„Ich weiß nicht, was das ist“: AfD-Sprecher für Energiepolitik sorgt in ARD für große Augen

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Die AfD spricht über ihre Konzepte zur Energiepolitik. Ein Sprecher überrascht in der ARD. (Collage mit Archivmaterial) © Collage: Sebastian Kahnert/dpa//Screenshot: ARD

Die Energiepolitik rückt vor der Bundestagswahl in den Fokus. AfD-Chefin Alice Weidel will Windräder „niederreißen“. Der energiepolitische Sprecher ihrer Partei legt in der ARD nach.

Berlin – Knapp einen Monat vor der vorgezogenen Bundestagswahl kämpfen alle Parteien um ihre Positionen und damit um Wählerstimmen. Angesichts von drohenden Dunkelflauten, hohen Preisen und bitteren Folgen für die deutsche Wirtschaft wird die Energiepolitik mehr und mehr zum Zankapfel. Die Parteien vertreten dabei teils sehr unterschiedliche Positionen.

Gemeinsamkeiten gibt es in den Wahlprogrammen vor allem zwischen Grünen, SPD und Linkspartei sowie zwischen CDU/CSU und FDP. Das BSW will vom Ziel der Treibhausgasneutralität abrücken. AfD hält sogar Klimaschutz generell für falsch und steht damit relativ alleine da.

Für Aufsehen hatte die Rede von AfD-Chefin Alice Weidel gesorgt. „Wenn wir am Ruder sind – wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande“, hatte die 45-Jährige in einer Kampf-Rede gesagt.

AfD hat ganz eigene Energiepolitik: Nach Weidels Windkraft-Eskapade legt Parteisprecher nach

Diese Aussage nahm sich jetzt das ARD-„Morgenmagazin“ zum Anlass, die AfD-Position zum Thema genauer zu beleuchten. Die Ausgangslage laut Statistischem Bundesamt: Windkraft machte 2023 mit 31 Prozent den größten Anteil bei der Stromerzeugung aus. Danach kommen Kohle, Erdgas und Solarenergie. Auf Nachfrage sei Weidel nach ihrer Rede zurückgerudert und habe Windkraft als Energiequelle nicht ausgeschlossen, berichtet das MoMa. Allerdings wolle sie diese nicht mehr mit Subventionen fördern. Stattdessen will man auf Atomenergie, Kohle und Gas setzen. So steht es auch im Wahlprogramm der AfD.

Das bestätigte auch der Energiepolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Steffen Kotré, im MoMa. Auf die Frage, wie die AfD die Windkraft ersetzen wollen würde, antwortet dieser mit einem Wort: „Kernenergie“. Das würde eine „sichere, preiswerte und umweltverträgliche Energieversorgung“ ermöglichen. Dieses „Energiedreieck“ würde es aktuell nicht mehr geben, vor allem da der Preis für die Energieversorgung stark gestiegen sei. Der AfD-Energieexperte meint: Kernenergie „ist unschlagbar billig“, genau wie Kohleverstromung, auch russisches Öl und Gas sei „unschlagbar billig“ – „das brauchen wir unbedingt für unsere Volkswirtschaft“.

AfD und die Energiepolitik: Was heißt das für die Klimaziele?

Die AfD will etwa alte Atomkraftwerke wieder ans Netz nehmen. Experten halten das für unrealistisch, da es viel Geld und Zeit kosten würde. Bisherige Atomkraftwerke müsste aus technischen Gründen etwa komplett neu gebaut werden. Dafür wird eine Bauzeit von bis zu zehn Jahren veranschlagt. Kotré meint, dass dies schneller gehen könnte.

Die AfD will die aktuelle Energie-Politik in jedem Fall radikal umbauen. Dafür muss man aber auch die Klimapolitik radikal umbauen. Auch dieses folgerichtige Thema kommt im MoMa zur Sprache. Die aktuelle Energieversorgung habe man schließlich auch, da man die CO₂-Ausstöße niedrig halten wolle. Dies sei Teil des Pariser Klimaschutzabkommens.

Würde die AfD also aus diesem aussteigen, will die ARD-Moderatorin wissen? „Was heißt aussteigen, wir würden das einfach nicht mehr machen“, so Kotré, denn dabei würde es sich nur um eine „Übereinkunft“ handeln. „Wir sagen dann, wir machen das nicht mehr, weil wir diesen immer propagierten ganz engen Zusammenhang zwischen CO₂-Ausstoß und Temperaturerhöhung nicht sehen.“ Kotré stellt allerdings klar: „Ja, es gibt eine Klimaerwärmung“. Allerdings gebe es dafür neben CO2 weitere Faktoren, die bislang nicht genau genug untersucht worden wären.

„Weiß nicht, was das ist“: AfD-Sprecher für Energiepolitik sorgt in ARD für Überraschung

„Die Klimaneutralität ist für sie also kein Ziel?“, fragt die MoMa-Moderatorin nach. „Ich weiß nicht, was das ist“, meint der AfD-Politiker trocken. „Wir können das Klima ja kaum beeinflussen, wir kennen die Stellschrauben auch gar nicht“ und widerspricht damit den meisten wissenschaftlichen Analysen und der aktuellen Position der EU. Dort heißt es etwa: „Die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Abholzung von Wäldern und die Viehzucht beeinflussen zunehmend das Klima und die Temperatur auf der Erde. So erhöht sich die Menge der in der Atmosphäre natürlich vorkommenden Treibhausgase enorm, was den Treibhauseffekt und die Erderwärmung verstärkt.“

Dass die AfD Windräder abreißen würde, dem widerspricht Kotré dann zum Ende des ARD-Interviews. Vielmehr erwartet er, dass sie von alleine verschwinden würden, wenn Subventionen gestrichen würden.

Hintergrund: Die AfD bestreitet den menschengemachten Klimawandel als wissenschaftlich anerkannte Tatsache, ebenso eine Zunahme von Extremwetterereignissen, fasst die afp das AfD-Wahlprogramm zusammen. Entsprechend sehe die Partei keinen Grund für eine Abkehr von fossilen Energieträgern. Die AfD wolle alle klimapolitischen Subventionen und Förderprogramme beenden und CO2-Abgaben abschaffen. Windkraft und Freiflächen-Solaranlagen werden abgelehnt. Gefordert werden eine Rückkehr zur Atomkraft und ein Festhalten an Kohlekraftwerken.

Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft nennt die Idee der AfD in der ARD mit Blick auf den deutschen Energiemix „unverantwortlich“. Das, was die AfD in der Wirtschaftspolitik anbietet, sei „in jeder Hinsicht katastrophal“, so Hüther weiter. (rjs/afp)

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