"Keine politische Indoktrinierung": Gericht segnet Regenbogen-Fahne im Hort ab

Über kaum ein anderes Symbol wird in Deutschland so emotional und verbissen gestritten: die Pride Flag, auch Regenbogenfahne genannt. 

Die Flagge mit den sechs farbigen Streifen steht für Vielfalt, Toleranz und Offenheit. Zugleich zeigt sie die Verbundenheit mit der LGBTQIA+-Szene. Gemeint sind lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/Transgender-, queere, intersexuelle, asexuelle und anderweitig sexuell orientierte Menschen.

Regenbogen: Zeichen gegen Homophobie oder „linke Doktrin” 

Was die einen als Zeichen für die Rechte queerer Menschen und klares Statement gegen Homophobie und Sexismus feiern, verteufeln andere als „linke Doktrin” und „woken Zeitgeist“. Sobald irgendwo eine Regenbogenflagge gehisst werden soll, formiert sich Widerstand. Ähnliches gilt für Fußgängerüberwege in Regenbogenfarben wie zuletzt in Jena.

Aktuell tobt ein Streit um das Hissen der Flagge am Bundestag. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) lehnt es ab, die Regenbogenfahne Ende Juli zum Berliner Christopher-Street-Day (CSD) vor dem Parlament wehen zu lassen. Sie begründet das unter anderem mit der gebotenen Neutralität.

Flagge vor Bundestag und in Städten: Hochemotionaler Streit  

Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hat unterdessen anders entschieden: Wenn an diesem Samstag die Münchner CSD-Parade durch die Straßen zieht, wird vor dem Landtag die Regenbogenfahne flattern – zusätzlich zur Bayern- und Deutschlandfahne. Die AfD lehnt das Hissen der Regenbogenflagge strikt ab. Es handele sich um „ein ideologisches Symbol“. 

Genau das dachten sich auch Eltern in Berlin, die gegen eine erweiterte Version der Regenbogenflagge vor Gericht zogen. Die selbstgemalte „Progress-Pride“-Flagge (Größe DIN A3) hing in den Horträumen einer Berliner Grundschule. Die Tochter der Eltern besuchte den Hort – und fühlte sich, ebenso wie Vater und Mutter, von dem Werk gestört.

„Progress-Pride“-Flagge in Berliner Hort - Eltern klagen

Zunächst forderte die Familie die Schule auf, die Flagge aus dem Hort zu entfernen, doch die Pädagogen lehnten ab. Daraufhin reichten die Eltern Klage ein. Sie beschwerten sich, das staatliche Neutralitätsgebot sei verletzt. Die „Progress-Pride“-Flagge beeinflusse die Kinder „in unzulässiger Weise“.

Das Verwaltungsgericht Berlin sah dies jedoch völlig anders und fällte am 25. Juni 2025 ein hochinteressantes Urteil (Aktenzeichen: VG 3 K 668/24).

Die 3. Kammer wies die Klage ab und befand, die Flagge dürfe im Hort hängen. Das staatliche Neutralitätsgebot verlange nicht, „dass im erzieherischen Bereich auf die Darstellung wertender Inhalte verzichtet werde“, so das Gericht. „Die Grenze zur unzulässigen politischen Indoktrinierung sei im vorliegenden Kontext nicht überschritten.“

Verwaltungsgericht: „Keine politische Indoktrinierung“

Soweit die Flagge das Selbstverständnis bestimmter Gruppen und deren Recht zur freien Identitätsbildung symbolisiere, sei sie „mit verfassungsrechtlichen und auch schulgesetzlichen Vorgaben vereinbar“, entschieden die Juristen. Insbesondere sei die Entscheidung, mit der Flagge ein Schutzsymbol für betroffene Personen im Hort zu setzen, „nicht zu beanstanden“.

Auch in einem weiteren kritisierten Punkt zogen die Eltern den Kürzeren: Sie hatten sich darüber empört, dass im Hort Ausmalbilder mit sogenannten Drag-Queens ausgelegt worden waren. Die Kammer wies die dagegen gerichtete Klage ab. Die Schule habe bereits darauf hingewirkt, dass die Ausmalbilder nicht mehr im Hort ausgelegt würden, deshalb bestehe „keine hinreichende Wiederholungsgefahr“.

Die Eltern können nun Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.