Showdown beim Notenbanker-Treffen: Eskaliert jetzt der Goldpreis?
Das Economic Policy Symposium in Jackson Hole ist seit 1982 eines der wichtigsten Foren der Geldpolitik. Ausgerichtet von der Federal Reserve Bank of Kansas City diskutieren dort Zentralbanker, Ökonomen und Regierungsvertreter Grundsatzfragen, oft mit Signalwirkung für die nächsten Quartale.
Welche Rolle spielt die Fed-Rede?
Höhepunkt ist traditionell die Grundsatzrede des Fed-Vorsitzenden. Jerome Powell spricht am Freitag, 22. August, um 10 Uhr Ortszeit in Moran, Wyoming.
Auf der Agenda ist die wirtschaftliche Lage und der laufende Framework Review der Fed. Der Zeitpunkt ist marktbewegend, weil Formulierungen zu Inflation, Arbeitsmarkt, Realzinsen und Bilanzstrategie Erwartungen an den nächsten Zinsentscheid prägen.
Sebastian Wieschowski ist leidenschaftlicher Münzsammler und Fachmann für Numismatik und Edelmetalle. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Jackson Hole diente mehrfach als Drehscheibe für Kurswechsel. 2010 legte Ben Bernanke die Grundlage für QE2, was Risikoanlagen und Edelmetallen Auftrieb gab. 2020 stellte Powell die flexible Form des Average Inflation Targeting vor. 2022 warnte er vor schmerzhaften, aber nötigen Schritten gegen Inflation. 2024 signalisierte er mehr Zuversicht, dass die Inflation nachhaltig zum Ziel zurückkehrt. Diese Linie zeigt, dass in Jackson Hole eher strategische Weichen gestellt werden als operative Details verkündet.
Was Jackson Hole mit Gold macht
Gold reagiert weniger auf die Worte selbst, sondern auf die Folgewirkung für Realzinsen und den US-Dollar. Wird ein lockerer Kurs glaubhaft, fallen meist die realen Renditen, der Dollar schwächt sich und Gold gewinnt.
2024 stieg Gold um den Redetag herum wieder über 2.500 US-Dollar je Unze, nachdem Dollar und Renditen nachgaben. Das belegt die Sensitivität des Edelmetalls gegenüber geldpolitischen Signalen.
Was könnte im August 2025 passieren?
Gold notiert unmittelbar vor der diesjährigen Rede in einer Konsolidationsspanne um 3.330 bis 3.380 US-Dollar. Am Donnerstag tendierte der Preis seitwärts bis leicht schwächer, begünstigt durch einen festeren Dollar. Anfang August markierten US-Terminkontrakte nach Berichten über mögliche Zölle auf Goldbarren ein Rekordhoch von rund 3.534 US-Dollar, was die Anfälligkeit der Märkte für politische Schocks zeigt. Seit dem Frühjahr wurden mehrfach neue Allzeithochs jenseits von 3.400 US-Dollar registriert.
Der Markt preist weiterhin eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung im September ein, je nach Quelle etwa 70 bis 85 Prozent. Mehrere Fed-Vertreter zeigten sich zuletzt zurückhaltend, solange die Inflation nicht klar am Ziel verankert ist.
Das erhöht das Überraschungspotenzial der Rede. Parallel verschärft die innenpolitische Lage die Diskussion über die Unabhängigkeit der Fed und könnte den Ton vorsichtiger wählen.
Mögliche inhaltliche Schwerpunkte
Offizielles Leitthema sind strukturelle Arbeitsmarktwandel. Reuters berichtet zugleich, dass Powell Elemente des 2020er Rahmens neu justieren könnte, mit stärkerer Betonung von Preisstabilität als Grundlage für Beschäftigung.
Für die Märkte wäre eine klarere Gewichtung der Inflationsbekämpfung gegenüber Arbeitsmarktrisiken ein Signal zu tendenziell höheren Realrenditen.
Szenarien für den Goldpreis rund um die Rede
Ein „dovisher“ Tenor, etwa ein explizites Öffnen der Tür für September, spräche kurzfristig für schwächeren Dollar, fallende Realzinsen und Aufwärtspotenzial in Richtung der 3.400-Marke. Ein betont restriktiver Ton, beispielsweise mit Fokus auf hartnäckige Inflation und Vorsicht bei frühen Senkungen, könnte den Dollar stützen und Gold Richtung 3.300 drücken. Analysten skizzieren genau diese Spanne. Wichtig ist, dass vieles bereits eingepreist ist, was die anfängliche Reaktion dämpfen kann.
Jackson Hole liefert selten endgültige Entscheidungen, aber oft den Kompass. Angesichts politischer Eingriffe, Zollrisiken und eines noch nicht abgeschlossenen Inflationskapitels bleibt die geldpolitische Unsicherheit hoch. Für Gold bedeutet dies, dass Absicherungs- und Diversifikationsargumente intakt sind.
Operativ sinnvoll sind gestaffelte Käufe statt großer Wetten vor Reden, geringe oder keine Hebel, und ein Blick auf Realrenditen, Dollarindex und die Wortwahl zu Rahmenwerk, Bilanz und Arbeitsmarkt. Wer auf Nachrichten tradet, sollte sich auf gesteigerte Volatilität ab Freitag um 16 Uhr einstellen und klare Risikolimits setzen.
Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.