apotheken über sogenannte Konnektoren zugreifen können. „In den überwiegenden Fällen funktioniert das gut“, zieht Grasberger eine erste Bilanz. Die meisten Patienten würden die verordneten Medikamente über die Gesundheitskarte auslesen lassen.

E-Rezept bedeutet für Apotheker mehr Aufwand

Für die Apotheker ergibt sich durch das neue System aber auch mehr Arbeit. „Wir müssen jedes Rezept einzeln abrufen, das ist zeitaufwendiger.“ Zudem sei viel bürokratischer Aufwand damit verbunden: Apotheker brauchen zum Beispiel spezielle Heilberufsausweise, um Zugang zum Server zu erhalten. Damit Grasberger das Rezept einsehen kann, muss es zuvor digital von einem Arzt unterschrieben werden. Viele Ärzte würden die Rezepte allerdings gebündelt signieren.

Dadurch könne es vorkommen, dass ein Rezept noch nicht unterschrieben ist, wenn der Patient in die Apotheke kommt. „Dann müssen wir den Arzt anrufen.“ Allerdings durften Apotheker auch bei den rosa Rezepten Medikamente nicht ohne Unterschrift rausgeben, ergänzt der Apotheker. Die Kunden seien anfangs meist noch skeptisch, beobachtet Grasberger. Das Vertrauen ins neue System müsse erst aufgebaut werden. „Wenn alles funktioniert, ist die Resonanz aber sehr positiv.“

Hausarzt bemängelt fehlende Aufklärung

Ähnliche Erfahrungen macht auch Dr. Thomas Straßmüller. „Die meisten Patienten sind tatsächlich überrascht, weil sie nicht informiert sind“, stellt der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands fest. Straßmüller hätte sich hier mehr Aufklärung durch die Politik und vor allem Krankenkassen gewünscht. „Diese Aufgabe bleibt jetzt an den medizinischen Fachangestellten hängen.“

Technisch habe es gerade am Anfang noch ein paar Probleme gegeben, doch „wenn’s läuft, dann läuft’s“. Besonders in der ersten Woche habe es Probleme bei der Verbindung mit dem Server gegeben. Gleichzeitig waren die IT-Hotlines überbelegt, berichtet der Hausarzt. „Wir haben nicht erwartet, dass es völlig reibungslos startet.“ Dass technische Probleme teilweise einen ganzen Vormittag andauerten, sei dennoch „ärgerlich“.

E-Rezept bietet auch Vorteile für Ärzte

Auch von seinen Kollegen im Landkreis habe der Ärzte-Sprecher keine schlechten Rückmeldungen bekommen. „Ich hätte erwartet, dass es schlimmer wird“, gibt er zu. Die meisten hätten das E-Rezept jedoch vorher schon getestet. Denn Arztpraxen und Apotheken arbeiten schon seit rund zwei Jahren an der Einführung. Ein teurer Schritt für die Ärzte, da die Kosten nur teilweise von der Kassenärztlichen Vereinigung erstattet werden.

Straßmüller sieht aber auch Vorteile: „Wir können zum Beispiel am Telefon Rezepte ausstellen.“ Voraussetzung ist allerdings, dass die Gesundheitskarte im Quartal bereits in der Praxis vorlag. Problematisch sieht Straßmüller den Umgang mit Patienten, die ihre Karte nicht selbst zur Apotheke bringen können, weil sie zum Beispiel auf Hausbesuche oder Pflegedienste angewiesen sind. „Da wird noch an einer Lösung gearbeitet.“ In solchen Fällen kann derzeit mit dem Ausdruck des digitalen Rezeptes gearbeitet werden.

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