Nach Havarie in Wiedenzhausen: 99 Prozent der Lebensmittel wurden vernichtet
17 Stunden lang haben mehr als 40 Einsatzkräfte des THW Dachau in der Nacht zum 8. Januar gebraucht, um einen verunglückten Sattelzug zu bergen, der tonnenweise Lebensmittel geladen hatte (wir berichteten). Die Ware wurde seinerzeit vernichtet. Ein Leser der Heimatzeitung meldete sich nun und fragt: Warum?
Wiedenzhausen – Milch, Joghurt, Fleisch, Wurst und vieles mehr: Der Lkw fuhr am Montag, 8. Januar, voll beladen mit der Ware eines Lebensmitteldiscounters über die Staatsstraße 2051 durch die Nacht. Im Buchwald bei Wiedenzhausen dann passierte es: Der Sattelzug kam bei Schneeglätte von der Fahrbahn ab und landete im Straßengraben.
40 Kräfte des THW Dachau hatten die folgenden 17 Stunden bei frostigen Temperaturen damit zu tun, den Brummi wieder flott zu bekommen. Sie mussten ihn heben, das mit Diesel und Öl durchtränkte Erdreich ausheben, vor allem aber mussten sie den Lkw ausräumen.
Es sei viel Bruchware dabei gewesen, die seine Kollegen einzeln hätten anpacken müssen, so der stellvertretende THW-Ortsbeauftragte und Pressesprecher Sven Langer, der von einer „knochenharten Sisyphusarbeit“ sprach. Laut Langer wurden sämtliche Lebensmittel damals vernichtet. Ein Leser der Heimatzeitung erfuhr dies und fragt sich nun: „Wenn da tadellose Ware dabei war, warum wurde die vernichtet? Hätte man sie nicht verkaufen oder der Dachauer Tafel spenden können?“
Havariekommissar ist zuständig für Transportschäden aller Art
„Abgeneigt wären wir nicht“, sagt Albert Solleder, bei der Dachauer Tafel verantwortlich fürs Personal und die Logistik. Gerne würde die Hilfseinrichtung Lebensmittel annehmen – in verwertbaren Mengen, versteht sich.
Nur: „Uns hat das Herz geblutet, die Sachen vernichten zu müssen“, sagt Langer, aber das THW sei nur ausführendes Organ gewesen und habe auf Anweisung gehandelt. Denn wenn es um Transportschäden aller Art geht, kommt der Havariekommissar ins Spiel. Ein Begriff, der ursprünglich aus der Seefahrt stammt. Ganz gleich, ob Lebensmittel, Maschinen oder Rohstoffe, dieser Sachverständige kümmert sich um die Sichtung der Schäden.

Einer von ihnen ist Jürgen Sellmayer vom Ingenieur- und Sachverständigenbüro KS Gutachten in Attaching (Landkreis Freising). Er sagt: „Nur wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist“, werde Havarie-Gut weiterverwendet. Oft handele es sich bei Lebensmitteln um Markenprodukte anderer Hersteller, die der Discounter nicht einfach weiterverwenden könne. Da gelte es erst die Freigabe der Versicherung einzuholen.
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Und: Lebensmittel seien nicht hochpreisig. Daher würden sie „zu 99 Prozent vernichtet“, erklärt der Havariekommissar und geht ins Detail: Verderbliche Ware komme sowieso weg. Bei lebenden Tieren entscheide der Amtstierarzt, ob sie getötet werden oder weiterleben dürfen. Bei Lebensmitteln gehe man auf Nummer sicher. Gerade bei verunfallten Lastwagen gelte es genau auf die Hygiene zu achten. Es könne sein, dass die Ware mit Giftstoffen oder ausgelaufenen Betriebsstoffen wie Öl oder Benzin in Kontakt geraten sei.
Sellmayer fragt daher: „Wer übernimmt da die Verantwortung“ im Falle einer Weiterverwendung? Man stelle sich bloß vor, Havarie-Lebensmittel gingen an die Tafel und einem Verbraucher passiert etwas beim Verzehr.