Stadt stellt ihre Wirtshäuser auf Prüfstand

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Die Schranne in der Dachauer Altstadt braucht einen neuen Brandschutz. Kosten: über 6 Millionen Euro. © dn

Der Stadt geht das Geld aus. Im Bauausschuss wurde daher am Dienstag das lange Zeit Undenkbare gedacht: Die Stadt gibt ihre Wirtshäuser auf.

Die Stadt wird in den kommenden Jahren keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, lautete das bittere Fazit von Kämmerer Thomas Ernst am Dienstag erst gegenüber den Stadträten, dann gegenüber der Presse. Der Verwaltungshaushalt, also gewissermaßen das Girokonto der Stadt, wird seinen Berechnungen zufolge im Jahr 2025 mit einem Minus von zirka 12 Millionen Euro schließen; in den Jahren bis 2028 dürfte es nicht besser werden.

Was die Ausgabenseite der Stadt vor allem belastet, sind massiv steigende Ausgaben beim Personal – rund 39,5 Millionen Euro in 2025 – sowie die Kinderbetreuung, deren Kosten in den Jahren rapide stiegen. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 gab die Stadt für ihre Kitas jährlich noch rund 15 Millionen aus, nächstes Jahr sind es schon 17,9 Millionen Euro und ab 2027 über 20 Millionen Euro. Die Kreisumlage wirkt sich ebenfalls massiv auf den Stadthaushalt aus: Mindestens 41 Millionen Euro überweist das Rathaus nächstes Jahr ans Landratsamt – und auch hier gilt: Tendenz steigend.

Kämmerer Ernst stellte den Stadträten bei dem Treffen daher die Gewissensfrage: Was ist in schwierigen Zeiten wie diesen, wo weder Bund, noch Land den Kommunen auch nur ansatzweise finanzielle Erleichterungen in Aussicht stellen, wirklich noch eine originäre Aufgabe der Stadt? Und um den gewählten Volksvertretern und Entscheidungsträgern in dieser Frage die Antwort zu erleichtern, lieferte er auch gleich zumindest einen Hinweis mit: Die städtischen Wirtshäuser dürften seiner Meinung nach wohl nicht zu den primären Aufgaben einer Stadt gehören.

Die CSU-Stadträte schlossen sich dieser Meinung an. Der Betrieb und vor allem der Unterhalt der Gaststätten – Kulturschranne, Ziegler, Drei Rosen, Stadtkeller, Kochwirt und Roula – koste „unglaublich viel Geld“ und gehöre daher zumindest eingehend diskutiert. Gertrud Schmidt-Podolsky schickte zwar hinterher, dass „nun bitte nicht der Eindruck entstehen soll, dass wir partout gegen die Wirtshäuser sind. Aber wir müssen ein Zeichen setzen“! Angesichts der Tatsache, dass vor allem die Sanierung von Schranne, Zieglerbräu, Drei Rosen und Stadtkeller in den kommenden Jahren gut 10 Millionen Euro verschlingen wird, müsse man schon festhalten: „Man kann einem nackerten Mann nicht in die Taschen greifen!“ Ihre Forderung daher: Die Stadt solle in den kommenden Jahren keinen Cent mehr für die Sanierung dieser Gebäude im Haushalt vorhalten.

Die übrigen Kollegen im Gremium wollten so weit nicht gehen. Thomas Kreß (Grüne) erinnerte daran, wie geklagt worden sei, als die Stadt die sanierungsbedingte Schließung der Schranne hatte ankündigen müssen: „Da ist gejammert worden: ,Die Altstadt ist tot!‘“ Er stellte seinen Kollegen daher ebenfalls eine Frage: „Wollen wir, dass die Altstadt tot ist?“ Denn wenn man sehen wolle, was passiert, wenn man einem Investor eine sanierungsbedürftige Gaststätte in der Altstadt überlasse, müsse man nur in die direkte Nachbarschaft des Zieglerbräu schauen: zum ehemaligen Hörhammerbräu. Dieses Gebäude steht, wie mehrfach berichtet, seit Jahren leer.

