Wahrzeichen Kemptens im neuen Glanz: Renovierung der Sankt-Lorenz-Basilika nach sieben Jahren abgeschlossen
Ein Gottesdienst markierte den Abschluss der sieben Jahre dauernden Sanierung der Basilika St. Lorenz. Bei einem Vortragsabend ging es um die Stationen der Arbeiten, die insgesamt 6,5 Millionen Euro kosteten.
Kempten – Cornelia Bodenstab, Leiterin des Staatlichen Bauamts Kempten, erläuterte, warum der bayerische Staat sechs Millionen Euro von den Gesamtkosten übernahm. Die Kirche sei 1802/03 durch die Säkularisation ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlagen beraubt worden. Wegen seiner Rechtsnachfolge am eingezogenen Kirchengut habe der Staat auch die damit verbundene Baulast übernehmen müssen.
Die Baugeschichte der Basilika Sankt Lorenz in Kempten
Bodenstab skizzierte die Baugeschichte der Basilika. Im Dreißigjährigen Krieg zerstörten die schwedisch-protestantischen Truppen das Kloster und St. Lorenz „uffm Berg“. Übrig geblieben ist nur ein Steinhaufen. Die Grundsteinlegung für die neue Kirche erfolgte 1652.
Die Basilika werde oft als der erste Barockbau nach dem Dreißigjährigen Krieg im süddeutschen Raum bezeichnet, dafür erinnerte der Bau mehr an die Hochrenaissance, erzählte die Amtsleiterin. „Schuld“ daran sei der Bauherr, Fürstabt Roman Giel von Gielsberg (1612–1673), den ersten Bauleiter, Michael Beer habe er „geschasst“, der zweite, Giovanni Serro, habe unterschreiben müssen, dass er Bauteile abbrechen müsse, wenn diese dem Fürstabt nicht gefallen würden.
Die Seitenkapellen wurden Anfang des 18. Jahrhunderts von Johann Jakob Herkorner gebaut – diesmal klar im Zeichen des Barock. 1869 stellte man den Südzugang mit der Freitreppe fertig. Laut Bodenstab hatte diese Öffnung Richtung Platz und Stadt „eine gewaltige Symbolkraft“.
Für den Bau der Türme fehlte zunächst das Geld, später hatte die Innenrenovierung Vorrang. Ende des 19. Jahrhunderts war es dann doch so weit: „Mit einem gewaltigen Kraftakt“ unter der Leitung des königlich-bayerischen Baubeamten Hugo von Hoefl, quasi einem Vorgänger Bodenstabs, wurden sie fertiggestellt und 1900 eingeweiht.

Generalsanierungen
Die Halbwertzeit einer Generalsanierung betrage laut Bodenstab etwa 50 Jahre. Die letzte erfolgte zwischen 1962 und 1965. Bereits bei der Planung der jetzigen Maßnahme nahm man sich vor, den städtebaulichen Kontext (vor allem zur Residenz, zum Kornhaus und Stift) zu berücksichtigen. Dazu gehörte die Rückkehr zu den Originalfarben der Außengestaltung. Jedes Jahrhundert hatte seine eigenen Farbfassungen.
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Die Rekonstruktion erfolgte auf der Grundlage von gefundenen Farbresten aus dem 17. Jahrhundert und auf der Basis einer Originalansicht des Baumeisters Serro, die man in einem Stuttgarter Archiv ausfindig gemacht hatte. Die Gemeinsamkeiten mit dem Salzburger Dom seien unübersehbar, meinte Bodenstab.
Für große Freude sorgte, dass man zwei Baukapseln mit wertvollen Dokumenten gefunden hat (wir berichteten).
Dass man mit der Renovierung 2018 beginnen konnte, habe auch mit den hohen Spendenbeiträgen der Gemeindemitglieder zu tun, sagte die Behördenleiterin. Sie freut sich, dass der Kostenrahmen eingehalten wurde und vor allem, dass bei den Arbeiten niemand zu Schaden gekommen ist.
Statische Probleme
Dr. Bernhard Mohr von den Dr. Schütz Ingenieuren berichtete von den großen Herausforderungen im statischen Bereich. Man stellte fest, dass die Türme Richtung Westen nach vorne kippen und sich gleichzeitig auseinanderbewegen. Dementsprechend gab es im Mauerwerk zwei bis fünf Millimeter große Risse.
Bei den Voruntersuchungen mit einer bis zu 100 Meter hohen Hebebühne wurden zunächst Ursachen wie Glockengeläut, Grundwasser oder Verkehr ausgeschlossen. Schließlich stellte man fest, dass für die Schwierigkeiten Setzungsunterschiede zwischen den Türmen (14 cm) und dem Zwischenbau (11 cm) verantwortlich sind.
Mithilfe von Seilen, eingebauten Eisenstäben und Spannbetonträgern habe man alles wieder stabilisieren können. Mohr zeigte Bilder von verfaulten Balken, korrodierten Kuppelteilen und abgeplatztem Putz. Alles wurde in sorgfältiger Handarbeit einzeln repariert oder ersetzt. „Wasser ist im christlichen Kontext etwas Positives, aber es macht den Bauleuten zu schaffen“, erklärte er.
Aufwändige Arbeiten bei der Renovierung der Sankt-Lorenz-Basilika in Kempten
Dank Bodenstab und Projektleiterin Angela Gehrke habe er fast alles machen dürfen, was er für richtig gehalten habe, erklärte Diplom-Restaurator Johannes Amann augenzwinkernd. Er erzählte, dass eine Bürgerin ihn angesprochen habe: „Ihr seid so lange daran und habt die Kirche nur neu gestrichen.“ Mithilfe von Vorher-Nachher-Fotos zeigte er auf, wie aufwändig die Restaurierungsarbeiten gewesen sind.
Die Farben der Vergangenheit finde man an der Rückseite von Wänden auch heute noch und an Stellen, wo man den Putz habe abnehmen müssen. Die Kombination von Sandstein und Weiß passe gut in die Umgebung. Der grünliche Sandstein stamme vom Grünten, der seinen Namen nicht zufällig bekommen habe. Amann berichtete von großen Wasserschäden, die teilweise auf durch Feuerwerkskörper verstopfte „Töpfe“ zurückzuführen sind.
Gute Zusammenarbeit
Stadtpfarrer Thomas Rauch dankte allen, die dazu beigetragen haben, dass der zehnprozentige Eigenanteil eingebracht werden konnte und wies auf den neu gegründeten Freundeskreis der Basilika hin (wir berichteten). Ihm habe sehr gut gefallen, wie die Kirchenstiftung und das Bauamt Hand in Hand zusammenarbeiteten.
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