Kreml beschlagnahmt Wohnungen in Mariupol – und verkauft massenhaft an Russen

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Zwei Personen gehen eine Straße in der Nähe eines beschädigten Gebäudes entlang. (Archivbild) © dpa

Mariupol wird russifiziert während Ukrainer ihre Heimat verlieren: Russische Immobilienentwickler verkaufen Neubauten auf Trümmern zerstörter ukrainischer Häuser.

Mariupol – Russische Immobilienentwickler preisen in Mariupol den „majestätischen Stil“ neuer Wohngebäude an. Dabei verschweigen sie jedoch deren wahre Geschichte: Die Neubauten entstehen auf den Trümmern von Häusern, die während der brutalen russischen Eroberung im Ukraine-Krieg zerstört oder beschädigt wurden.

Ukraine-Krieg: Vertreibung der ursprünglichen Bewohner aus Mariupol

Wie das Wall Street Journal berichtet, ist das prominenteste Beispiel das historische Uhrenhaus aus den 1950er Jahren, einst eine der begehrtesten Adressen Mariupols. Nach schweren Beschädigungen durch russische Raketenangriffe im März 2022 wurde das Gebäude Ende 2022 vollständig abgerissen. Die ursprünglichen Bewohner, die während der Belagerung geflohen waren, sind nun von der Sanierung ausgeschlossen.

„Wir, die Vorbesitzer, haben kein Recht, dort zu sein“, erklärt Elena Pudak, deren Mutter eine Wohnung in dem Gebäude besaß und nun in Deutschland lebt. Stattdessen wurden die Wohnungen im Neubau größtenteils an russische Neuankömmlinge verkauft.

Systematische Enteignung und Neubesiedlung – Historisches Muster der Russifizierung

Die von Russland unterstützten Behörden haben Tausende von Wohnungen beschlagnahmt, nachdem sie diese für „herrenlos“ erklärt hatten. Geflohene Ukrainer stehen vor wachsenden Hürden bei der Rückkehr oder Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen. Gleichzeitig profitieren russische Neuankömmlinge von Vergünstigungen wie 2-Prozent-Hypothekenzinsen.

Diese Strategie der ethnischen Verdrängung verfolgt Moskau laut Wall Street Journal bereits seit Jahrzehnten. Bereits in den 1930er Jahren wurde der östliche Donbass von Russen überschwemmt, als die Sowjetunion die Region industrialisierte – parallel zu einer Hungersnot, die Millionen ukrainischer Bauern das Leben kostete.

Ethnische Verdrängung: Neue Bewohner aus Russland

Eine Russin aus Sibirien berichtet, sie habe eine Wohnung gekauft, die „nur geringfügige Renovierungsarbeiten“ benötige, und plane dort ihren Ruhestand zu verbringen. Vorerst vermiete sie die Wohnung an eine Moskauerin, die nun in Mariupol arbeitet.

Die ursprünglichen Bewohner des Uhrenhauses versuchten vergeblich, ihre Rechte durchzusetzen. Obwohl ein Dekret aus 2022 ihnen theoretisch das Recht auf Umsiedlung am Standort ihres ehemaligen Hauses garantierte, wurde das Gebäude von einer Tochtergesellschaft des russischen Staatsunternehmens Roskapstroy zur kommerziellen Sanierung übernommen. Die angebotene Entschädigung war laut Wall Street Journal so gering, dass ein Bewohner kommentierte: „Es reicht kaum für eine Grabstätte.“ Selbst eine Klage gegen die sogenannte Volksrepublik Donezk und ein Brief an Putin blieben erfolglos – das Gericht entschied Ende 2023 gegen die ursprünglichen Bewohner.

Ukraine-Krieg: Internationale Sanktionen gegen russisches Immobilienunternehmen

Die USA verhängten 2023 Sanktionen gegen Roskapstroy und seine Tochtergesellschaften wegen ihrer Aktivitäten im besetzten Mariupol.

Das Uhrenhaus steht heute als Symbol für Russlands systematische Umgestaltung der eroberten Gebiete – sowohl aus Profitgründen als auch zur Durchsetzung politischer Ziele durch demografischen Wandel. (sot)

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