Diabetes bald „ausgerottet“? Chinesische Ärzte wollen guten Therapieansatz gefunden haben

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Laut Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leben weltweit Millionen von Menschen mit Diabetes. Die Suche nach geeigneten Behandlungen ist daher enorm wichtig. © HalfPoint Images/Imago

Nie mehr Insulinspritzen? Patienten mit Diabetes sind häufig lebenslang auf eine Behandlung angewiesen. Eine Stammzelltherapie gibt jedoch Hoffnungen.

Ein chinesisches Forscherteam meldet wichtige Fortschritte in der Therapie von Diabetes Typ 2. Aus körpereigenen Zellen stellten die Wissenschaftler Stammzellen her, die eine weitere Behandlung des Diabetes mit Medikamenten überflüssig machen sollen. Die im Fachblatt Cell Discovery veröffentlichte Studie zeigt, dass körpereigenes, aus Stammzellen gewonnenes Inselgewebe die Insulinproduktion bei einem Patienten wiederherstellen und die Blutzuckerkontrolle bei dem Diabetiker deutlich verbessern konnte. Während das Team um Jiaying Wu aus Shanghai von einem Meilenstein in der Forschung spricht, sieht der deutsche Experte Peter Nawroth die Ergebnisse allerdings kritisch.

Durchbruch in der Stammzelltherapie bei Diabetes Typ 2?

Der im Rahmen der Studie behandelte 59-jährige Mann litt bereits seit 25 Jahren an Diabetes Typ 2. Im Krankheitsverlauf entwickelte er eine diabetische Nierenerkrankung im Endstadium, die 2017 eine Nierentransplantation notwendig machte. Trotz der Transplantation schwankte sein Blutzuckerspiegel allerdings auch weiterhin. Um das Risiko eines erneuten Nierenversagens zu verringern, war der Patient daher immer noch täglich auf mehrere Insulinspritzen angewiesen.

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In dem klinischen Versuch behandelten die Forscher aus China nach eigenen Angaben den Patienten mit Typ-2-Diabetes im Spätstadium daher mit aus Stammzellen gewonnen Inselzellen. Die in der Bauchspeicheldrüse ansässigen Inselzellen, auch Langerhans-Inseln genannt, sind Zellhaufen in der Bauchspeicheldrüse, die bei gesunden Menschen Insulin produzieren. Bei Diabetikern ist die Produktion kaum oder gar nicht intakt. In manchen Fällen kann das Insulin zudem nicht verstoffwechselt werden. Dadurch ist die Regulation des Blutzuckers nicht mehr gewährleistet. Bei falscher Behandlung kann Diabetes daher zu schwerwiegenden Komplikationen wie Herzerkrankungen, Sehstörungen und Nierenerkrankungen führen.

Insulinproduzierende Inselzellen könnten Behandlung vereinfachen

Die Ergebnisse der aktuellen Studie scheinen vielversprechend:

  • Innerhalb von nur zwei Wochen verbesserte sich die Fähigkeit des Körpers zur natürlichen Regulierung des Blutzuckerspiegels.
  • Durch die Transplantation der neuen, im Labor gezüchteten Zellen konnte der Patient den Forschern zu Folge wieder körpereigenes Insulin produzieren.
  • Elf Wochen nach der Transplantation konnte der Patient die zuvor regelmäßigen Insulininjektionen einstellen.
  • Ein Jahr nach der Transplantation konnte er seine Diabetes-Medikamente absetzen.
  • Auch die langfristige Blutzuckereinstellung normalisierte sich in der Nachbeobachtungszeit.

Die Autoren betonen, dass die Studie einen entscheidenden Fortschritt auf dem Gebiet der regenerativen Medizin darstellt, bei der die körpereigene Regenerationsfähigkeit zur Behandlung von Krankheiten genutzt wird. „Unsere Technologie ist ausgereift und hat die Grenzen auf dem Gebiet der regenerativen Medizin zur Behandlung von Diabetes erweitert“, erklärt Yin Hao vom Shanghai Changzheng Hospital gegenüber dem chinesischen Nachrichtenmagazin „The Paper“.

Kritische Worte von Experten: „Diese Arbeit ist kein Durchbruch“

Bereits in früheren Untersuchungen konnten Patienten mit Typ-1-Diabetes durch eine Transplantation von Stammzellen geheilt werden, wie das Ärzteblatt berichtet. Typ-2-Diabetes, die häufigste Form, betrifft fast 90 Prozent der Menschen, die mit Diabetes leben. Diese Form ist allerdings weitgehend ernährungsbedingt und entwickelt sich meist erst im Laufe der Zeit. Da die Behandlung des Typ-2-Diabetes sehr komplex ist, stellt die Kontrolle des Blutzuckerspiegels dem Experten Peter Paul Nawroth, ehemaliger Professor an der Columbia University, zufolge nur einen Therapie-Aspekt dar.

Professor Peter Paul Nawroth sieht die Ergebnisse daher kritisch: „Diese Arbeit ist eigentlich kein Durchbruch. Aus körpereigenen Zellen wurden schon vorher von vielen Arbeitsgruppen Insulin-produzierende Stammzellen hergestellt.“ Der Typ-2-Diabetes, von dem es viele sehr verschiedene Subgruppen gebe, sei zudem ein Konglomerat von Erkrankungen. Somit sei die Normalisierung des Blutzuckerspiegels durch Ersatz der Insulin-produzierenden Zellen zwar eine Therapie der Ursache des Typ-1-Diabetes, doch nicht des Typ-2-Diabetes. Es wäre eben nur ein Aspekt dieser komplexen Erkrankung therapiert worden, erklärt er gegenüber Focus Online. Die Konstellation des Patienten sei zudem sehr speziell. Da wichtige klinische Angaben fehlen würden, spreche die aktuelle Studie für einen sehr speziellen Einzelfall.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion nicht beantwortet werden.

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