Spediteur verzweifelt: Bürokratie verhindert Anstellung des dringend benötigten Lkw-Fahrers
Sollte die bayerische Staatsregierung bei ihrer Entbürokratisierungs-Offensive noch Fallbeispiele suchen, hier ist eines: Ein Lkw-Spediteur aus Egling möchte einen Lkw-Fahrer aus Bosnien einstellen. Er scheitert auf der ganzen Linie. Jetzt muss er den Mann entlassen.
Auf ihrer Internetseite betreibt die IHK-Abteilung für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ein bisschen Eigenwerbung. Sie leiste „einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland und besseren Integration von Migrantinnen und Migranten“. In vielen Fällen mag das stimmen, im Fall Admir Mujcinovic eher nicht. Seit fast zwei Jahren ärgert sich Lkw-Spediteur Bernhard Schultes mit den Behörden herum. Er würde Mujcinovic gerne beschäftigen. Geht aber nicht. „Jeder schiebt den schwarzen Peter auf den an㈠deren.“
Büroangestellte vermittelte dringend gesuchten Fahrer
Schultes betreibt in Egling (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen) eine Spedition. Acht Lkw, neun Brummi-Fahrer für seine 40-Tonner. Er transportiert Lebensmittel, Holz, Messegut und Verpackungsmaterial quer durch Europa. Und sucht dringend Fahrer. Eine Büroangestellte vermittelte ihm ihren Verwandten Amir Mujcinovic aus Bosnien.
Fakt ist, dass Mujcinovic in Bosnien einen Lkw-Führerschein gemacht hat. Doch es gibt ein Problem: Bosnien gehört nicht zur EU., ist nur Beitrittskandidat. Daher wird der Führerschein nicht anerkannt. Wäre der 39-Jährige bei einer bosnischen Firma angestellt und würde ab und an nach Deutschland Fracht ausliefern, wäre das kein Problem. Als Berufskraftfahrer für eine deutsche Firma zu arbeiten, ist jedoch nicht so ohne Weiteres möglich. Dazu muss der Führerschein anerkannt sein. Zuständig dafür ist das Landratsamt in Bad Tölz, das sich jedoch weigerte. Denn in Paragraf 31 der Fahrerlaubnis-Verordnung, Anlage 11, ist Bosnien-Herzegowina gelistet. Das bedeutet: Der Führerschein gilt nicht, eine Extra-Fahrprüfung ist nötig.
Landrat resigniert: Habe keinen Spielraum
Der Tölzer Landrat Josef Niedermaier (FW) hat sich auf Bitten unserer Redaktion den Fall angeschaut. Auch er sagt: „Da haben wir keinen Spielraum.“ Lkw-Fahrer Mujcinovic müsste allerdings nicht die gesamte Prüfung mit Theorie- und Praxisteil absolvieren, sondern nur die Fahrprüfung selbst. Das wäre Schritt eins. Schritt zwei: Der Führerschein muss der IHK-Stelle für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse vorgelegt werden – es ist die sogenannte IHK FOSA (Foreign Skills Approval), die ihren Sitz in Nürnberg hat. Als Körperschaft öffentlichen Rechts darf diese Quasi-Behörde Bescheide erlassen, ob eine im Ausland erworbene Berufsqualifizierung in Deutschland gilt oder eben nicht. Im Fall von Mujcinovic sagt die FOSA: Nein, gilt nicht.
Mit Auflagen überladener Bescheid der IHK FOSA
Mit Bescheid vom 31. August 2023 ergingen folgende Auflagen: Um als Lkw-Fahrer im Nah- und Fernverkehr zu arbeiten, müsse Mujcinovic das Be- und Entladen von Lkw und das Führen von Lkw zwölf Monate in Vollzeit üben – eine sogenannte Maßnahme zur Anpassungsqualifizierung. Allerdings benötigt er dafür einen gültigen Führerschein. Ziemlich viel Aufwand für einen Lkw-Fahrer. Landrat Niedermaier ist noch über eine Zusatz-Hürde gestolpert: Die Qualifizierungsmaßnahmen müssen in deutscher Sprache erfolgen. Unverständlich, findet er, aber die IHK legt es so fest.
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So werden wir den Fahrermangel nie lösen.
Es gibt noch mehr Ungereimtheiten: Zum Beispiel darf ein Lkw-Führerschein aus dem Kosovo umgeschrieben werden, obwohl der Kosovo auch nicht zur EU gehört. Vielleicht sind die Prüfungen dort anders, man weiß es nicht. Auch in Österreich ist alles unkomplizierter, hat der Landrat gehört. Er findet: „So werden wir den Fahrermangel in der Logistikbranche nie lösen.“ Fahrermangel gebe es ja auch in der Busbranche. Auch da sind die Hürden bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen hoch. Der Busunternehmer Ettenhuber im Landkreis Ebersberg holte sich jüngst sogar indische Busfahrer, besorgte ihnen einen festen Wohnsitz in Kroatien und ließ sie dort einen EU-Führerschein machen. Den Bericht darüber hat auch Bernhard Schultes gelesen, worauf er sich mit seinem Fall an unsere Zeitung wandte.
Der Mann muss gehen
Doch offenbar gibt es keine Lösung. Schultes hatte Mujcinovic übergangsweise als Lageristen angestellt. Der Vertrag endet Ende Juli und eigentlich braucht Schultes keine Lagerarbeiter, sondern eben Lkw-Fahrer. „Ich werde ihn jetzt leider entlassen“, sagt er frustriert. „Das ist doch alles aberwitzig.“