Risse im Pokerface: Körpersprache-Experte analysiert Trump-Putin-Gipfel in Alaska
Wenn sich zwei der mächtigsten Männer der Welt begegnen, sagt ihre Körpersprache oft mehr als tausend Worte. Beim Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin am 15. August 2025 auf der Joint Base Elmendorf-Richardson in Anchorage, Alaska, wurde die Bühne zur Demonstration nonverbaler Macht.
Offiziell sprachen beide von „produktiven Gesprächen“ zu Russlands Krieg gegen die Ukraine. Doch die Bilder erzählen eine eigene Geschichte – von Dominanzkämpfen, subtiler Spannung und einem seltenen Blick auf Putins Verfassung.
Szene 1: Ankunft und Handschlag – ein roter Teppich der Symbolik
Schon die Begrüßung setzte den Ton. Trump applaudierte bei Putins Ankunft – ein höchst ungewöhnliches Signal eines US-Präsidenten. Damit stellte er sich nonverbal auf die Rolle des Gastgebers, der dem anderen Respekt zollt.
Michael Ehlers ist Rhetoriktrainer, Bestsellerautor und Geschäftsführer der Institut Michael Ehlers GmbH. Er coacht Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Medien. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Beim Handschlag auf dem Rollfeld folgte das erste Machtspiel: Trump reichte die Hand mit der Fläche nach oben – eine untergeordnete Geste. Sekunden später legte er die linke Hand auf Putins Arm, der berüchtigte „Double-Handshake“.
Das signalisiert Dominanz: Ich habe die Kontrolle. Putin ließ es zu, ohne eine Miene zu verziehen, er hielt den Augenkontakt unbeirrt. Dass Putins Trumps Botschaft einfach so zuließ, hätten viele Kenner so vermutlich nicht erwartet.
Beide lächelten in dem Moment leicht – doch hinter der Fassade war klar: Hier testeten zwei Alpha-Tiere ihre Grenzen.
Szene 2: Die gemeinsame Limousinenfahrt – Nähe als Botschaft
Statt getrennt zum Gesprächsort zu fahren, stiegen Trump und Putin gemeinsam in die Präsidentenlimousine „The Beast“. Allein diese Szene war eine Inszenierung von Vertrautheit. Zwei Männer Seite an Seite, ohne Berater, ohne Dolmetscher – ungewöhnlich und hochsymbolisch.
Während der Fahrt sah man Putin aus dem Fenster lächeln, fast entspannt. Trump wirkte stolz, fast triumphal, dass er diesen Moment exklusiv gestalten konnte. Nonverbal lautete die Botschaft: Wir beide können uns auf Augenhöhe austauschen – abseits der Weltöffentlichkeit. Für westliche Partner war das allerdings ein Schock, denn es zeigte Putin nicht als isolierten Aggressor, sondern als umgarnten Gesprächspartner.
Szene 3: Pressekonferenz – viel Gestik, wenig Substanz
Vor dem Backdrop „Pursuing Peace“ setzte sich das Muster fort. Trump sprach mehr, gestikulierte groß, beugte sich nach vorn, saß am Rand seines Stuhls. Energiegeladen – aber auch fahrig. Mehrfach presste er die Lippen zusammen und erhöhte die Frequenz seines Lidschlags: klassische Stress-Signale.
Putin hingegen blieb fast regungslos. Breitbeinig, Hände gefaltet, kaum Mimik. Diese Minimalistik ist seine stärkste Waffe: Wer weniger tut, wirkt souverän. Er nickte sparsam, lächelte selten – ein Pokerface, das Kontrolle ausstrahlte. Während Trump versuchte, die Bühne verbal zu dominieren, punktete Putin durch Ruhe.
Szene 4: Putins Reaktionen auf kritische Fragen – kleine Risse im Pokerface
Als Journalisten Fragen zur Ukraine stellten, zeigte sich der Unterschied besonders. Trump wich aus, wurde nervös. Putin tat, als habe er die Frage nicht verstanden, legte die Hand ans Ohr, zuckte die Schultern. Ein bewusstes „Überhören“.
Doch der eigentliche Schlüsselmoment folgte kurz darauf im Konferenzraum. Schon nach wenigen Minuten wurden die anwesenden Medienvertreter von einem Mitarbeiter energisch hinauskomplimentiert – mit den Worten: „Everybody get out of the room!“ („Alle raus aus dem Raum!“). Während Reporter noch kritische Fragen riefen, richteten sich die Kameras ein letztes Mal auf Putin. Und genau da passierte etwas Ungewöhnliches: Der Kremlchef verzog das Gesicht, schüttelte den Kopf, verzog erneut die Miene.
Für einen Mann, der seit Jahren eine fast maskenhafte Selbstkontrolle pflegt, war das ein bemerkenswerter Moment. Putins sonst eiserne Mimik entglitt für Sekunden. Die britische Independent sprach von „seltsamen Grimassen“ und berichtete, dass diese irritierten Blicke sofort in sozialen Netzwerken kursierten – viele Nutzer machten Memes daraus.
Was verraten diese Mikroexpressionen? Wahrscheinlich eine Mischung aus Ärger über die ungebetenen Fragen und Überraschung über den Tumult beim Rauswurf der Presse. Normalerweise ist Putin Meister darin, Emotionen hinter einem Pokerface zu verbergen. Dass er in diesem Moment nicht die volle Kontrolle hatte, zeigt: Auch der Kremlchef ist nicht immun gegen unvorhergesehene Situationen. Genau deshalb ist diese Szene so wertvoll für die Analyse – sie erlaubt einen seltenen Blick hinter die eiserne Maske.
Was verrät Putins Auftritt über Gesundheit und Macht?
Nach langer medialer Abwesenheit stand Putin in Alaska stundenlang im Rampenlicht. Sein Gang war sicher, seine Haltung stabil. Er wirkte körperlich kräftig, zeigte keine Anzeichen von Zittern oder Schwäche. Spekulationen über seine Gesundheit fanden hier keine Nahrung – im Gegenteil: Er präsentierte sich vital.
Noch wichtiger: Putins Körpersprache sendete die Botschaft eines Mannes, der fest im Sattel sitzt. Locker mitschwingende Arme beim Gehen, das souveräne Überlassen des Redefeldes an Trump, die Einladung „Nächstes Mal in Moskau“ – all das zeigt Selbstbewusstsein. Seine nonverbale Kommunikation signalisierte: Ich bin zurück auf der Weltbühne. Ich kontrolliere die Situation.
Putin gewinnt das Körpersprachen-Duell gegen Trump - aus diesem Grund
Das Alaska-Treffen war kein Durchbruch in der Sache. Aber nonverbal bot es ein lehrreiches Schauspiel. Trump suchte den Erfolg in großen Gesten, Putin fand ihn in stiller Präsenz. Der eine spielte den lauten Showman, der andere den unerschütterlichen Schachspieler.
Aus rhetorischer und körpersprachlicher Sicht hat Putin in Alaska gewonnen – nicht, weil er etwas gesagt hat, sondern weil er fast nichts sagen musste.