US-Notenbankchef deutet Zinssenkungen an – Börsen legen deutlich zu
In seiner mit Spannung erwarteten Rede auf der jährlichen Tagung der Fed in Jackson Hole, Wyoming, verwies Zentralbankchef Jerome Powell laut einem vorab verbreiteten Redemanuskript auf „weitreichende Veränderungen“ in der Steuer-, Handels- und Einwanderungspolitik. Das Ergebnis sei, dass sich „das Gleichgewicht der Risiken zu verschieben scheint”, zwischen den beiden Zielen der Fed, die aus Vollbeschäftigung und Preisstabilität bestehen.
Die Börsen reagierten unmittelbar auf die Vorab-Veröffentlichungen zur Rede auf Börsensendern wie CNBC. Sie interpretieren Powells Aussagen als Ankündigung einer lang ersehnten Zinssenkung. Der Dow-Jones-Index an der New Yorker Börse sprang daraufhin um mehr als 700 Punkte in die Höhe und markierte ein neues Allzeithoch. In Deutschland gewann der Dax rund 100 Punkte oder 0,5 Prozent.
Auch der Kurs des Euro legte gegenüber dem Dollar zu, ebenso Gold, das in Dollar gehandelt wird. Der Kurs der Kryptowährung Bitcoin reagierte kurzzeitig mit einem Sprung auf 115.743 Dollar, ein Plus von drei Prozent. Sinkende Zinsen führen häufig dazu, dass die Investoren das vermeintlich "billige Geld" in riskantere Anlageformen stecken.
Wirtschaft zeigt „Widerstandsfähigkeit”
Powell stellte fest, dass der Arbeitsmarkt weiterhin in guter Verfassung sei und die Wirtschaft „Widerstandsfähigkeit” gezeigt habe. Allerdings wachse das Risiko für Rückschläge. So würden die Zölle das Risiko eines erneuten Anstiegs der Inflation mit sich bringen – ein Stagflationsszenario, das die Fed vermeiden müsse. „Wir werden dann sehr schnell wieder zurück auf unserer (alten) Linie sein”, warnte Powell.
Da der Leitzins der Fed jedoch aktuell einen ganzen Prozentpunkt unter dem Niveau vom vergangenen Jahr liege und die Arbeitslosenquote nach wie vor niedrig sei, erlaubten es die Bedingungen, „vorsichtig Änderungen unserer geldpolitischen Haltung in Betracht zu ziehen”, sagte Powell.
Auch die Inflationserwartungen seien aktuell sehr niedrig. Allerdings könnten sich diese Inflationserwartungen auch sehr schnell ändern, sodass dann „die grundlegenden Aussichten und die sich verändernde Risikobilanz eine Anpassung unserer geldpolitischen Haltung rechtfertigen” würden, fügte er hinzu.
Powell betont Unabhängigkeit der Fed
US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt immer wieder öffentlich Zinssenkungen gefordert und den Notenbankchef direkt als "too late Powell" ("Zu spät-Powell") beschimpft. Powell ging in Jackson Hole zwar nicht konkret auf diese Forderungen ein, wies jedoch auf die Bedeutung der Unabhängigkeit der Fed hin. „Die Mitglieder des FOMC (Federal Open Market Commitee) treffen diese Entscheidungen ausschließlich auf der Grundlage ihrer Bewertung der Daten und deren Auswirkungen auf die Wirtschaftsaussichten und das Risiko-Ertrags-Verhältnis. Wir werden niemals von diesem Ansatz abweichen“, sagte er.