Der Stadtkeller ist in einem bald 100 Jahre alten Gebäude untergebracht. Die Mängel-Liste ist daher lang.
Der Stadtkeller ist in einem bald 100 Jahre alten Gebäude untergebracht. Die Mängel-Liste ist daher lang. © hab

Am Ende einigten sich die Stadträte daher, mit Ausnahme der Kollegen der CSU, zumindest so viel Geld für die Sanierung der Wirtshäuser im Haushalt vorzuhalten, um „handlungsfähig“ zu bleiben, wie Oberbürgermeister Florian Hartmann es in der Sitzung formulierte. Die Kämmerei wird zudem eine Präsentation vorbereiten, aus der hervorgeht, wie viel die Sanierungen der vier städtischen Wirtshäuser Schranne, Ziegler, Drei Rosen und Stadtkeller kosten, und was diesen Ausgaben mittel- bis langfristig an Einnahmen gegenüber steht. Dann wolle man weitersehen.

Für die Gaststätte Zieglerbräu gibt es einen potenziellen neuen Pächter. Bevor der anfängt, muss aber saniert werden.
Für die Gaststätte Zieglerbräu gibt es einen potenziellen neuen Pächter. Bevor der anfängt, muss aber saniert werden. © hab

Wobei für Gertrud Schmidt-Podolsky zumindest im Fall der Schranne keine Auflistung nötig ist. 6,3 Millionen Euro wird die Brandschutzsanierung des Gebäudes kosten. „Da brauch ich keinen Stift und kein Papier, um zu sehen, wie dieses Geschäft ausgeht!“ Ihr Fraktionskollege Peter Strauch gab auch zu bedenken: „Wir renovieren die Gaststätte auf Kosten der Steuerzahler!“

Das Drei Rosen an der Münchner Straße soll barrierefrei und energetisch saniert werden.
Das Drei Rosen an der Münchner Straße soll barrierefrei und energetisch saniert werden. © hab

Wolfgang Moll (Wir) forderte, zumindest die Baumaßnahme Schranne noch einmal „gesondert“ unter die Lupe zu nehmen. Klar gehe es beim Thema Brandschutz „um Leib und Leben“, aber angesichts der geschätzten Gesamtkosten von weit über 6 Millionen Euro müsse man schon fragen, ob es nicht „vernünftiger und preisgerechter“ ginge? Auch Norbert Winter (CSU) betonte, dass es andere, günstigere Lösungen geben würde. Diese „alternativen Brandschutzmethoden sind nur nie geprüft worden. Stattdessen wird wie immer die Maximallösung verfolgt“!

Ist das alles notwendig? Ist die absolute Sicherheit gewünscht? Darf es denn gar nicht mehr brennen?

OB Hartmann nannte die Kosten für die Schrannen-Sanierung auch „erschreckend“. Aber beim Thema Brandschutz müsse sich nicht nur der Stadtrat, sondern die Gesellschaft als Ganzes die Frage stellen: „Ist das alles notwendig? Ist die absolute Sicherheit gewünscht? Darf es denn gar nicht mehr brennen?“ Er jedenfalls würde jeden Planer und jeden Verantwortlichen verstehen, der sich „zu 100 Prozent absichert“. Schließlich „kommt bei jedem Brandfall als Erstes der Staatsanwalt und sucht einen Schuldigen“.

Hartmann willigte am Ende ein, die Verwaltung eine Zusammenstellung der Zahlen und Fakten zu den Sorgenkindern unter den städtischen Wirtshäusern anfertigen zu lassen. Dennoch wollte er am Ende doch zu Protokoll gegeben haben, dass ihn die Diskussion ein wenig wundere. Noch vor wenigen Wochen nämlich habe es manchen Stadträten bei der Sanierung der Wirtshäuser – Stichwort: Leerstand – gar nicht schnell genug gehen können.

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